Neben etlichen wichtigen und bekannten originalen Paracelsus-Handschriften und gedruckten Erstausgaben besitzt die UB in ihrer Sondersammlung auch diesen ältesten gedruckt überlieferten Pseudo-Paracelsus:
Für Pestilentz.
Ajn seer nützlicher vnnd bewerter Tractat, der Christlichen gemayn zů nutz vnd wolfart …
jn sechs Thayl auß deß weitberuembten vnd hocherfarnen Doctoris Philippj Theophrastj Paracelsj Bůch gezogen …
Salzburg: Baumann, 1554.
Umfang: 54 Blatt.
Signatur der UB: ES I 20058
Unter Pestilenz verstand man im Mittelalter und der frühen Neuzeit nicht nur ausdrücklich die Pest, sondern jede Art kollektiver Erkrankung durch Ansteckung. Solche Seuchen begleiten und bedrängen die Menschheit seit jeher. Auch zu Paracelsus´ Lebzeiten waren sie die Hauptursache für Krankheit und Sterben.
Nach der großen Pestepidemie von 1347-1351, die in Europa ein Drittel der Bevölkerung tötete, setzte eine Flut an Pestschrifttum ein: öffentliche Anschläge, Traktate, Einblattdrucke bis hin zu dicken Folianten informierten über prophylaktische und therapeutische Maßnahmen.
Der wohl wichtigste Autor solcher Texte war Paracelsus, der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts einer der berühmtesten europäischen Ärzte überhaupt war.
1554, 13 Jahre nach Paracelsus´ Tod in Salzburg, erschien dieses Pestbüchlein. In volkstümlicher Manier gibt es Anleitung für Aderlass, Schwitzen, Purgationen sowie innerlich und äußerlich anzuwendende Medikamente.
Der Untertitel „… auß deß weitberuembten vnd hocherfarnen Doctoris Philippj Theophrastj Paracelsj Bůch gezogen“ weist – wohl aus Reklamegründen – auf Paracelsus hin.
Der wirkliche Verfasser ist aber nicht genannt. Dieser versucht, seinen eigenen Text als Auszug aus Paracelsus´ Werken erscheinen zu lassen.
Dann wirbt er auch noch weiter für sein Opus: „zu deinem nutz thúe khauffen mich / es wirdt nit reúen dich“.
Sogar ein Copyright ist formuliert: „in vier jarṅ nit nach zůtruckhen“.
Daran hielt man sich; „Für Pestilentz“ wurde aber wenig später noch zweimal ediert: 1561 in Straubing und 1564 in Straßburg.
Das wirklich von Paracelsus selber verfasste Traktat „De Peste“, das er 1534 in Meran für den Stadtrat von Sterzing geschrieben hatte, wurde – wie der Großteil seiner Werke erst lange nach seinem Tod – 1576 in Straßburg gedruckt.
Der Vergleich mit diesem und weiteren Pest-Texten von Paracelsus, zeigt eindeutig, dass das Salzburger Pest-Traktat von 1554 nicht aus der Feder des Paracelsus stammt.
„Vermanung … zů der Christlichen gemain“
Als Herausgeber und Bearbeiter des Druckwerks wird Ägidius Karl, Prior der Abtei St. Peter in Salzburg, genannt. Aus seiner Feder stammt die einleitende, zehnseitige „Vermanung“.
Um “ainen Edlen schatz, der ain zeytlang verporgen gelegen ist, zůeröffnen“ habe er „diß Búchlein treũlich zũsamen Colligiert, in ain ordnunng gebracht unnd beschriben, auch fürnemblich aus des Hocherfarnen (Löblicher gedåchtnus) Doctors Theophrasti Paracelsi Bůch, (so ehr vonn der Pestilentz geschrieben) auf das best so es jḿer mũglich gewest, gezogen hab“.
Ägidius Karl bezieht sich hier wohl auf das ein Jahr zuvor ebenfalls in Salzburg bei Baumann gedruckte sogenannte „Regiment“, eine nur sieben Blatt umfassende, kürzere Textfassung.
Aber auch Ägidius Karl kommt als Verfasser nicht in Betracht, er beschreibt sich selber als „ainer der zů solchen sachen nit verordnet noch berůfft“ (f5r), also ohne medizinische Ausbildung ist; im Gegensatz zu Paracelsus, der promovierter „Doktor beider Arzneien“ war, ausgebildet in Leib- und Wundarznei, also Innerer Medizin und Chirurgie.
Die Forschung vermutet als Autor einen Salzburger Arzt, der Paracelsus´ Schriften gut gekannt und wohl in Händen gehabt hat.
Der Grabstein des Paracelsus
Ein Zeugnis der frühen Paracelsus-Verehrung nach dessen Tod in Salzburg ist das von seinen Salzburger Freunden entworfene und vom Testamentsvollstrecker, dem Hofgerichtsschreiber Michael Setznagel, in Auftrag gegebene Grabmal.
Die Rückseite des Titelblattes zeigt die früheste bekannte Transkription der Inschrift dieses Epitaphs:
Sie berichtet davon, dass Paracelsus auf wundersame Weise unheilbare Krankheiten – wie schwerste Wunden, Lepra, Podagra, Wassersucht – und todgeweihte Menschen geheilt habe.
Die Abbildung zeigt das Familienwappen der Bombaste von Hohenheim:
Im Dreipass steht ein Herzschild mit Schrägbalken, der drei Kugeln trägt. Paracelsus hat für sich die acht Kreuze hinzugefügt.
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