Veranstaltungen und Vorträge Visuelle Kultur

Workshop „Universal Images in Post-Universalist Times“
Date: Thursday 12. 1. 2023 1 p.m. to Saturday 14. 1. 12 a.m.
Location: Klagenfurt University, O.0.01 Stiftungssaal
Klagenfurt University, Institute for Cultural Analysis. Department of Visual Culture.
The universal does not have an easy standing in our times. It is deconstructed, accused of legitimising forms of power and domination of various kinds and of imposing a view by force, as it were. Many want nothing to do with the universal. The particular, even the singular, is placed in the foreground or even celebrated.
But is the universal so easy to shake off and get rid of? It has to do with world-views, values and attitudes as well as with questions and a search for meaning and attitude. We need it to address the widest possible circle, “all”, to which one can count oneself. In this respect, the universal is indispensable for creating a public sphere and cannot simply be put aside.
In order to appear in public, the universal needs language and rhetoric, but also performance and visual presence. The starting thesis of the workshop is that universalisation as a practice consists also of images being produced, made public, but in the process being subjected to symbolisation and iconisation. In this form, they are exposed to an audience, with what is given to be seen is calculated as being related by the audience to a wider reservoir of symbols, signs and pictorial motifs, and at the same time being given new meaning through modification.
In the current media and art landscapes, which are characterised by diverse appropriation practices as well as by the proliferation of forms of protest characterised by the media alliance internet-live-appearance-mobile phone, tensions and conflicts in connection with the universalisation of images occur frequently and pronouncedly. For one thing, the agents who universalise images from their specific position are now multiplying. On the other hand, since the 1980s and in connection with new social movements, gender and queer studies, postcolonialism and decolonisation as well as deconstructive positions in the humanities and social sciences as a whole, universals have strongly been questioned and, if so, then only to be taken up further in deconstructed form. Accordingly, this workshop will bring together the question of images with a reformulation of the question of the universal. A further aim of the workshop is to address questions of appropriation, cultural transfer, intermediality and the negotiation of difference in connection with the problematic of the symbolisation/universal dimension of images.
Due to the complexity of this question and its location at the interface of various different disciplines, an interdisciplinary workshop with representatives from visual culture studies, cultural sociology, history and cultural philosophy seems to be appropriate for its clarification.
In this context, the workshop will discuss
– To what extent and in what forms are values and attitudes of a universal nature expressed pictorially today?
– To what extent do the ways in which images communicate universal appeal in the present differ from earlier ways of an aesthetic relationality of images?
– To what extent does a mediation beyond the particular and singular take place?
– Are there different ways of understanding the universal? How does the universal differ from the universalistic?
– How does this affect the images themselves? To what extent are images, when they deal with the universal, iconic images? What role do transmedia transmissions and processes play?
– How can images lend presence to a call to ask existential, critical and/or meaning-related questions in relation to our relationship to the world?
Concept: © Anna Schober
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Workshop: Universelle Bilder in post-universalistischen Zeiten
Datum: Donnerstag 12. 1. 2023 13 Uhr bis Samstag 14. 1. 12 Uhr
Ort: Universität Klagenfurt, O.0.01 Stiftungssaal
Universität Klagenfurt, Institut für Kulturanalyse. Abteilung Visuelle Kultur.
Das Universelle hat in unserer Gegenwart keinen leichten Stand. Es wird dekonstruiert, bezichtigt Macht- und Herrschaftsformen unterschiedlicher Art zu legitimieren und eine Sichtweise gleichsam mit Gewalt aufzulegen. Viele wollen mit dem Universellen nichts zu tun haben. Das Partikulare, ja das Singulare wird in den Vordergrund gestellt oder gar zelebriert.
Aber ist das Universelle so leicht abzuschütteln und loszuwerden? Es hat mit Weltsichten, Werten und Haltungen zu tun wie mit Fragen und einem Suchen nach Sinn und Haltung. Wir benötigen es, um einen möglichst großen Kreis, „alle“, anzusprechen, zu dem man sich selbst dazu zählen kann. Insofern ist das Universelle unabdingbar für das Herstellen von Öffentlichkeit und kann nicht einfach ad acta gelegt werden.
