3D-Druckdateien statt Güter transportieren: Wie wirken sich neue Technologien auf Lieferketten aus?

Die Pandemie hat die optimierten weltweiten Supply Chains ins Wanken gebracht und die Grenzen von deren Leistungsfähigkeit aufgezeigt. Gleichzeitig hat die Digitalisierung einen neuen Schub erhalten. Zukünftig müssten Güter nicht mehr tausende Kilometer weit transportiert, sondern könnten überall mittels 3D-Druck gefertigt werden. Die neuen Technologien hätten umfassende Auswirkungen auf Lieferketten, so Maximilian Kunovjanek, der am Institut für Produktions-, Energie- und Umweltmanagement forscht.

„Unsere Supply Chains sind von global überspannenden Netzwerken mit vielen Akteuren und Hürden gekennzeichnet. Solche Systeme sind sehr komplex, aber auch sehr schlank gehalten. Kommt es wie bei der Pandemie zu einem Störfall, sind die Grenzen der Leistungsfähigkeit bald erreicht“, erklärt der Nachwuchswissenschaftler Maximilian Kunovjanek, der kürzlich sein Doktoratsstudium in Klagenfurt abgeschlossen hat.

Digitale Technologien können hier nur bedingt Hilfe leisten. Zwar gäbe es überall computergestützte Managementsysteme, die teilweise auch automatisiert miteinander kommunizieren. Steigen aber neue Akteure ein oder ändern sich die Bedingungen, braucht es recht viel Vorbereitungszeit, um neue Schnittstellen und Systeme in den Unternehmen aufzubauen. Im Rahmen seiner Dissertation hat sich Maximilian Kunovjanek mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf weltweite Lieferketten beschäftigt. Ein Aspekt dabei: Wie kann der 3D-Druck Lieferketten entlasten? Kunovjanek erläutert dazu: „Mit 3D-Druck können wir physische Güter digitalisieren. Theoretisch würde man nur noch die Datei verschicken. Das Produkt an sich könnte in Fabriken, die sich auf additive Fertigung spezialisiert haben, überall ausgedruckt werden.“ Damit einher gehen viele ökonomische, rechtliche und logistische Fragen: Wie verzollt man ein solches Gut? Wo findet die Wertschöpfung statt? Wer ist im Besitz des geistigen Eigentums? Wer ist für Fehler haftbar zu machen? Für Maximilian Kunovjanek sind insbesondere Fragen der Logistik, beispielsweise nach den Auswirkungen auf Lagerbestände, interessant.

Maximilian Kunovjanek erinnert an das Frühjahr 2020: „Als medizinische Geräte wie Beatmungsgeräte knapp waren, haben beispielsweise Unternehmen aus der Automobilbranche solche Geräte hergestellt. Diese neuen Fertigungstechniken ermöglichen eine hohe Flexibilität und schnelle Reaktionsfähigkeit.“ Auch die Effekte auf die Umwelt seien positiv, so würde man weniger Überschuss produzieren, könnte bereits Produziertes leichter recyclen und spare insgesamt beim weltumspannenden Transport ein.

Maximilian Kunovjanek hat in Chile und Spanien Auslandssemester verbracht, bei Siemens in China gearbeitet, war mit dem Bundesheer auf drei Auslandseinsätzen und ist bereits zu mehreren Weltreisen aufgebrochen. Supply Chain Management gehört zu den internationalsten Themen der Betriebswirtschaftslehre. Für Kunovjanek war es daher schlüssig, dass er sich gerade in diesem Feld spezialisieren wolle. Wir fragen bei ihm nach, ob er der Funktionsfähigkeit der Lieferketten vertraut und erfahren: „Die globale Arbeitsteilung hat entscheidende Vorteile: Wenn jeder das macht, was er gut kann, und wir dann Güter und Dienstleistungen austauschen, haben am Ende alle mehr. In Europa muss man sich aber auch fragen, inwiefern das mit einem Kompetenzverlust einhergeht, der auch bedrohlich werden kann. Wenn man nur auf eine Quelle vertraut, geht man ein höheres Risiko ein. Da wäre es besser, mehrere Ressourcen zur Verfügung zu haben.“ Selbst hat Maximilian Kunovjanek kein Vorratslager im Keller, wie er uns verrät: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt mehr Klopapier als sonst gekauft. Bei mir steht nur die Tauch-, Kletter- und Schiausrüstung im Keller.“

Auf ein paar Worte mit … Maximilian Kunovjanek



Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftler geworden wären?
Wohl am ehesten Supply Chain Manager, dieses Gebiet finde ich sehr spannend.

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Ja, insbesondere meine Mutter ist wissenschaftlich sehr interessiert.

Was machen Sie im Büro morgens als Erstes?
Versorgt mit einem Kaffee lese ich gerne in der Früh die eher komplizierten wissenschaftlichen Paper.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?
Jain, ich mache definitiv richtig Urlaub, aber gerade ein langer Flug oder eine lange Zugfahrt laden doch zum gedanklichen Entwickeln neuer Ideen ein.

Was bringt Sie in Rage?
Ich gerate nicht in Rage.

Und was beruhigt Sie?
Sport und natürlich Menschen, die mir wichtig sind.

Wer ist für Sie der*die größte Wissenschaftler*in der Geschichte und warum?
Ich würde sagen Albert Einstein, insbesondere weil er Dinge theoretisch vorhersagte, welche dann erst Jahre und Jahrzehnte später empirisch belegt werden konnten. Als Jugendlicher hat mich aber auch der Entdeckerdrang von Hans Hass und Jacques Cousteau sehr beeindruckt.

Wovor fürchten Sie sich?
Furcht in dem Sinne empfinde ich zu selten, um darüber etwas zu sagen, aber im Moment mache ich mir schon Gedanken darüber, ob unser gesellschaftliches und wirtschaftliches System all die Herausforderungen unbeeinträchtigt überstehen wird.

Worauf freuen Sie sich?
Zeit mit mir lieben Menschen, erfolgreiche Publikationen, sportliche Leistungen und die nächste schöne Reise.