Innenraum eines Busses

Flexiblere Öffis für ländliche Gebiete: Fokusgruppen in den Regionen laufen seit Anfang Dezember

Während in den Großstädten U-Bahn, Straßenbahn und Busse im Minutentakt verkehren, heißt es am Land: Geduld haben! Flexible Mikro-Öffis sollen neue Angebote für die ländliche Bevölkerung ermöglichen. In Kärnten arbeitet man im Projekt MobiCar an neuen Lösungen.

Wohnen weniger Menschen auf dichtem Raum, gibt es weniger mögliche Nutzer*innen von öffentlichen Verkehrsmitteln. In solchen Fällen lohnt sich eine engmaschigere Taktung wirtschaftlich nicht, und das Öffi-Angebot wird unattraktiver. Diesem Teufelskreis will man in Kärnten nun mit dem Projekt MobiCar begegnen, das auf Mikro-ÖV-Lösungen (Öffentlicher Verkehr) setzt.

Mikro-ÖV soll individuell und ad hoc buchbar sein. Der Zubringerdienst zu bestehenden Bus- und Zughaltestellen dient der Überbrückung der sogenannten last mile, also dem letzten Stück Weg von oder bis zum Zielort. Eine Software soll dabei für die Fahrer*in des Kleinbusses immer die optimale Route errechnen, die auch weniger Emissionen bedeutet. „Ziel ist es, die Bedürfnisse des einzelnen Verkehrsteilnehmenden ins Zentrum zu rücken und gleichzeitig ein Angebot zu schaffen, das die Verkehrsemissionen nachhaltig reduziert“, so Stephanie Schasché, die das Projekt an der Abteilung für Nachhaltiges Energiemanagement koordiniert. Die Projektleitung liegt bei Robert Sposato (Abteilung für Nachhaltiges Energiemanagement) und Philipp Hungerländer (Institut für Mathematik). Involviert sind auch die Lakeside Labs GmbH. Die Finanzierung erfolgt aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie des Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds (KWF).

Stephanie Schasché untersucht im Projekt, wie solche neuen Mobilitätsangebote im ländlichen Raum gestaltet werden sollen, um die Akzeptanz der Nutzer*innen bestmöglich zu fördern. Ziel der Erhebung in unterschiedlichen ländlichen Regionen Kärntens, die derzeit läuft, ist es außerdem, realistische Daten für die Technologieentwicklung zur Verfügung zu stellen. Nur wenn diejenigen, die die Algorithmen entwickeln und simulieren, wissen, welche Bedürfnisse die Nutzer*innen haben, können diese in die Planung einfließen. Außerdem will das Forschungsteam auch herausfinden, welche Faktoren dabei unterstützen, dass öffentliche Verkehrsmittel in ländlichen Regionen benutzt werden, oder eben nicht.

Zur Zeit werden daher Fokusgruppen in ausgewählten Kärntner Gemeinden mit bestehenden Mikro-ÖV-Lösungen abgehalten. Mit dieser wissenschaftlich erprobten Methode wird beobachtet, wie sich im Rahmen der künstlich erzeugten sozialen Situation Meinungen zum Thema bilden und mit welchen Argumenten und Erklärungen diese vertreten werden. Somit liefern solche offen gehaltenen Gruppengespräche einen wertvollen Einblick in die tatsächliche Nutzung von Mikro-ÖV-Lösungen.

Bisher zeigt sich für Stephanie Schasché, dass in der Planung von Angeboten des Öffentlichen Verkehrs mehr Augenmerk auf den Kunden bzw. die Kundin gelegt werden sollte. Neben der nutzerorientierten Planung spielt der Zugang zu Informationen über den Service eine wesentliche Rolle. Sie räumt jedoch ein, dass eine bedarfsorientierte Planung, die gleichzeitig wirtschaftlich tragbar und ökologisch verträglich ist, hochkomplex ist. Lohnen würde sie sich jedenfalls: Schließlich wäre sie nicht nur für all jene, die auch am Land gerne ohne Auto mobil sein und bleiben möchten, ein Gewinn, sondern auch für die Gemeinde selbst.