Grundstücks- und Mietpreissteigerungen in der Zweiten Reihe: Studie vergleicht Wohnungsmarktentwicklung in den Brandenburger Städten Fürstenwalde (Spree) und Neuruppin

Was passiert am Wohnungsmarkt außerhalb der Großstädte, wenn diese Städte wieder wachsen? Und welche Strategien können Kommunen nutzen, um leistbare Angebote für alle Bewohner*innen bereitzuhalten? In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift „Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie“ ist ein Beitrag zu den Entwicklungen auf den Wohnungsmärkten in Brandenburgs Städten der zweiten Reihe erschienen. Der Aufsatz trägt den Titel „Sprung in die zweite Reihe? Zu den lokalen Bedingungen rent gap-getriebener immobilienwirtschaftlicher Aufwertung in Brandenburgs Mittelstädten“ und wurde von Richard Bůžek (Institut für Geographie der Universität Münster) und Michael Mießner (Institut für Geographie und Regionalforschung der Universität Klagenfurt) verfasst.

Der Beitrag zeigt an den Beispielen Fürstenwalde (Spree) und Neuruppin, wie die lokalen Wohnungsmarkt- und Wirtschaftsstrukturen sowie lokalpolitische Entwicklungen die Ausbreitung von Immobilieninvestitionen aus der Hauptstadt Berlin in weiter entfernte Brandenburgische Mittelstädte beeinflussen.

Auf dem Fürstenwalder Wohnungsmarkt hat sich die Lage trotz der deutlich besseren Anbindung an Berlin und der Nähe zum BER-Flughafen (siehe Abbildung, Link unten) in den letzten 5 Jahren kaum angespannt. Die Gründe dafür sind eine vergleichsweise hohe Leerstandsquote, ein Bevölkerungszuzug von weniger zahlungskräftigen Klientel sowie insbesondere eine städtische Liegenschaftspolitik, die auf lokale Eigentümer*innen abzielt und nicht renditemaximierend ausgerichtet ist. Die Entwicklungen auf dem Neuruppiner Wohnungsmarkt haben hingegen eine deutlich stärkere Dynamik. Das liegt unter anderem an dem geringeren Leerstand, einem stärkeren Bevölkerungszuzug sowie der zunehmenden Investitionstätigkeit von überregionalen Investoren in der Stadt.

Aufgrund dieser lokalen Bedingungen, sind auch die Angebotsmietpreise für Wohnungen unterschiedlich stark gestiegen (siehe Tabelle 1, Link unten). In Fürstenwalde stiegen diese zwischen 2012 und 2019 um knapp 27% auf 6,96€/m² während sie in Neuruppin im gleichen Zeitraum deutlich stärker, um ca. 48%, auf mittlerweile 7,60€/m² anwuchsen. „Steigende Mieten sind zwar ein Indikator für die Attraktivität des städtischen Wohnungsmarktes, bergen jedoch die Gefahr, dass das Wohnen für einkommensärmere Bevölkerungsgruppen nicht mehr leistbar ist“, betont Richard Bůžek. Die aktuellen Entwicklungen in Großstädten wie Berlin machen darüber hinaus ein zweites Problem steigender Mieten deutlich. Häufig führen sie zu Verdrängung und sozialräumlicher Entmischung.

Deshalb ist beiden Autoren wichtig, diese Gefahr nicht zu unterschätzen und die bislang im Vergleich zu Berliner Umlandgemeinden moderat ausfallenden Preissteigerungen schon jetzt in der kommunalen Stadtentwicklungspolitik zu berücksichtigen und somit langfristig eine sozial-gerechte Wohnraumversorgung für alle Bevölkerungsschichten sicherzustellen. Das Beispiel der Stadt Neuruppin, wo mit dem Konzept der Stadt der kurzen Wege eine sinnvolle Strategie der Innenentwicklung zur Bereitstellung von Infrastrukturen verfolgt wird, zeigt, dass dies den Nachteil einer Angebotsverknappung von (Bau-)Flächen mit sich bringen kann. In Fürstenwalde dagegen orientierten sich kommunale Grundstücksveräußerungen bis 2018 am lokalen Kauftkraftniveau, um bezahlbares Bauland für ortsansässige Käufer*innen zur Verfügung zu stellen, anstatt auf eine überregionale Vermarktung mit erwartbar höheren Preissteigerungen zu setzen.

„Nicht nur in Großstädten, sondern auch in kleineren Kommunen sollten wirksame Instrumente der Stadtentwicklungspolitik stärker eingesetzt werden, um Boden- und Mietpreissteigerungen und damit sozialer Verdrängung langfristig vorzubeugen“ erläutert Michael Mießner. Dazu zählen zum Beispiel das Erbbaurecht bei der Veräußerung städtischer Liegenschaften, eine langfristige Bodenpolitik, die mit Instrumenten wie der Bodenbevorratung und Bodenfonds arbeitet, aber auch eine Quotenregelung für bezahlbaren Wohnraum in Neubauprojekten. Mit den richtigen Kriterien untersetzt, können aber auch Konzeptvergaben ein sinnvolles bodenpolitisches Instrument sein.

Besondere Bedeutung für den richtigen Einsatz dieser und anderer Instrumente kommt der Kommunalpolitik zu. Sie sollte langfristige Ziele formulieren, wie Miet- und Bodenpreissteigerungen verhindert werden können, an denen sich die kommunale Stadtentwicklungspolitik orientieren kann. „Eine so ausgerichtete Kommunalpolitik, dürfte in besonderem Maße geeignet sein, das Wachstum in Brandenburgs Städten der zweiten Reihe nachhaltig zu gestalten, indem die Stadtentwicklung sich an den Bedürfnissen aller, aber insbesondere einkommensarmer und marginalisierter Bevölkerungsgruppen ausrichtet. Somit können die Zweite-Reihe-Städte langfristig für ihre Bürger*innen und potentiellen Zuzügler*innen als attraktive und lebenswerte Wohnorte erhalten werden“, schließt Michael Mießner.

Der wissenschaftliche Aufsatz steht hier kostenlos zum Download zur Verfügung: https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/zfw-2020-0008/html

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