Um in der Öffentlichkeit zu erscheinen, benötigt das Universelle Sprache und Rhetorik, aber auch Aufführung und bildhafte Präsenz. Ausgangsthese des Workshops ist, dass Universalisierung als Praxis unter anderem darin besteht, dass Bilder hergestellt, öffentlich gemacht und dabei einem Symbolisieren und Ikonisieren unterzogen werden. In dieser Form werden sie einem Publikum ausgesetzt, wobei das Zu-Sehen-Gegebene so kalkuliert wird, dass es vom Publikum mit einem breiteren Reservoir an Symbolen, Zeichen und Bildmotiven in Beziehung gebracht und gleichzeitig durch Modifikation mit neuer Bedeutung belegt werden kann.
In den gegenwärtigen Medien- und Kunst-Landschaften, die von vielfältigen Aneignungspraktiken sowie von der Verbreitung von Protestformen die vom Medienverbund Internet-Lifeauftritt-Handy geprägt sind, treten Spannungen und Konflikte in Zusammenhang mit der Universalisierung von Bildern häufig und prononciert auf. Denn zum einen vervielfältigen sich heute die Agentinnen und Agenten, die Bilder von ihrer spezifischen Position aus universalisieren. Zum anderen werden seit den 1980er Jahren und in Zusammenhang mit neuen sozialen Bewegungen, Gender und Queer-Studies, Postkolonialismus und Dekolonisierung sowie dekonstruktiven Positionen in den Human- und Sozialwissenschaften insgesamt Universalismen nachdrücklich in Frage gestellt und wenn dann nur in dekonstruierter Form weiter aufgegriffen. Dementsprechend wird im Workshop die Frage nach Bildern mit einer Neuformulierung der Frage nach dem Universellen zusammengebracht. Ein weiters Ziel des Workshops sind Fragen der Aneignung, des Kulturtransfers, der Intermedialität und der Verhandlung von Differenz in Zusammenhang mit der Problematik der Symbolisierung/ universellen Dimension von Bildern.
Aufgrund der Komplexität dieser Frage und ihrer Situierung an der Schnittstelle verschiedener Disziplinen scheint zu ihrer Klärung ein interdisziplinärer Workshop, an dem Vertreterinnen und Vertreter der Bildwissenschaften, der Kultursoziologie, der Geschichte und der Kulturphilosophie teilnehmen, zielführend.
Der Workshop diskutiert in dem Zusammenhang
- Inwiefern und in welchen Formen werden heute Werte und Haltungen universeller Art bildhaft zum Ausdruck gebracht?
- Inwieweit unterscheiden sich die Arten und Weisen wie Bilder in der Gegenwart universelle Ansprache kommunizieren von früheren Weisen der ästhetischen Relationalität von Bildern?
- Inwieweit findet dabei eine über das Partikulare und Singulare hinausgehende Mediation statt?
- Gibt es unterschiedliche Weisen das Universelle zu verstehen? Wie unterscheidet sich das Universelle vom Universalistischen?
- Wie wirkt sich dies auf die Bilder selbst aus? Inwiefern sind Bilder, wenn sie mit dem Universellen zu tun haben, ikonische Bilder? Welche Rolle spielen dabei transmediale Übertragungen und Prozesse?
- Wie können Bilder einer Aufforderung, existentielle, kritische und/oder sinnbezogene Fragen in Bezug auf unser Weltverhältnis zu stellen, Präsenz verleihen?
Konzept: © Anna Schober

Samuel Strehle (TU Darmstadt): Vom Krieg der Bilder zur Kunst des Handelns. Überlegungen zu einer Theorie der Bildpolitik im 21. Jahrhundert
Dienstag 13.12.2022 | 18.00 Uhr | N.1.44
Abstract
Die kritischen Analysen der kapitalistischen Bildkultur durch Autoren der 1960er und 1970er Jahre wie Guy Debord oder Jean Baudrillard waren ihrer Zeit weit voraus. Die Allgegenwart der Warenform im »Spektakel« als dem »Kapital in einem solchen Grad der Akkumulation, daß es zum Bild wird« (Debord), der »Monolog der Macht« im Befehlston der »Semiokratie« (Baudrillard) und der bis in die kleinsten Verästelungen des Alltagslebens hineinreichende Siegeszug der Kulturindustrie als Vehikel des »kapitalistischen Realismus« (Mark Fisher) sind erst im 21. Jahrhundert zur vollen Entfaltung gekommen. Zumeist werden die Machteffekte der kapitalistischen Bildkultur dabei vor allem als Bilderkrieg ›von oben‹ beschrieben, während die Seite ›von unten‹ deutlich seltener in den Blick gerät: die widerständigen Praktiken der subversiven Aneignung, Umfunktionierung und Umschreibung bereits zirkulierender Bilder oder die Neuschöpfung von alternativen Bildwelten mit kritischem oder utopischem Potenzial, aus denen sich die unterirdische Transformationsdynamik von Gesellschaften speist. In meinem Vortrag umreiße ich ein theoretisches Modell, mit dem sich beide Seiten solcher Bilderkämpfe beschreiben und in ihren wechselseitigen Verschränkungen analysieren lassen. Neben dem Blick auf die verschiedenen taktischen Spielarten der »Kunst des Handelns« (Michel de Certeau) im Feld der Bilder rückt hierbei auch das ›Waffenarsenal‹ des gesellschaftlichen Imaginären in den Blick, auf das diese Kunst des Handelns zurückgreift: das kulturelle Bildarchiv als Material der Aneignung und Anverwandlung der Vergangenheit im Dienste der Gegenwart.
