Forschung zu COVID-19-bedingten Krisenszenarien an der AAU: Neue Technologie wird Versorgung mit medizinischer Schutzausrüstung optimieren

Im Frühjahr dieses Jahres wurde vielen in Europa schmerzlich bewusst, dass die Versorgung mit Mund-Nasen-Schutz, Handschuhen und Schutzanzügen alles andere als krisensicher ist. Ein Forschungsteam aus Österreich und China wird nun an neuen Technologien arbeiten, die an verschiedenen Ebenen der Versorgungskette ansetzen und schließlich dazu führen sollen, dass Schutzausrüstung (auch in Krisenzeiten) schneller, effizienter und günstiger nach Europa gelangt.

Rund 50 Milliarden Euro werden in diesem Jahr für medizinische Schutzausrüstung weltweit ausgegeben. Davon könnten rund acht Milliarden Euro mit der Optimierung des Transports eingespart werden, weitere rund 5 Milliarden Euro gehen durch Verzögerungen im Zahlungsverkehr verloren, prognostiziert das Forschungsteam des Projekts ADAPT. Dies sei Geld, das vielfach im Gesundheitssystem fehle und dort sinnvoller eingesetzt werden könne. Forscher*innen des Instituts für Informationstechnologie werden unter der Leitung von Radu Prodan nun gemeinsam mit einem Team des Institute of Automation der Chinese Academy of Sciences ein anpassungsfähiges und autonomes Entscheidungsnetzwerk aufbauen, das alle Stakeholder entlang der Versorgungskette unterstützen soll.

Radu Prodan sieht Optimierungsbedarf auf zahlreichen Ebenen: „Ein Großteil des Informationsaustausches wird heute noch per Telefon und E-Mails über Zeitzonen hinweg gemacht, was zu höheren Kosten und längeren Bearbeitungszeiten führt: Es war zuletzt sehr schwierig, fortlaufend zu koordinieren, wie viel die chinesischen Fabriken noch erzeugen können und wie viel Europas Krankenhäuser schließlich zeitgerecht erhalten werden. Während an einem Ort Fabriken mit der Produktion überlastet sind, sind andere wiederum nur halb ausgelastet. Die Transportkapazitäten zu Land und in der Luft passen nicht immer zu dem, was gerade gebraucht wird, und bei der Einfuhr der Schutzausrüstung gibt es langwierige Kontrollen der Zertifizierungsstandards. All das verzögert auch die Rechnungslegung und schließlich den Finanzfluss zwischen den Handelspartnern.“

Ziel des Forschungsprojekt ist es, eine gemeinsame Blockchain-Lösung bereit zu stellen. In diesem Netzwerk gelte es eine Fülle von Daten zu verarbeiten: Die Kapazitäten von Angebot, Nachfrage und Transport, Echtzeit-Zertifizierungsprüfungen und Produktionsdokumentation sowie Entscheidungsfindungsmöglichkeiten auf allen Ebenen. Die Blockchain-Technologie habe hierfür entscheidende Vorteile: Sie könne Transparenz für die gesamte Versorgungskette ermöglichen und viele zeitraubende Einzelschritte in der Koordination, Transport und der technischen Abwicklung noch effizienter machen.

Diese vermehrte Effizienz würden wir dringend brauchen, so Prodan weiter: „Die Lieferketten sind vielfach langsam und verschlingen zu viel Geld. Eine gemeinsame und umfassende IT-Lösung könnte in Zukunft die Lage wesentlich verbessern, und so mit einer verlässlicheren und besseren Versorgung mit medizinischer Schutzausrüstung viele Menschenleben retten.“

Die Vorarbeiten zum Projekt ADAPT (Adaptive and Autonomous data Performance connectivity and decentralized Transport decision-making Network) begannen während der ersten COVID-19-Pandemie in Europa im Frühjahr 2020 und sind heute aktueller denn je. Neben der Universität Klagenfurt und der Chinese Academy of Sciences sind darüber hinaus die Johannes-Kepler-Universität Linz sowie die Unternehmen Logoplan – Logistik, Verkehrs und Umweltschutz Consulting GmbH sowie Intact GmbH als Projektpartner involviert. Das Projekt ist mit rund 570.000,- EUR dotiert und läuft für 2 Jahre. ADAPT wird zum größten Teil von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanziert.