"Undterschüdlüche Geschüchten"
Die Klagenfurter Reimchronik (1511-1608)
„Undterschüdlüche geschüchten beschreibung, waß in dissen lanth Khärnten in unterschüdlühen jarn beschechen unnth vorbey ganngenn.“
Die „Klagenfurter Stadtchronik“ zählt zu den ältesten chronikalen Dokumenten der Klagenfurter Stadtgeschichte und existiert heute nur noch in vier Abschriften. Die Originalvorlage aus dem Jahr 1608 ist verloren.
Die Universitätsbibliothek Klagenfurt besitzt mit der Papierhandschrift 210 aus der Mitte des 17. Jahrhunderts die älteste erhaltene Abschrift. Drei weitere mit zum Teil minimal abweichenden Inhalten sind im Kärntner Geschichtsverein und in der Universitätsbibliothek Graz vorhanden. Eine historisch-kritische Ausgabe aller vier Abschriften edierte 1968 der Klagenfurter Historiker Dieter Jandl.
Ursprünglich war die Handschrift PA 210 im Besitz des Historikers und Domkapitulars Heinrich Hermann (1793 ̶ 1865), der sie als Quelle für sein „Handbuch der Geschichte Kärntens“ benutzte. Als Teil seiner Handschriftensammlung gelangte sie um 1860 als Geschenk an die Studienbibliothek, der Vorgängerinstitution der heutigen Universitätsbibliothek.
Über den Zeitraum von 1511 bis 1608 berichtet die Chronik auf 26 Blättern in insgesamt fast 1.400 Versen im freien Knittelvers von Wetterverhältnissen, Naturkatastrophen, Epidemien und Feuersbrünsten, von für die Stadt wichtigen politischen Entscheidungen wie die Übergabe der Stadt durch Kaiser Maximilian I. an die Landstände (1518) und den darauf massive einsetzenden Ausbau der Stadt und ihrer Befestigung.
Die Reformation und die gegenreformatorischen Maßnahmen werden in zahlreichen konkreten Ereignissen geschildert, u.a. die erste Messe in deutscher Sprache (1563) oder die Ankunft der Jesuiten und deren Gründung eines Kollegs (1604).
„Theutsche Möß zu Klagenfurt angefangen Anno 1563.
Als in den vorgemeldten Jar
herr Augustin Paredeiser purkhgraff war
und Andere Perner richter fein
khomb der erste predügant herein,
der stunt dem predigambt vor.
Er häust mit namen Martin Khnor,
von Pehemischen gränizen geborn,
durch in die möss Teitsch gehalten worden.
Die päptistische möss hat er veracht
und andere cerämonia aussgelacht“
Am Rande erwähnt der Chronist auch überregionale politische Ereignisse aus dem Heiligen Römischen Reich oder die latente Bedrohung durch die Türkengefahr.
In der PA 210 fehlen die Aufzeichnungen der Jahre 1511 bis 1516, und nicht zu jedem Jahr sind Einträge vorhanden. Die Detailliertheit der Beschreibungen nimmt deutlich zu, kulminiert und endet gleichzeitig im Jahr 1608. Wenngleich der Erzähler im Text nicht als handelnde Person aufscheint, findet sich im Jahr 1606 die Aussage, dass er den beschriebenen Ereignissen als Augenzeuge beigewohnt hatte: „hab es selber mit augen gesechen“.
Es könnte sich beim Verfasser um Paul Kheppiz (ca. 1570 – 1620) handeln, der vermutlich Stadtschreiber zu Klagenfurt war.
„Statt rüchter zu Khlagn-
furth, wiert exäminierth,
auf Gräz citiert, Anno 1606,
als in den obbesagten jar,
Ächarn Wünkhler statrühter war,
in der jar markhts freyung zu Khlagnfurt
ein rueter [?] handl, angefangen wurth,
durch herrn probstn von Gurüz thue ich veriechn,
hab es selber mit augen gesechen“
In den an dieser Stelle beschrieben Raufhandel verwickelt ist Gregor Latomus, Probst von Gurnitz (1558 ̶ 1597), dessen Grabmal sich heute in der Kirche von Tainach beim Taufbrunnen an der Nordseite befindet.
Zum ersten Mal im Druck erschien die Handschrift 1790, verlegt in Klagenfurt bei Kleinmayr durch den Herausgeber Karl Wilhelm Mayer (1742-1809) unter dem Titel:
Aechte Urkunden von Erbauung der Hauptstadt Klagenfurt und andern Merkwürdigkeiten. Ein Beitrag zur Geschichte Kärntens.
159 Seiten, illustriert, in Fraktur.
Signatur der UB Klagenfurt: ES I 17054
Mayer ̶ ein gebürtiger Grazer kam 1782 nach Klagenfurt an das neu errichtete inner- und oberösterreichische Appellationsgericht ̶ bringt zusätzlich zum Text der Reimchronik die lateinischen Inschriften auf den vier Stadttoren und deren Übersetzung, zudem die Sage vom Bäckerjungen und ein Schreiben Hans Ungnads (1493-1564) an seine Schwester Anna mit einer „Schatzkarte“, einem Verzeichnis, wo er seine Besitztümer „Geld und Habschaften“ im Jahr 1532 vor einem befürchteten „Thirken“-einfall in Klagenfurt versteckt hat.
Erster gedruckter Stadtplan von Klagenfurt. Erläuterungen
Gestochen von Christoph Senfft, Lauingen, 1605.
Beilage zu Urban Paumgarnter ( -1630): Aristeion Carinthiae Clavdiforvm. Lauingen: Winter, 1605.
ES V 17503
Paumgarnter war 1588-1600 Lehrer an der protestantischen adeligen Schule in Klagenfurt. Er mußte als einer der Exulanten – aus Glaubensgründen vertriebene Protestanten – die Stadt verlassen. Im Exil in Lauingen (Bayern) erschien 1605 sein Lobspruch auf Klagenfurt, das Aristeion Carinthiae Clavdiforvm in 1068 Hexametern auf 18 Abschnitten: Seine tiefe Empfindung für Klagenfurt findet Ausdruck ein seinem Ehrenpreis für Klagenfurt. Der Name der Stadt möge durch diesen Lobspruch von Mund zu Mund wandern.
Paumgartner lebte später noch in Ardacher (Oberösterreich) und Linz.
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