Das bröckelnde Heldentum der ersten Weltreisenden

Waren die großen Seefahrer und Eroberer einst Helden, wie blicken wir heute auf sie? Magdalena Mühlböck beschäftigt sich mit Postkolonialismus in der Gegenwartsliteratur und in Museen. Die Universitätsassistentin arbeitet dabei an der Schnittstelle zwischen Germanistik und Kulturwissenschaften.

1768 brach James Cook zu seiner ersten Reise durch den pazifischen Ozean auf. Den Auftrag dafür erhielt er von der britischen Krone. Seine Ziele waren, den Übergang der Venus auf Tahiti zu beschreiben und den von Kartographen angenommenen „riesigen Südkontinent“ zu entdecken. Beides sollte scheitern. Dennoch gelten die drei großen Weltreisen von James Cook als Auftakt zur britischen Kolonialisierung Ozeaniens und Australiens, die wenige Jahrzehnte später einsetzen sollte.

Magdalena Mühlböck, Universitätsassistentin am Institut für Germanistik, beschäftigt sich derzeit intensiv mit der Rezeption von James Cook in der Gegenwartsliteratur. Behilflich ist ihr dabei der Reisebericht von Georg Forster, der als Assistent des Naturwissenschaftlers James Cook auf seiner zweiten Weltreise begleitete. „Er liefert uns eines der wichtigsten Dokumente, die wir im deutschsprachigen Raum über die Reisen von James Cook haben“, berichtet Magdalena Mühlböck. Der Text wechselt dabei zwischen Fakten und Fiktion, bietet aber Einblicke, wie man die Arbeit von James Cook zu seiner Zeit einschätzte. Für ihre Arbeit möchte Magdalena Mühlböck nun wissen, wie man heute auf James Cook – in der Gegenwartsliteratur und in Museen – blickt: „Ich verbinde dabei die beiden Disziplinen und vergleiche die Erzählungen in der Literatur mit den Narrativen, die im Museum verarbeitet werden.“ Dabei handelt es sich um einen interdisziplinären Forschungsansatz zwischen Germanistik, Kulturwissenschaften und Kunstgeschichte.

„Der Blick auf James Cook hat sich in den letzten dreißig Jahren stark gewandelt“, erzählt uns Magdalena Mühlböck. Die Künste haben über zwei Jahrhunderte hinweg dazu beigetragen, ihn zum Helden, in dem mitunter Gottähnliches gesehen wurde, zu stilisieren. Der Kapitän hat mit seinen drei Weltreisen wesentlich dazu beigetragen, wichtige naturwissenschaftliche und astronomische Daten zu sammeln. Zeit seines Lebens galt er als hoch erfolgreich, obwohl er seine Ziele nicht immer erreichte, und schließlich auf Hawai ermordet wurde. „Seit den 1990er Jahren sehen wir James Cook anders. Ja, er war ein wichtiger Wissenschaftlicher, aber das Heldenhafte brauchte eine Revision, vor allem hinsichtlich des Umgangs mit Indigenen Gemeinschaften und der negative Einfluss auf den Kolonialismus.“

Wir fragen nach, wie man damals auf das Fremde und das Eigene blickte, wenn man in das Unbekannte aufbrach. Magdalena Mühlböck berichtet: „Es gibt nicht die eine Formel. Furcht war ein großes Thema, weil man nicht wusste, was einen erwarten würde. Aber auch Begeisterung und Faszination waren präsent, nicht nur, um die eigene Karriere voran zu treiben, sondern auch die exotisierten Bilder wirkten anziehend, beispielsweise von einer sexualisierten Weiblichkeit, die die Seefahrer auf den paradiesähnlichen Inseln Ozeaniens erwarten würde.“ Heute werden beispielsweise in Lukas Hartmanns Roman „Bis ans Ende der Meere“ und Judith Schalanskys Erzählung „Tuanaki“ auch die negativen Seiten der Expeditionen thematisiert. Gewalt und Misstrauen spielen dabei eine große Rolle.

Magdalena Mühlböck setzt mit ihrer Dissertation auf ihre an der Universität Salzburg abgeschlossenen Masterarbeit auf. Betreut wird sie von Barbara Neymeyr (Universität Klagenfurt), Werner Michler (Universität Salzburg) und Eva-Maria Troelenberg (Universität Düsseldorf). Die interdisziplinäre Perspektive ist Magdalena Mühlböck sehr wichtig: „Ich habe immer schon gerne gelesen, daher habe ich mich für das Germanistikstudium entschieden. Bald kam dann auch die Kulturarbeit dazu. Literatur und Kultur im Praktischen zu verbinden, ist ein lohnendes Feld.“ Entsprechende Berufserfahrung hat sie schon gesammelt, aber auch für die Zeit nach ihrer Anstellung als Universitätsassistentin kann sie sich sehr gut vorstellen, in dem Bereich wieder tätig zu sein: „Ich habe Freude daran, die Kulturlandschaft mitzugestalten. Das ist auch in kleineren Städten wie Klagenfurt oder Salzburg wichtig.“

Auf ein paar Worte mit … Magdalena Mühlböck



Was wären Sie heute, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin wären?
Malerin

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Meine Mutter hat sehr großes Interesse an meiner Arbeit und unterstützt mich.

Was machen Sie im Büro morgens als Erstes?
Lüften, To-do-Liste durchgehen und einen Kaffee trinken

Was bringt Sie in Rage?
Ungerechtigkeit

Was beruhigt Sie?
Gespräche mit Freund:innen und Kolleg:innen

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?
Die Arbeit macht meistens mit mir Urlaub.

Wovor fürchten Sie sich?
Irgendwo eingesperrt zu sein

Worauf freuen Sie sich?
Aufs Schwimmen im Wörthersee im Sommer