Der braune Geruch des Kaffees: Doktorandin untersucht die Sprache der Gerüche

Können Sie ihn auch riechen, den brown smell of coffee oder den black smell of smoke? Julia Salzinger ist Doktorandin am Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Klagenfurt und untersucht für die englische Sprache, welche Ausdrücke wir benutzen, um Gerüche zu beschreiben.

„Bei uns sind Gerüche etwas, das wir zwar wahrnehmen, über das wir aber wenig sprechen. Oft versuchen wir, Gerüche zu vermeiden. Das sieht man auch in der Sprache“, so Julia Salzinger, die wir zum Interview online treffen. Julia Salzinger wohnt in Bochum in Deutschland und betreibt ihr Doktoratsstudium in Klagenfurt aus der Ferne. Für ihre Arbeit wurde sie aktuell mit dem Dissertationsstipendium der Fakultät für Kultur- und Bildungswissenschaften ausgezeichnet. Das Material, mit dem die Sprachwissenschaftlerin arbeitet, findet sie im Corpus of Contemporary American English, mit einer Milliarde Wörtern der größte Korpus des amerikanischen Englisch. Er beinhaltet alle Genres – von der gesprochenen bis zur akademischen Sprache, von Mediensprache bis zur literarischen Sprache. Dort sucht Julia Salzinger nach Adjektiven, die vor dem Begriff smell auftauchen, und wird nur beschränkt fündig.

„Die spezifisch für Gerüche verwendeten Adjektive sind im Englischen rar“, erklärt Julia Salzinger, und führt weiter aus: „Meist verwenden wir Begriffe wie sweet smell oder sour smell. Die Phrasen wurden bisher als synästhetische Metaphern beschrieben, allerdings würde das bedeuten, dass eine Übertragung von sensorischem Inhalt stattfinden müsste. Meine Forschung zeigt allerdings, dass keine Übertragung zu finden ist, sondern die Sinneswahrnehmungen parallel stattfinden, wie wir das vom Riechen und Schmecken kennen, und wir das sprachlich so zum Ausdruck bringen, indem wir es in einer Phrase verbinden.“ Die biologisch körperliche Verknüpfung zwischen den Sinnen findet dann auch sprachlichen Ausdruck. Wenn es um den brown smell of coffee geht, braucht es den Zusatz: Ein Geruch kann im Gegensatz zur optischen Wahrnehmung nicht braun sein, aber der Geruch des Kaffees ist weltbekannt.

Gefragt danach, ob alle Sprachen so arm an Adjektiven für Gerüche sind, erklärt Julia Salzinger: „Nein, das betrifft nicht alle Völker, weil manche mehr mit Gerüchen verbunden sind und diese dort eine größere Rolle spielen. Wenn man im Dschungel lebt und nicht weit in die Ferne blicken kann, fokussiert man sich eher auf Gerüche.“ Dass das Datenmaterial für das Englische eher karg ist, hat Julia besonders interessiert: „Mich interessiert, wie man etwas ausdrückt, wofür man kein Vokabular hat.“

Ihre Dissertation verfasst Julia Salzinger in ihrer Freizeit: „Ich mache das, weil ich das Thema spannend finde und wissen möchte, was am Ende dabei rauskommt.“ Beruflich ist sie an der Universität Bochum beschäftigt, wo sie die so genannten Sprachtandems für die MINT-Fächer betreut. Dabei geht es darum, Menschen in diesen Fächern miteinander ins Gespräch zu bringen, sodass diese – für sie passend – Sprachkompetenzen entwickeln. Außerdem unterrichtet sie fachspezifisches Englisch im Bereich Technik. An die Universität Klagenfurt brachte sie Alexander Onysko, Professor am Institut für Anglistik und Amerikanistik, der eine Weile an der Universität Bochum lehrte. Ihn hat sie für ihre Dissertation kontaktiert und in ihm einen Betreuer gefunden, „der das Thema, auch aus der Entfernung, toll unterstützt.“

Auf ein paar Worte mit … Julia Salzinger



Warum macht Ihnen Forschung Freude?

Weil man die Möglichkeit hat, sich intensiv mit einem Thema zu befassen, es von allen Seiten zu beleuchten, gerade bei linguistischer Forschung auf einmal ganz neue Nuancen oder Muster in der Alltagssprache entdeckt, die man zwar täglich benutzt, sich aber selten verdeutlicht. So erkennt man z. B., welche Macht Sprache haben kann, im Positiven wie im Negativen.

Was machen Sie im Büro morgens als erstes?

Kaffee oder Tee und E-Mails checken

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?

Ja, ich mache richtig Urlaub und denke dabei auch nicht an die Arbeit, aber als Linguistin stolpert man natürlich gerade auch in anderen Ländern immer wieder über interessante Sprachphänomene, die einen sofort begeistern.

Was bringt Sie in Rage?

Intoleranz und Ignoranz

Und was beruhigt Sie?

Musizieren, ich spiele seit vielen Jahren Bratsche in verschiedenen Ensembles.

Wer ist Ihnen ein Vorbild in der Wissenschaft?

Jede Person, die unabhängig von akademischem Grad und Titel, bereit ist, Kolleg:innen zu unterstützen und mit jungen Akademiker:innen genau so auf Augenhöhe spricht wie mit bereits Etablierten.

Wovor fürchten Sie sich?

Dem Erstarken der Rechten in vielen Teilen der Welt

Worauf freuen Sie sich?

Meine Kurztrips nach Klagenfurt. Auch wenn ich nicht dort wohne, fühlt es sich an wie eine zweite Heimat, da ich mich dort einfach sehr wohl fühle.