Sind Entscheidungen besser, wenn sie von vielen getroffen werden?

Was passiert, wenn strategische Entscheidungen nicht in den Führungsetagen, sondern von vielen Stakeholdern getroffen werden? Ali Banihashemi modelliert langfristige Auswirkungen von open strategy auf Unternehmen und Institutionen. Er ist dabei überzeugt: „Es wird in Zukunft unvermeidbar sein, auf offene Entscheidungsprozesse zu setzen.“

Üblicherweise sind Kund:innen, Mitarbeiter:innen oder gar Mitbewerber:innen von strategischen Unternehmensentscheidungen ausgeschlossen. Diese werden in der Regel in den Führungsgremien getroffen – egal ob in Unternehmen, in Institutionen oder in der Politik. Die open strategy bricht dieses Paradigma nun. Für den Preis der Transparenz und Öffnung erhalten diese Unternehmen höheres Innovationspotenzial und die Chance, führend bei disruptiven Marktentwicklungen zu sein, so die Grundidee. Ali Banihashemi, sein vollständiger Nachname lautet Banihashemiemamgheisi, ist Doktorand im Kolleg DECIDE (Decision-Making in a Digital Environment) und untersucht, wie sich eine open strategy auf die langfristige Entwicklung von solchen Unternehmen auswirkt.

„Wir wissen, dass Top-Manager:innen gar nicht so gut im Treffen von Entscheidungen sind“, stellt Ali Banihashemi fest, wenngleich diese oft das Gegenteil annehmen. So zeigen Studien, dass rund 70 Prozent der strategischen Entscheidungen gar nicht umsetzbar sind. Öffnet man den Entscheidungsprozess und bezieht Mitarbeiter:innen, Klient:innen und Kund:innen oder auch zufällige Personen der Öffentlichkeit mit ein, steigt die Chance, gute Entscheidungen zu treffen, die zu einer langfristigen Erhöhung der Performance führen.

Ali Banihashemi arbeitet quantitativ. Auf Basis von Fallstudien realer Unternehmen und Institutionen hat er ein Modell entwickelt, mit Hilfe dessen er in die Zukunft blicken möchte: „Ich möchte mit meinen Simulationen wissen, was mit Unternehmen, die auf open strategy setzen, in zehn bis zwanzig Jahren passiert.“ Dabei gilt es, viele Faktoren zu berücksichtigen: „Bei unseren Modellen wollen wir der Wirklichkeit möglichst nah kommen, soweit die Mathematik uns dies erlaubt. Wir wissen aber, dass dies immer nur beschränkt möglich ist: Auch Manager:innen handeln nicht immer rational, sie verfügen nicht über alle Informationen, oftmals wissen sie gar nicht, welche Informationen für sie relevant sein könnten.“

Gefragt danach, wie Ali Banihashemi seine eigenen Entscheidungen trifft, bezieht er sich auf Mark Zuckerberg oder Steve Jobs: Beide tragen so gut wie immer die gleiche Kleidung. Dies folgt der Idee, dass man bessere Entscheidungen trifft, wenn man sich auf möglichst wenige beschränkt. „Spart man sich also morgens die Entscheidung, welches Hemd man trägt und wie man das kombiniert, hat man mehr Energie für die wichtigeren Entscheidungen übrig“, erzählt er. Ali Banihashemi hat sich zum Ziel gesetzt, sich auf drei Entscheidungen pro Tag zu beschränken. Seine Entscheidung, für die Doktoratsstelle an die Universität Klagenfurt zu kommen, hat er per Münzwurf getroffen. „Als ich in Klagenfurt angenommen wurde, hatte ich eine gute Position in einem Unternehmen im Iran. Ich musste für das Abenteuer, in die Wissenschaft zu gehen, auch viel aufgeben und meine Komfortzone verlassen.“ Ali Banihashemi liebte schon in der High School die Mathematik. Danach absolvierte er ein Bachelorstudium in Elektrotechnik und erkannte: „Im Iran haben wir viele Ingenieur:innen. Was uns aber vielfach fehlt, sind umsichtige Manager:innen, die gute Entscheidungen treffen.“ Nach einer Zeit in der Praxis entschloss Ali Banhihashemi sich zu einem MBA-Programm. „Nach meinem Berufseinstieg stellte ich bald fest: Ich möchte mein Wissen vertiefen. Deshalb sah ich mich nach einer Doktoratsstelle um und bewarb mich weltweit auf entsprechende Positionen.“ Der Weg führte ihn dann nach Klagenfurt, wo das Thema, das Potenzial und die Methodologie seiner Vorstellung entsprachen. Sein weiterer Weg ist offen: Vielleicht wird in ein paar Jahren eine weitere Münze entscheiden, wo er sein Wissen umsetzen wird können.

 

Auf ein paar Worte mit … Ali Banihashemi



Was motiviert Sie, in der Wissenschaft zu arbeiten?
Freiheit, wie Spinosa sagte: “The highest activity a human being can attain is learning for understanding, because to understand is to be free.”

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Gute Frage! Ich werde versuchen, es meiner Mutter zu erklären.

Was machen Sie morgens als erstes?
Ich meditiere zehn Minuten lang.

Machen Sie richtigen Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?
Ja, ich denke, das ist essenziell, um die Balance im Leben zu halten. Die Natur ist Österreich ist toll und ich genieße es, im Freien unterwegs zu sein.

Was macht Sie wütend?
Nichts. Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte Mal wütend war 😊.

Und was beruhigt Sie?
Meditation! Ich versuche, meine innere Ruhe nicht von der Außenwelt abhängig zu machen.

Wovor fürchten Sie sich?
Die Angst ist für mich am unheimlichsten. Jede Dunkelheit hat ihre Wurzeln in der Angst. Die Lüge kommt aus der Angst vor der Wahrheit. Stress ist Angst vor der Zukunft. Die Angst vor dem Scheitern führt zur Prokrastination…

Worauf freuen Sie sich?
Vom Urlaub zurück zu kommen und im Wörthersee zu schwimmen