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Wir freuen uns, auch in diesem Jahr wieder unser Festival liTONale©ankündigen zu dürfen und auf ein großartiges Line-up der literarisch-musikalisch-performativen Szene zu verweisen: Sprachmagie, experimentelle Klangbilder und Soundperformance bleiben hier keine leeren Versprechungen, das Musilhaus wird wohl ein bisschen in seinen Grundfesten durcheinander geschüttelt werden, aber das ist auch gut so.

LINE UP:

gebenedeit
Eine non-konformistische Messe von und mit
Lydia Haider, Vinzenz Gideon Landl und Johannes Oberhuber

Helmut Bohatsch & LSZ
Taktlosigkeiten an der laufenden Schnur von H. C. Artmann

Čučnik / Pepelnik / Grom
Wort, Klang, Lärm, Geräusch, Stille-Improvisation aus Slowenien

b.fleischmann / Gerhild Steinbuch
Text und Sound als Bestandsaufnahmen der Gegenwart

R o n i a / Fritz Ostermayer
Eine Zumutung über den Trost des Rauchens, die Gnade der Onanie und das Lied vom Tod

Details zum Programm siehe weiter unten.

FREITAG, 07. JUNI 2024

16.00 – 22.00 Uhr

MUSILHAUS

INDOOR & OUTDOOR

5 Stationen mit Literatur-Musik-Performances, die im Stundentakt inklusive Pause aufeinander folgen und abwechselnd an 3 Orten des Musil-Hauses stattfinden – in der Literaturlounge im EG, im Veranstaltungssaal im 1. Stock und im Innenhof.

Der Eintritt ist frei.

Das Festival wird kulinarisch umrahmt durch Getränke und Bewirtung des benachbarten Cafes.

P R O G R A M M

gebenedeit

gebenedeit ist die Ende 2017 gegründete literarisch-liturgische Band von Lydia Haider, Josua Oberlerchner und Johannes Oberhuber. Seit 2021 rührt nunmehr Vinzenz Gideon Landl die Marschtrommeln. Die Texte Haiders stehen im Zentrum der sich als liturgisch inszenierenden Formation. Erschaffen wird eine ganze Messe, operiert wird nicht mit feiner Klinge, sondern mit schwerem Geschütz, so setzen sich Metallbeats und dröhnende Bässe musikalisch durch, um den Weg für Haiders biblische Sprache zu ebnen.

gebenedeit kommt vom lateinischen benedicere, meint wörtlich gut sprechen und bedeutet so viel wie segnen oder lobpreisen. Im Sprachgebrauch wird gebenedeit wohl am häufigsten im katholischen Kontext – konkret im Ave Maria – gebraucht. Dort wird es ähnlich wie andere Wörter in der christlichen Liturgie an immergleicher Stelle wiederholt, undeutlich dahinrezitiert. Es bekommt den Charakter eines Patterns, das den Textfluss gliedert und einen musikalischen Rahmen erzeugt. Auf ihre ganz eigene Art macht sich Haider diesen liturgischen Rhythmus zu eigen. Stellenweise erinnert es an ein Mantra, dann wieder an eine Verfluchung oder an eine Anbetung auf basalster Ebene.

Mit Instrumenten wird dies in ein unkonventionell gehaltenes Konstrukt aus Stimme, Schlagzeug und Bass transformiert. Musikalisch/stilistisch sind die Nummern sehr unterscheidlich, die jedoch zusammengehalten werden von der Textlastigkeit, dem Pattern-Charakter und der trotzigen Nonkonformität.

Lydia Haider: Gesänge

Vinzenz Gideon Landl: Trommeln und Klangbleche

Johannes Oberhuber: Bässe, Orgel

Lydia Haider, *1985, Schriftstellerin, lebt in Wien. Zuletzt: Wahrlich fuck you du Sau, bist du komplett zugeschissen in deinem Leib drin oder: Zehrung Reiser Rosi. Ein Gesang, sowie der Roman Am Ball. Wider erbliche Schwachsinnigkeit und die Anthologie Und wie wir hassen (als Herausgeberin).

Johannes Oberhuber, *1988, Studium der Kunstgeschichte und Gender Studies in Wien und Hamburg, studiert aktuell Gestaltung im Kontext sowie Kunst und Bildung an der Akademie der Bildenden Künste. Seit 2005 Klangfestival (Organisation und Grafik), Zwischennutzungsprojekt Klangfolger Gallneukirchen. Weitere Musik- und Bandprojekte: Torún, Erro Jojo, Birdpeople, Lurcheffekt, umbra umbra u.a.