Kurzbiografie
Dr. Samuel Strehle studierte Soziologie und Philosophie an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und promovierte bei Urs Stäheli an der Universität Hamburg. Er war Stipendiat im Graduiertenkolleg »Das Reale in der Kultur der Moderne« an der Universität Konstanz, Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Basel und forschte zuletzt im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms »Ästhetische Eigenzeiten« am Institut für Soziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena bei Hartmut Rosa. Seine Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich der Kultur-, Medien-, Bild- und Filmsoziologie, des Poststrukturalismus, der Politischen Theorie, der Soziologie der Dinge sowie der psychoanalytischen Sozialpsychologie. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen die beiden Monographien Zur Aktualität von Jean Baudrillard. Einleitung in sein Werk (2012) und die Dissertation Kollektivierung der Träume. Eine Kulturtheorie der Bilder (2019).

Verena Krieger (Universität Jena): „Dezentralität als Symbolisierungsstrategie. Zum jungen Genre des dezentralen Denkmals“
Dienstag 22.11.2022 | 18.00 Uhr | Z.1.09
Abstract
In jüngerer Zeit hat sich ein neuer Denkmalstyp herausgebildet, der sich vom klassischen Denkmal prinzipiell unterscheidet, insofern er aus mehreren, dezentral angeordneten Elementen besteht. Der Vortrag erläutert die Voraussetzungen seiner Entstehung in der neueren Denkmalskultur seit den 1980er Jahren, zeigt anhand aktueller Beispiele die Vielfalt seiner Spielarten und fragt nach den spezifischen Charakteristiken und Potenzialen dieses jungen Genres.
CV
Verena Krieger hält den Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Zuvor lehrte sie in Stuttgart, Bern, Karlsruhe, München und Wien. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Collage/Montage, Denkmal und Erinnerungskultur, Europäische Avantgarden, ästhetische Ambiguität und das gesellschaftskritische Engagement zeitgenössischer Kunst. Aktuell leitet sie die Forschungsprojekte Kunst zur ‚Wende‘-Zeit. Künstlerische Reflexionen des Umbruchs 1989/90 und der DDR-Transformation sowie Jenseits der Undarstellbarkeit. Bildkünstlerische Artefakte von KZ-Häftlingen als visuelle Deutung der Lagerwirklichkeit.
Buchpublikationen (Auswahl): Kunst als Neuschöpfung der Wirklichkeit. Die Anti-Ästhetik der russischen Moderne (2006); Was ist ein Künstler? Genie – Heilsbringer – Antikünstler. Eine Ideen- und Kunstgeschichte des Schöpferischen (2007); When exhibitions become politics. Geschichte und Strategien politischer Kunstausstellungen seit den 1960er Jahren (mit Elisabeth Fritz) (2017); BRANDSCHUTZ. Aktuelle künstlerische Strategien gegen intolerante Mentalitäten (2018); Ambige Verhältnisse. Uneindeutigkeit in Kunst, Politik und Alltag (mit Bernhard Groß, Michael Lüthy, Andrea Meyer-Fraatz) (2020); Die Entdeckung der Nacht. Wirklichkeitsaneignungen im Prozess der europäischen Aufklärung (mit Helmut Hühn) (2020); Kurt W. Streubel. Spielarten abstrakter Kunst in der DDR (mit Andrea Karle) (2021).

