Katastrophenmanagement in der „Coronavirus-Krise“


Die Coronavirus-Krise fordert ein effizientes Katastrophenmanagement und einen gut überlegten Ablauf aller Einsatzorganisationen, um Panik zu vermeiden. Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler Christian Wankmüller forscht zu Katastropheneinsätzen und humanitärer Logistik. Im Interview spricht er über die aktuelle Situation in Österreich und einer effizienten Maßnahmenplanung.

Dieses Interview wurde am 12. März 2020 geführt und am 13. März veröffentlicht.

Herr Wankmüller, wie geht es Ihnen dieser Tage?

Danke, ganz gut. Vor allem ist für mich anhand der Realität interessant zu beobachten, welche Maßnahmen die Bundesregierung setzt, wie sie diese umsetzt werden und mit welchen Auswirkungen.

Haben wir eine solche Situation schon jemals gehabt?

Diese Frage habe ich mir heute auch schon gestellt. Nein, ich kann mich nicht daran erinnern. Was wir in Österreich primär in der Vergangenheit zu bewältigen hatten, waren Naturkatastrophen, wie beispielsweise Überflutungen. Der Umgang mit einer Epidemie, und jetzt Pandemie, ist eine neue und herausfordernde Situation für alle Österreicher*innen, Politik und Einsatzorganisationen.

Dafür gibt es sicher fertige Krisenpläne in der Schublade. Aber kann man sich auf diese Situation überhaupt vorbereiten?

Natürlich, solche Krisenpläne gibt es grundsätzlich vom österreichischen Krisen- und Katastrophenmanagement. Ein Zusammenspiel aller Akteur*innen auf oberster Ebene ist essenziell, ebenso der ständige Kontakt mit den Einsatzorganisationen. Für die neue Bundesregierung bedeutet diese „Krise“ sozusagen eine „Feuertaufe“.

Was kann man tun, damit die Katastropheneinsätze, wie sie sie derzeit mit dem Coronavirus vorliegen, geordnet ablaufen?

Damit in der akuten Phase einer Krise alles reibungslos funktioniert, ist es wichtig, dass die Vorbereitungsmaßnahmen gut effizient eingeführt und umgesetzt werden. Wir sind derzeit in Österreich noch in der Situation, diese Vorbereitungsphase zu nützen und gut vorzubereiten. Denn so kann die Akutphase einer Krise besser bewältigt werden. Meiner Einschätzung nach lässt sich die Vorbereitungsphase derzeit gut händeln und die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen wurden zum richtigen Zeitpunkt gesetzt. Wenn es zu spät ist, wie wir in Italien gesehen haben, dann sind wir bereits mitten in der direkten response-Phase – der Bewältigungsphase – und diese Maßnahmen sind dann meist zu spät. Auch diese radikalen Maßnahmen, die in Italien umgesetzt werden, haben nicht mehr diese Wirkung, die sie eigentlich haben sollten.

Was erachten Sie als besonders wichtig, um rasch Maßnahmen umzusetzen und der Öffentlichkeit zu kommunizieren?

So wie es die Bundesregierung derzeit umsetzt, nämlich dezentral, ist meiner Meinung nach der richtige Weg. Expert*innen werden hinzugezogen und die gemeinsam getroffenen Entscheidungen im Rahmen von Pressekonferenzen vom Bundeskanzler präsentiert. Jeder Experte gibt Informationen aus seiner Sichtweise. Aktuelles Wissen wird ständig innerhalb der Bundesregierung ausgetauscht und zudem finden tägliche Meetings und stündliche Updates aller Gremien statt. Gerade in dieser unsicheren Zeit ist eine lückenlose und rasche Information wichtig.

Und trotzdem hat man das Gefühl, nicht zu wissen, was passieren wird.

Ja, das stimmt. Für uns ist das alle eine neue Situation. Andere Disziplinen sind gefragt, um die Gefährlichkeit des Coronavirus einzuschätzen. Was aus der Katastrophenlogistik eingebracht werden konnte, ist teilweise schon geschehen. Das Virus kann nun nicht mehr eingedämmt werden, aber sehr wohl eine Verlangsamung der exponenziellen Ausbreitung durch Maßnahmen erzielt werden. Es wird alles getan, um das Gesundheitssystem nicht komplett zu überlasteten. Es sind konkrete Maßnahmen gesetzt und sachlich kommuniziert worden. Es gibt keinen Grund dafür, Panik und Ängste zu schüren.

 

Zur Person

Christian Wankmüller arbeitet seit 2019 als Postdoc-Wissenschaftler an der Abteilung für Produktionsmanagement und Logistik. Er war Doktorand im Doktoratsprogramm „Modeling, Simulation and Optimization in Business and Economics“. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Katastrophenlogistik, im Supply Chain Management und in Trends der Digitalisierung im Produktionsbereich. Er erhielt den Staatspreis (Award of Excellence) für seine Dissertation zur Ergründung für Effizienzverluste in der Katastrophenlogistik.

Wankmüller Christian | Foto: aau/photo riccio