Vinzenz Gideon Landl, *1995 in Gallneukirchen geboren, studiert elektroakustische und experimentelle Musik am Institut für Elektroakustik der mdw, ist Tontechniker, Kulturmanager und derzeit Musiker in den Bandprojekten DVRST, gebenedeit sowie K.044. Ausgezeichnet mit dem Startstipendium für Kulturmanagement 2021.

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DEN HUT AUF ODER ES KNALLT!

Taktlosigkeiten an der laufenden Schnur von H. C. Artmann

von und mit Helmut Bohatsch & LSZ

Im Banne von H. C. Artmann verwandeln Helmut Bohatsch und das Trio LSZ (Hannes Löschel/Paul Skrepek/Martin Zrost) die Sprachmagie des Dichters in schillernde Klangfarben: temperamentvolle Anrufungen des Poetischen, Vorstadtmelancholie im Wiener Blues, schrille Schauerschönheit, makabre Scherze und coole Showdowns. Per aspera ad astra! war Artmanns Devise: Über raue Pfade zu den Sternen! Das wirbelt ganz schön viel Blütenstaub auf, den musikalisch einzufangen sich die vier Herren zur Aufgabe gemacht haben, in Rauchsonetten und Flaschenposten.

Helmut Bohatsch: Rezitation, Gesang

Hannes Löschel: Fender Rhodes, Keyboard, Stimme

Paul Skrepek: Schlagzeug, Percussion, Stimme

Martin Zrost: Saxophon, Klarinette, Bass, Stimme

Alexandra Millner: Dramaturgie, künstlerische Beratung

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Čučnik / Pepelnik / Grom

Tok

Primož Čučnik (kleine Instrumente, Grammophon, Feedback, Texte)

Ana Pepelnik (Gesang, Stimme)

Tomaž Grom (kleine Instrumente, Elektronik, Kontrabass)

Die Perfomance von Primož Čučnik, Ana Pepelnik und Tomaž Grom (CPG) ist eine Interaktion vom gesprochenen Wort und experimentellen Klangbildern, die nicht nur als musikalischer Rahmen dienen, sondern indem sich beide Medien ergänzen und im improvisatorischen Zusammenspiel kooperieren. Grom und Čučnik erzeugen das Klangbild mit Hilfe von Kontrabass, Kleininstrumenten, Alltagsgegenständen, verschiedenen Perkussionsinstrumenten und „primitiven“ Klangquellen (z.B. Spielzeug, Radiogeräusche usw.) oder durch experimentellen Einsatz des Grammophons.

Ana Pepelnik erweitert ihre Lesung der Textcollage mit spontanen Einfällen, dem Wechsel der Stimmlage, des Lesetempos, kürzeren Wiederholungen und Variationen der Textvorlage.

Die Performance ist ein innovativer Versuch, verschiedene Artikulationen von „Wort, Klang, Lärm, Geräusch, Stille“ zu verbinden, die von den AkteurInnen im Lichte zeitgenössischer und innovativer Strömungen in der Musik des 20. Jahrhunderts als gleichwertige Teile eines großen Ganzen verstanden werden.

„Klang im Werden: nicht im Verhältnis zur Stille, sondern zu sich selbst, zu Klängen aus verschiedenen Quellen, die aber in Wirklichkeit einen einzigen Klang bilden, einen elementaren, einsilbigen, Klang, der aus einem einzigen Mund der Stille kommt. Abstraktion, perfektes Spiel, langsam und sicher der Erinnerung entfliehend.“

Ana Pepelnik, Lyrikerin und Übersetzerin. Studium der Komparatisik und Literaturtheorie an der Philosophischen Fakultät der Universität Ljubljana. Ihr Buch Ena od variant, kako ravnati s skrivnostjo erschien 2007 in der Buchreihe Prišleki (LUD Literatura). Zwei Jahre später erschien im selben Verlag ihr zweites Buch Utrip oranžnih luči na semaforjih. Von 2003 bis 2008 war sie Radiomoderatorin bei Radio Študent. Übersetzt aus dem Englischen und ins Englische, vor allem zeitgenössische amerikanische AutorInnen. 2023 erschien Nicht Fisch in der deutschen Übersetzung ihrer Gedichte, übersetzt von Matthias Göritz, Amalija Maček u.a. im Verlag parasitenpresse. Sie ist Gründungsmitglied von CPG.

Primož Čučnik, Lyriker und Übersetzer. Mehrere Gedichtbände, darunter Dve zimi (1999, Debütpreis), Nova okna (2005) und Sekira v medu (Ausgewählte Gedichte, 2006), Delo in dom (2007, Preis der Prešeren-Stiftung), Kot dar (2010) und Mikado (2012). (Ko-)Übersetzung mehrerer zeitgenössischer AutorInnen aus dem Englischen und Polnischen (Białoszewski, Sommer, Świetlicki, Wiedemann, O’Hara, Bishop, Ashbery, Cage). Er ist Cheftredakteur der slowenischen Literaturzeitschrift Literatura und Gründer des Verlags Šerpa. Zusammenarbeit mit Tomaž Grom und Tao G. V. Sambolec bereits 1999 auf dem Album Dvojnik. Mit Grom auch Zusammenarbeit an Košček hrupa in ščepec soli (Kud F.P., 2002). Er ist Gründungsmitglied von CPG.

Tomaž Grom spielte in verschiedenen Gruppierungen unterschiedlicher Musikrichtungen. Teilnahme an Festivals in Europa und Kanada. Zahlreiche Kompositionen für Theater, Puppentheater und Tanz. Verortet sich in einem musikalischen Umfeld, das seine Ausdruckskraft aus akustischen und digital bearbeiteten Klängen schöpft. In den Musikprojekten ALZHEIMER3, TILT, CPG und als Solist widmet er sich besonders der Erforschung erweiterter Techniken des Kontrabassspiels in der Kombination mit Elektronik und steuert sein Spiel gekonnt zwischen freien, improvisierten und von vornherein festgelegten Strukturen. Sein Schaffen ist geprägt von der unermüdlichen Erforschung des eigenen klanglichen Potenzials, geleitet vom Prinzip der spontanen Klanglichkeit. Im Jahr 2007 erhielt er den Preis Zlata Ptica, der von der LIBERALNA AKADEMIJA für innovatives Schaffen verliehen wird. Im Rahmen des Labels Sploh organisiert er seit mehreren Jahren den Zyklus improvisierter Konzerte Con Fin Aperto.

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b. fleischmann / Gerhild Steinbuch

Das Land wird wüster je weiter wir kommen

Alles fein säuberlich aufgemalt
Was die Erinnerung zurückweist
Die Farbe ist noch feucht
Wir kratzen über den gelben Putz an den Hauswänden

b. fleischmann und Gerhild Steinbuch sind ein Duo aus Text und Sound; ihre gemeinsamen Arbeiten sind oftmals Bestandsaufnahmen der Gegenwart, der Normalisierung rechter Positionen. Neben Sound-Performances arbeiten sie auch für Hörspiele zusammen, zuletzt Wolfwelt für Deutschlandfunk Kultur und im Kollektiv Freundliche Mitte.

Gerhild Steinbuch
Gerhild Steinbuch, 1983 in Mödling geboren, studierte Szenisches Schreiben in Graz und Dramaturgie an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ in Berlin. Als Autorin schreibt sie Essays, Hörspiele, Prosa, sowie Texte für Sprech- und Musiktheater im In- und Ausland. Außerdem arbeitet Gerhild Steinbuch als freie Dramaturgin, sowie als Übersetzerin aus dem Englischen, u.a. für die Schaubühne Berlin. Sie ist Mitbegründerin der Autor*innenallianz nazisundgoldmund.net
Gerhild Steinbuch unterrichtete am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst Wien sowie am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Seit Herbst 2021 leitet sie das Institut für Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst Wien.

„In meiner eigenen künstlerischen Arbeit interessiert mich die Erweiterung des Autor*innenbegriffs, die Möglichkeit, Texte mit und durch die Zusammenarbeit mit anderen Autor*innen, aber auch transdizplinär fortzuschreiben, zu übersetzen. Ich verstehe den literarischen Text weniger als abgeschlossenes Werk, sondern als sprachlich präzisen Baustein, der in Kollaborationen eingebracht und dadurch erweitert wird. Deswegen freue ich mich umso mehr, die Professur an einer Universität anzutreten, die mich durch ihre potentiellen Kollaborationsmöglichkeiten beeindruckt und gleichzeitig am Institut für Sprachkunst arbeiten zu dürfen, das sich unter der Leitung von Ferdinand Schmatz eben jener präzisen Spracharbeit, die mir so wichtig erscheint, verschrieben hat.“