Jasmin Mersmann (Kunstuniversität Linz): „Der Teufel und seine Bilder, oder: Figurationen des Bösen“
Montag 10.10.2022 | 18.00 Uhr | Z.1.09
Abstract
Der Teufel lebt in und durch Medien. Als immaterielles Wesen ist er auf Leihkörper angewiesen, um zur Erscheinung zu kommen. In Bildern und Statuen, Körpern und Filmen wird er sichtbar, aber auch angreifbar. Bilder dese Teufels perpetuieren den Glauben an das inkarnierte Böse, können aber auch helfen, es zu bannen. Sie beflügeln die Fantasie und die künstlerische Imagination, schüren aber auch den Glauben, man könne dem Bösen durch Angriffe auf seine Leihkörper beikommen.
Der Vortrag untersucht die Wirkmacht von Bildern anhand von Figurationen des Bösen. Gegenstand sind nicht nur Darstellungen von Teufeln und Besessenen, sondern auch die vielfältigen Gegen-Bilder, die zur Abwehr oder zur Austreibung von Dämonen genutzt wurden, und das Nachleben des Teufels in der politischen Ikonographie.
Kurzvita
Jasmin Mersmann ist Professorin für Kunstgeschichte an der Kunstuniversität Linz. Seit 2021 leitet sie außerdem das Forschungs- und Ausstellungsprojekt „UnBinding Bodies“ am TA T – Taum für forschendes Ausstellen der Humboldt-Universität zu Berlin. Von 2006 bis 2017 war sie Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin, unterbrochen von Fellowships in Wien, Weimar, Florenz und Rom. Sie studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Geschichte in Freiburg, Paris und Berlin und promovierte mit einer Studie über Formen der Wahrheit um 1600. Aktuell arbeitet sie an einer Monographie über die Kulturgeschichte des Teufelspakts und einer Studie zur Geschichte der Körpermodifikationen.

Monika Wagner (Hamburg): „Überfluss und Mangel Nahrungsmittel in der neueren Kunst“ (22.6.2022)
Abstract
Nicht erst gegenwärtig sind Nahrungsmittel – wie der Weizen – zu einem politischen Instrument, zu einer Waffe, geworden. Als Thema ungezählter künstlerischer Repräsentationen und Aktionen, als Zeichen in der politischen Ikonographie, dienten Nahrungsmittel als Angebote zur Reflexion über Macht und Reichtum durch Überfluss. Dem steht die allerdings seltenere Thematisierung von Mangel ebenso gegenüber wie der bewusste Verzicht auf den verschwenderischen Umgang mit Nahrungsmitteln. Seit um 1960 in den bildenden Künsten auch reale Materialien relevant wurden, traten Nahrungsmittel in der US-amerikanischen Pop Art als Markenware, in der Arte Povera als gefährdeter Rohstoff auf; Nahrungsmittel wurden in Performances gezielt „entzweckt“ oder als „Eat Art“ zum gemeinschaftlichen Essensritual angeboten. In dem Vortrag geht es um die künstlerische Gestaltung von Überfluss und Mangel als kritischen Indikatoren gesellschaftlicher Umgangsweisen mit Nahrungsmitteln.
Zur Person
Monika Wagner studierte Malerei in Kassel, dann Kunstgeschichte, Archäologie und Literatur-wissenschaft in Hamburg und London. Sie war wissenschaftliche Assistentin an der Universität Tübingen, leitete das «Funkkolleg Moderne Kunst» und lehrte von 1987 bis 2009 Kunstgeschichte an der Universität Hamburg. Dort hat sie das Archiv zur Erforschung der Materialikonographie ins Leben gerufen. Sie veröffentlichte zur Malerei des 18.–20. Jahrhunderts, zu Geschichte und Theorie der Wahrnehmung und arbeitet seit langem zur Bedeutung des Materials in der bildenden Kunst. Fellowships am Wissenschaftskolleg zu Berlin, dem IFK in Wien und dem Getty Research Center in Los Angeles boten die Möglichkeit, die Materialanalysen auf die Architektur auszudehnen. Im Rahmen der Bildevidenz an der FU Berlin hat sie das Verhältnis von Reproduktionstechniken und der Entwicklung kunstgeschichtlicher Methoden untersucht.
Neuere Veröffentlichungen: Lexikon des künstlerischen Materials (hrsg. zusammen mit Dietmar Rübel und Sebastian Hackenschmidt), 2010; Das Material der Kunst. Eine andere Geschichte der Moderne, 2013; William Turner, 2011; Marmor und Asphalt. Soziale Oberflächen im Berlin des 20. Jahrhunderts, 2018. Im Herbst erscheint: Kunstgeschichte in Schwarz-Weiß. Reproduktion und Methode.

