Einblick in die Lehre… 3 Fragen an Marko Zubak
Night Studies beschäftigen sich mit der Erforschung städtischer Nächte. Marko Zubak spricht im Interview über die Dimensionen dieses interdisziplinären Forschungsgebiets und darüber, was Studierende in seiner Lehrveranstaltung lernen sollen.
Können Sie uns etwas Näheres zu Ihrer LV „Nocturnal Visions and Reflections: Urban Nightscape in the 20th and 21st Century“ erzählen? Worum geht es dabei genau?
In den letzten Jahren haben die sogenannten Night Studies Anerkennung gefunden. Dabei handelt es sich um eine interdisziplinäre Untersuchung und Erforschung städtischer Nächte mit Beiträgen aus Kulturwissenschaften und Soziologie zur Geografie und Stadtplanung. Dabei besteht eine enge Verbindung zur öffentlichen Politik. Dieser Kurs fokussiert sich auf die visuelle Seite dieses neuen Feldes und untersucht visuelle Aspekte der modernen urbanen Nacht seit dem 20. Jahrhundert. Man konzentriert sich auf Fragen wie: Was macht die Nacht in der Stadt sichtbar?, Was ist in der Stadt nach Einbruch der Dunkelheit zu sehen? und Wie und von wem wird all dies in verschiedenen visuellen Medien dokumentiert und vorgestellt?. Ausgehend von Konzepten wie der Kolonisierung der Nacht, der Nacht als Grenze und den Nachtmenschen und Nachträumen werden wir die Art und Weise untersuchen, in der die städtische Nacht von verschiedenen visuellen Medien behandelt wurde. Der Schwerpunkt liegt auf visuellen Formen, die seit Beginn des 20. Jahrhunderts wichtige urbane Transformationen widerspiegeln und eine bedeutende Rolle haben. Von Architektur- und Lichtdesign bis zu Fotografie, Kino und bildender Kunst.
Was wollen Sie Ihren Studierenden mitgeben?
Die Studierenden sollten sich eine klare Vorstellung vom reichen Erbe, den großen Nuancen und den verschiedenen Arten nächtlicher Stadtvisualisierungen und -reflexionen der letzten hundert Jahre machen können. Wir werden typische Stile und die Ästhetik identifizieren, die in nächtlichen urbanen Visualisierungen, wie fotografischer Nocturne oder Film Noir, verwendet werden. Ich möchte sie auf eine visuelle Reise durch die Nachtstadt mitnehmen, damit sie Graffiti und Nachtklubarchitektur sehen. Sie werden mit der Arbeit der wichtigsten Nachtfotografen vertraut gemacht. Von Klassikern wie Brassai und Weegee bis zu zeitgenössischen wie Robert Frank und Daido Moriyama. Wir werden wichtige Nachtfilme analysieren, von experimentellen und Arthouse-Regisseur*innen, wie Chantal Akerman und Jim Jarmusch, bis hin zu Hollywood-Größen wie Walter Hill und Martin Scorsese. Ich möchte die Studierenden selbst zu Nachtflaneur*innen machen, damit sie die unzähligen Farben der Stadtnächte vom historischen Berlin der 1930er Jahre bis zum heutigen Tokio erleben.
Was ist Ihr persönlicher Bezug zu dieser Thematik?
Ich bin in erster Linie Kultur- und Medienhistoriker und darüber hinaus auch Teilzeitkurator. In den letzten Jahren habe ich mich mit Tanzkulturen aus den späten 1970ern und 1980ern beschäftigt, die sich während der Nacht entwickelt haben. Ich habe eine Ausstellung zu diesem Thema veranstaltet. Zusammen mit Flora Pitrolo von der Syracuse University London bin ich derzeit Mitherausgeber eines Sammelbandes über globale periphere Disco-Szenen, der hoffentlich dieses Jahr bei Palgrave MacMillan erscheinen wird. Dies war mein Ansatzpunkt zu den visuellen Kulturen der Nacht im sozialistischen Jugoslawien, die ich derzeit erforsche. Die Nächte im Sozialismus repräsentierten einen Grenzraum, in dem etwas Gefährliches, Geheimnisvolles, Aufregendes und Unorthodoxes passieren konnte, eine Art Territorium, in dem Vergehen und Übertretungen möglich waren.
Zur Person
Marko Zubak ist Historiker und Kurator. Er promovierte an der Central European University in Budapest. Derzeit ist er für das Croatian Institute of History in Zagreb tätig und lehrt an verschiedenen Universitäten. Seine Forschung und Lehre konzentrieren sich auf Populär-, Alternativ- und Jugendkulturen und Medien in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Osteuropa.