Wer sind die, die Lehrer:innen fortbilden?
Sarah-Maria Rotschnig untersucht in ihrem Dissertationsprojekt die Berufsgruppe derjenigen, die vor allem an Pädagogischen Hochschulen bzw. Universitäten Lehrerinnen und Lehrer fortbilden. Ihr Ziel ist es, Wissen darüber zu gewinnen, wie Personen in der Lehrer:innenfortbildung handeln und welche Erfahrungen sie damit machen.
Österreichs Lehrer:innen sind über eine Dienstrechtsverordnung dazu verpflichtet, 15 Fortbildungsstunden pro Jahr zu absolvieren. Meist können sie relativ frei entscheiden, in welchem Bereich sie sich fortbilden. Da, wo Direktionen im Sinne von Personalentwicklung bestimmte Pfade vorsehen, ist die Wahlmöglichkeit beschränkter. „Dennoch ist es ein Merkmal der Erwachsenenbildung, dass die Wahl der Fortbildungsformate und der Inhalte meist recht frei ist“, erklärt Sarah-Maria Rotschnig. Sie hat eine Stelle als Universitätsassistentin am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung inne und untersucht – betreut von Konrad Krainer und Stefan Zehetmeier – das spezifische Berufsbild der Lehrkräftefortbildner:innen mit einem Fokus auf ihr erwachsenenpädagogisches Handeln. Sarah-Maria Rotschnig hat 15 Lehrkräftefortbildner:innen mit qualitativen Forschungsmethoden – Reflective Papers, Beobachtungen und Interviews – intensiv begleitet, um ein möglichst dichtes Bild ihrer Praxis zu gewinnen.
Wir fragen nach, wie man denn Lehrkräftefortbildner:in wird und erfahren: „Die meisten Personen wurden aufgrund ihrer Fachexpertise bzw. eines Bedarfs in einem bestimmten Fach immer wieder angefragt. So rutschten sie häufig von der Rolle der Lehrer:in in die Rolle der Lehrkräftefortbildner:in. Nach wie vor gibt es allerdings keine fachliche Qualifikation, die einschlägig in diesen Beruf führt.“
Dies sei insbesondere in diesem Feld herausfordernd für die Fortbildner:innen, wie Sarah-Maria Rotschnig weiter erklärt: „Vormittags sind die teilnehmenden Personen als Lehrerinnen und Lehrer in der Schule – und nachmittags sitzen sie als Lernende in einer Fortbildung. Dieser Perspektivenwechsel ist nicht immer reibungslos. Für die Fortbildner:innen ist es nötig, die Lehrer:innen als Expert:innen ihres Fachs in die Fortbildung so hereinzuholen, dass sie auf Augenhöhe, aber trotzdem mit fachlichem Vorsprung, gemeinsam arbeiten können. Dafür braucht man viel Kompetenz im erwachsenenpädagogischen Handeln.“ Gerade diese Kompetenz werde im aktuellen System aber noch nicht hinreichend gefördert, wie die Analysen zeigten: „Eine Förderung beispielsweise im Sinne einer Induktionsphase würde für die befragten Lehrkräftefortbildner:innen Sinn machen, um sie bei der Übernahme dieser Aufgaben zu begleiten. Eine solche Professionalisierungsmaßnahme könnte auch eine Stärkung der beruflichen Identität forcieren und die Qualität in diesem Handlungsfeld steigern.“
Sarah-Maria Rotschnig verfügt selbst über Expertise in der Erwachsenenbildung: Als Absolventin des Europagymnasiums in Klagenfurt hat sie nach ihrem Bachelorstudium der Angewandten Kulturwissenschaft und der Erziehungs- und Bildungswissenschaften das Masterstudium der Erwachsenen- und Berufsbildung abgeschlossen. So kam sie zur Unterrichts- und Schulentwicklung, wo sie sich vor allem dafür zu interessieren begann, wie die Lehrerinnen und Lehrer selbst lernen und wie Lehrkräftefortbildner:innen sie dabei unterstützen. Gerne möchte sie die wissenschaftlichen Erkenntnisse ihres Dissertationsprojekts nach Abschluss des Doktorats in der Praxis anwenden: „Wir brauchen eine systematische Förderung in Form einer Fortbildung für Fortbildner:innen bzw. in Form von Unterstützungsformaten beim Einstieg. Es wäre spannend, so etwas umsetzen zu dürfen. Das ist auch mein Plan A.“ Geht der Plan A nicht auf, hat Sarah-Maria Rotschnig auch einen Plan B. Ihre Begeisterung für die Kombination von Arbeit und Lernen lässt sich auch in anderen Feldern der Erwachsenen- und Berufsbildung einsetzen: „Schon während meines Studiums interessierte ich mich dafür, wie man im Beruf stehende Personen dazu motivieren kann, zu arbeiten und gleichzeitig eine Lernhaltung zu bewahren.“
Auf ein paar Worte mit … Sarah-Maria Rotschnig
Was motiviert Sie, in der Wissenschaft zu arbeiten?
Die Möglichkeit, dem eigenen Interesse beruflich nachzugehen und dabei gleichzeitig bestehendes Wissen in einem gesellschaftlich relevanten Bereich zu erweitern.
Was wären Sie heute, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin wären?
Da gibt es viele spannende Bereiche. Ich würde wahrscheinlich in einem Handlungsfeld der beruflichen Erwachsenenbildung arbeiten, z.B. in der Personalentwicklung.
Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Sie verstehen zumindest das Handlungsfeld, ja.
Was machen Sie morgens als erstes?
Im Büro pflege ich zuerst Smalltalk und widme mich dann meinen Mails.
Machen Sie richtigen Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?
Ja, das funktioniert zum Glück sehr gut und ist auch wirklich wichtig, um den Kopf auch einmal frei zu bekommen. Mit ein bisschen Abstand auf die eigene Arbeit zu blicken, ist auch von Vorteil.
Was macht Sie wütend?
Wütend war ich glücklicherweise schon lange nicht mehr. Ich würde aber sagen, Ungerechtigkeit macht mich wütend.
Und was beruhigt Sie?
Podcasts oder Bücher zur Persönlichkeitsentwicklung.
Wovor fürchten Sie sich?
Wenn ich auf aktuelle weltweite Entwicklungen blicke, dann fürchte ich mich manchmal vor der Zukunft … Ich versuche jedoch, mit Optimismus voranzugehen.
Worauf freuen Sie sich?
Auf weitere spannende Aufgaben im wissenschaftlichen Kontext, die die pädagogische Praxis zumindest ein wenig verändern können. Und ich freue mich sehr darüber, gesund zu sein!