Roland Meyer (BTU Cottbus-Senftenberg): „Navigierbare Bildräume. Zur Logistik digitaler Bildermengen“ (12.5.2022)
Abstract
Digitale Bilder erscheinen raum- und ortlos: Als unsichtbare Datenströme zirkulieren sie durch weltumspannende Netze, als flüchtige Visualisierungen auf unseren Displays bleiben sie flach und nahezu immateriell. Wendet man den Blick jedoch vom Einzelbild ab und dem Umgang mit digitalen Bildermengen zu, so zeigt sich: Wo Bilder in großer Zahl aggregiert, analysiert und synthetisiert werden, werden sie auch auf spezifische Weise verortet und verräumlicht. Navigierbare Bildräume sind zu einem dominanten Modell der logistischen Erschließung großer Bilderdatenmengen geworden: In den Interface-Visualisierungen musealer Bilddatenbanken arrangieren sich Bilder unterschiedlichster Zeiten und Räume zu Landschaften, Clustern und Netzen; forensische Rekonstruktionen lokalisieren isolierte Bilder und Bildsequenzen aus verstreuten Quellen in dreidimensionalen Simulationsmodellen und betten sie so nachträglich in ein raumzeitliches Beziehungsgeflecht ein; und die neueren KI-basierten Techniken der Bildanalyse und -synthese modellieren Ähnlichkeiten visueller Muster als quantifizierbare Distanzen in abstrakten Vektorräumen. So unterschiedlich diese Beispiele auch sind, so ist ihnen doch gemeinsam, dass sie das einzelne Bild nicht mehr, wie es noch für den »Iconic Turn« selbstverständlich erschien, als isolierbares Artefakt oder singuläre Form begreifen, sondern vielmehr als diskret adressierbares Element in einem unüberschaubaren visuellen Kontinuum. Der Vortrag fragt danach, welche Konsequenzen diese Vorstellung navigierbarer Bildräume für unser Bildverständnis haben könnte – und ob nicht die Frage nach dem Bild heute neu – und vielleicht ganz anders als vor rund drei Jahrzehnten – gestellt werden muss.
Zur Person
Roland Meyer studierte Kunstwissenschaft und Medientheorie an der HfG Karlsruhe, wo er 2017 mit der Arbeit »Operative Porträts. Eine Bildgeschichte der Identifizierbarkeit« promoviert wurde. Von 2007 bis 2014 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der UdK Berlin. 2016/17 wirkte er an der Sonderausstellung »Das Gesicht. Eine Spurensuche« des Deutschen Hygiene-Museums Dresden mit. Im Anschluss vertrat er die Leitung der Abteilung »Das Technische Bild« am Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der HU Berlin. Seit April 2018 ist er akademischer Mitarbeiter (Post-Doc) für Kunstgeschichte an der BTU Cottbus-Senftenberg. Aktuelle Publikationen: Operative Porträts. Eine Bildgeschichte der Identifizierbarkeit von Lavater bis Facebook, Konstanz: Konstanz University Press 2019; Gesichtserkennung (Reihe »Digitale Bildkulturen«, hg. von Annekathrin Kohout und Wolfgang Ullrich), Berlin: Wagenbach 2021.


Daniel Berndt (Universität Zürich): „Vom Mehrwert des Glücks. Die performative Diplomatie des Künstler*innenkollektives GCC“ (26.4.2022)
Abstract
Auch wenn die Mitglieder von GCC stets behaupten, dass der Name ihres Kollektives keine Abkürzung ist, die für etwas Bestimmtes steht, stellt er doch einen offensichtlichen Verweis auf den Golf-Kooperationsrat dar, der Union zwischen den Vereinigten Emiraten, Bahrain, Saudi Arabien, Kuwait und Qatar, die im Englischen Golf Cooperation Council genannt und mit GCC abgekürzt wird. Die Arbeiten des Künstler*innenkollektives setzen sich zudem in erster Linie mit den diplomatischen Ritualen und den bürokratischen Abläufen auseinander, mit denen die Mitgliedsstaaten des Golfkooperationsrates ihr politisches Programm inszenieren bzw. umsetzten und die darüber hinaus als Haupttriebfedern einer internationalen wirksamen Soft Power fungieren. Indem sie sich an der Schwelle zwischen dem Golf und dem Rest der Welt positionieren, praktizieren die GCC-Mitglieder ihre eigene ostentativ performative Art von Diplomatie (oder wie sie es nennen ein «simulacrum of diplomacy»), die innerhalb des komplexen Systems von Macht, Repräsentation, die durch sie propagierten Ideologien und verschiedene Betrachter*innenpositionen verhandelt. Das heisst, GCC thematisiert die Konstruktion von nationaler Identität und «nationaler Kultur» in den arabischen Golfstaaten in Bezug auf die Selbstwahrnehmung ihrer Bürger und deren Wirkung in einem globalen Kontext, im Rahmen komplexer transnationaler Beziehungen und wechselseitiger Abhängigkeiten. Dies soll mit Fokus auf die Installation Positive Pathways (+) (2016) diskutiert werden.