Bernhard Fleischmann
„Spricht man über die innovativsten, wandlungsfähigsten und vielseitigsten Köpfe der österreichischen Musikszene, so fällt mit Sicherheit nach kurzer Zeit sein Name. Bernhard Fleischmann, geboren 1975 in Wien, gehört jener Gruppe von Künstlern an, denen es bedeutender erscheint, sich den eigenen Freiraum zu bewahren, denn sich von irgendwelchen Erwartungshaltungen einengen zu lassen. In den Jahren seines bisherigen Schaffens hat der gelernte Pianist und Schlagzeuger, der Mitte der neunziger Jahre die elektronische Musik als große Liebe für sich entdeckt hat,  seine ganz eigene musikalische Nische erschaffen, eine, aus welcher heraus er das weite Feld der Computermusik immer wieder auf spannende Art neu zu definieren weiß. Der experimentierfreudige Musiker, Komponist und Produzent zelebriert seine eigene Klangsprache, er entwirft seine ganz eigene akustische Ästhetik, welche vor allem in einer enormen Vielschichtigkeit ihren Ausdruck findet.“ (musicaustria.at)

liTONale_Gerhild Steinbuch                                        liTONale2024_b.fleischmann


R o n i a / Fritz Ostermayer

Der Trost des Rauchens, die Gnade der Onanie und das Lied vom Tod – Eine Zumutung von R o n i a und Fritz Ostermayer

In einer poetisch obszönen Text/Musik-Performance erkunden R o n i a und Fritz Ostermayer die einander sowohl bedingenden als auch antagonistischen Kräfte von Genuss und Untergang. Der alte Surrealisten-Kalauer von wegen „Keine Schönheit ohne Gefahr“ wird dabei in einem unrühmlichen Akte zu Grabe getragen. Und mit ihm auch gleich das öde Pathos des sich „Aufopfern für die Kunst“.

R o n i a
Die Soundtracks klassischer Märchenfilme aus der Mitte des 20. Jahrhunderts (z.B. Aschenputtel) begleiten R o n i a seit ihrer Kindheit. Mit ihrem großen Vorbild Moondog, der als Straßenmusiker bekannt wurde, verbindet sie ein Hang zum Minimalismus und eine besondere Art des Komponierens. Der Zufall verkörpert eine wesentliche Rolle bei der Aufnahme ihrer Musik in ihrem 7 m² großen kleinen Raum. Zufällige Geräusche können ihre Musik beeinflussen und neue Melodien kreieren. So entstehen oft minimalistische Klangfiguren von auf das Wesentliche reduzierten Klavierthemen, sorgsam eingesetzten Synthesizer-Oberflächen und Akzenten durch Tuba, Trompete oder Streichern. Im Zentrum: die Stimme der Autodidaktin R o n i a. Sie nutzt ihr Songwriting hauptsächlich, um dunkle und depressive Episoden zu überstehen, daher stellen ihre Texte grundlegende Fragen über menschliche Interaktionen und Beziehungen. waltz in ist der Titel ihres Debütalbums (2021), 2023 wurde ihr zweites Album mit dem Titel string along veröffentlicht. Live tritt sie mit einer Band als ‚R o n i a & the little band‘ auf.

Fritz Ostermayer
Autor, Musiker, Performer, Radiomacher. Studium der Theaterwissenschaft und elektroakustischen Musik; langjähriger Musik- und Kulturjournalist (Der Standard, profil, Falter); seit 1981 Redakteur im ORF („Musicbox“, „Kunstradio“, „Diagonal“, „FM4 – Im Sumpf“). Als Autor wildernd durch die Reviere Pataphysik, Musiktheorie, Satire, kitschaffine Textproduktion etc. Als Musiker Zusammenarbeit und Auftritte mit Der Scheitel, Neigungsgruppe Sex, Gewalt und gute Laune, Noel Akchote, Red, Jason Forrest, Franz Hautzinger, Christof Kurzmann, Pomassl, Pulsinger&Tunakan etc.
Als Kurator tätig für den steirischen herbst, Festival der Regionen und das Transmitter Festival. Gastlektor am FH-Joanneum in Graz und am Institut für Musikwissenschaft an der Universität Wien. Weiters Regisseur (Schauspielhaus Graz) und Choreograph (Tanzquartier Wien und Donaufestival Krems). 2020 und 2021 für den Kultursommer Wien Kurator für das Literatur-Programm. Von 2012 bis 2024 künstlerischer Leiter der Schule für Dichtung.

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