Erhöhter Reflexionsbedarf durch Wandel der Medien: Interdisziplinäres Zentrum für Medienethik gegründet

Eine Gruppe internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hat am 10. Dezember 2015 in Wien das Interdisziplinäre Zentrum für Medienethik (IMEC) gegründet. Die Forschungs- und Beratungseinrichtung will sich mit Fragen der Ethik in der mediatisierten Welt beschäftigen und den aktiven Austausch mit MedienpraktikerInnen und MedienpolitikerInnen suchen. Larissa Krainer ist ihre erste Sprecherin.

Mediatisierung ist ein Begriff, der unsere moderne Mediengesellschaft kennzeichnet. Gemeint ist damit die Durchdringung sämtlicher Lebensbereiche durch Medien. Kennzeichen dieses Prozesses sind eine Entzeitlichung von Kommunikation (der Abstand, in dem Ereignisse stattfinden und in Medien wiedergegeben werden, ist aufgrund der Potenziale mobiler Kommunikationstechnologien gegen Null geschrumpft), eine Enträumlichung von Kommunikation (Echtzeitberichterstattung und permanente Information) und die enorme Vervielfältigung von Kommunikation. „Während früher noch weitgehend klar war, wer die Produzentinnen und Produzenten medialer Inhalte sind (nämlich Journalistinnen, Fotografen und so weiter), hat sich das im Zeitalter des Internets gravierend verändert: Alle Menschen, die Zugang zum Netz haben, sind in der Lage, Inhalte an Massen zu verbreiten. Das hat einen völlig neuen Bedarf an ethischer Reflexion und Bildung erzeugt“, sagt Larissa Krainer, Expertin für Medienethik an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt und Sprecherin des Zentrums.

Mit den neuen ethischen Herausforderungen durch die Veränderung der Kommunikationstechnologien, die viele Potenziale (grenzenlose Vernetzung, günstige Kommunikation, mehr Partizipation), aber auch Risiken (erhöhter Geschwindigkeitsdruck, Datenschutz, Hass-Postings etc.) mit sich gebracht hat, wird sich nun ein Kreis renommierter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auseinandersetzen. Dabei sollen verschiedene Disziplinen zu Wort kommen, die sich alle mit dem Phänomen befassen bzw. davon betroffen sind, wie etwa Medien- und Kommunikationswissenschaft, Philosophie, Soziologie, Politikwissenschaft oder Ökonomie. Weiterhin aktuell bleiben darüber hinaus natürlich auch alle bisherigen Themenstellungen, mit denen sich die Medienethik befasst (Produktionsethik, Rezeptionsethik, Werbeethik, Bildethik etc.).

Das Interdisziplinäre Zentrum für Medienethik (Interdisciplinary Media Ethics Center – IMEC) möchte in einem Expertenpool Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus verschiedenen Fächern versammeln und mit Medienpraktikern kooperieren. Larissa Krainer (Alpen-Adria Universität Klagenfurt) wurde im Rahmen der Gründungsveranstaltung an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften zur ersten Sprecherin gewählt. Michael Litschka (FH St. Pölten) übernimmt die Rolle des zweiten Sprechers. Ein Advisory Board sorgt für die wissenschaftliche Qualitätssicherung. Ihm gehören unter der Leitung des deutschen Medienphilosophen Matthias Rath (PH Ludwigsburg) auch Matthias Karmasin (Österreichische Akademie der Wissenschaften/Alpen-Adria-Universität Klagenfurt), Friedrich Krotz (Universität Bremen) und Tobias Eberwein (Österreichische Akademie der Wissenschaften/Alpen-Adria-Universität Klagenfurt) an.