Zur Person
Daniel Berndt studierte Kunstgeschichte, Philosophie und Ethnologie an der Freien Universität in Berlin und hat im Rahmen des Graduiertenkollegs Das fotografische Dispositiv an der HBK Braunschweig promoviert. Derzeit ist er wissenschaftlicher Assistent (Postdoc) am Kunsthistorischen Institut der Universität Zürich und hat im Sommersemester 2022 am Kunstgeschichtlichen Seminar der Universität Hamburg eine Vertretungsprofessur inne. Von 2009 bis 2012 war er als Research Center Coordinator bei der Arab Image Foundation in Beirut und von 2017 bis 2019 als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Rahmen des Forschungsprojektes Bildpolitik am Deutschen Literaturarchiv Marbach tätig. Texte von ihm wurden unter anderem in Springerin, Camera Austria, Aperture und Frieze veröffentlicht. Sein Buch Wiederholung als Widerstand? Zur künstlerischen (Re-)Kontextualisierung historischer Fotografien in Auseinandersetzung mit der Geschichte Palästinas ist 2018 bei transcript erschienen. Derzeit arbeitet er an einer Monografie (Beyond Video – Arbeitstitel) zum Bewegtbild, Identitätskonstruktionen und dem Einfluss digitaler Technik in der Gegenwartskunst.

Friedrich Tietjen (Leipzig/Berlin/Wien): „Wie, woran und warum wir fotografische Bilder erkennen. Überlegungen zu einem Problem moderner und postmoderner Bildmedien“ (27.1.2022, online)
Abstract
Wie wir Fotografien erkennen
Unser Bilderwelt ist durchzogen von Selfies, Musikvideos, Zoom-Seminaren, dem Passbild im Geldbörserl, dem lächelnden Gesicht auf einer Shampoo-Flasche im Supermarkt, dem Foto vom Kanzler in der Zeitung, der Ansichtskarte aus dem Urlaub am Kühlschrank, der gerahmten Aufnahme der Großmutter im Wohnzimmer. Die Bilder sind verschieden in dem, was sie uns zeigen und haben doch eines gemeinsam: Wir erkennen sie ohne größeres Nachdenken als Fotografien. Aber wie machen wir das? Anhand von Beispielen wird Herr Tietjen darüber spekulieren, wie dieses Erkennen stattfindet und darüber nachdenken, wie sich diese Spekulationen zu gängigen Definitionen der Fotografie verhalten
Zur Person
Friedrich Tietjen führt seit Anfang 2020 ein von der Stiftung Aufarbeitung gefördertes Projektes zur Privaten Fotografie in Ostdeutschland 1980-2000 durch.* 2019/2020 Stipendiat der Gerda-Henkel-Stiftung mit einem Forschungsprojekt zu Hitlers Bart. Seit 2017 freiberuflicher Kurator. Seit 2015 Ko-Organisator der jährlichen Tagung After Post-Photography in St. Petersburg.** 2014 bis 2016 Gastprofessor für moderne und zeitgenössische Kunst an der Universität Wien. 2007 bis 2013 Juniorprofessor für Theorie und Geschichte der Fotografie an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig. 2006 Promotion, Kurator an der Wiener Secession. 2004 visiting lecturer an der University of Greenwich. 2002 bis 2003 Stipendiat an der Jan van Eyck Academy in Maastricht/NL. 2001 Fototheoriestipendium des BKA. 1999 bis 2000 Kurator an der Wiener Secession. Forschungsschwerpunkte mit zahlreichen Veröffentlichungen: Theorie und Geschichte der Fotografie, politische Ikonografie, moderne und zeitgenössische Kunst.***
* https://stiftung-reinbeckhallen.de/privatefotografie/
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