ZENTRUM für FRIEDENSFORSCHUNG und FRIEDENSBILDUNG
Diversitätsbewusste Bildung

Diversität stellt eine zunehmend erkannte pädagogische Herausforderung dar. Differenzen, die Vielfalt und Heterogenität von Gesellschaften und Lernenden bedingen und ermöglichen, sind nie neutral. Sie unterliegen Machtdiskursen und gestalten diese mit, sie können ebenso Privilegien konstituieren und schützen wie Projektionsfläche für jene Diskriminierung sein, durch die sie überhaupt erst hervorgebracht werden.
Eine diversitätssensible und friedensorientierte Erziehungs- und Bildungswissenschaft thematisiert Differenzen, um sie reflektieren und daraus Handlungsperspektiven entwickeln zu können. Dies bedeutet zuallererst, Diversität diesseits dichotomer und meist hierarchisierender Normalitätsvorstellungen wahrzunehmen, die durch Kategorien wie Sprache, soziale und territoriale Herkunft, Geschlecht, Hautfarbe, sexuelle Orientierung, Begabung, Behinderung konstruiert und stabilisiert werden. „Diesseits“ meint, die konkreten Personen in ihrem Antworten auf Welt und Geschichte wahrzunehmen, noch bevor sie anhand isolierter Diversitätsmerkmale in Kategorien gefasst und Diagnosen zugeführt werden. Zugleich – und dies ist kein Widerspruch, wohl aber eine herausfordernde Ambivalenz – definieren sich Subjekte (im Plural) vielfach über genau jene Differenzen, die der Diskriminierung ausgesetzt sind. Dies ist nicht notwendiger Weise so, aber vielfach notwendend, um für ihre Rechte eintreten zu können, sei dies als sprachlich-ethnische Minderheit, als benachteiligtes Geschlecht, als religiöse Gruppe, als Betroffene sozialer Behinderung, als Diaspora-Community, als Betroffene sozioökonomischer Ungleichheit. Hier liegt das ebenso destruktive wie produktive Potenzial von Differenz und Diversität.
Diversitätspädagogik steht damit in einer Spannung zwischen Scharfstellung und Verunschärfung von Differenz, zwischen Würdigung und Dekonstruktion. An den Wechselwirkungen von Fremd- und Selbstethnisierung lässt sich exemplarisch nachvollziehen, wie die Doppelbindung von Aberkennung und Anerkennung von Differenz das Subjekt auf jene Aspekte seiner Möglichkeiten und Bedingtheiten reduziert, für die es diskriminiert wird, durch die es sich aber auch konstituieren kann. Daraus folgert eine pädagogische Haltung, die Differenzen gleichermaßen bejaht wie relativiert. Ungleichverhältnisse, global und lokal, im Klassenzimmer und in der gesellschaftlichen Realität, bedürfen einer differenzkritischen Wahrnehmung von Differenz, ohne die Betroffenen darauf festzulegen, wohl aber in ihren Ansprüchen und Widersprüchen das Potenzial für Ermächtigung und Überschreitung zu sehen.
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