Irina Andreitz | Foto: aau/Müller

Was Lehrkräfte motiviert, sich fortzubilden

Die Psychologin Irina Andreitz forscht am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung zur Fortbildungswahlmotivation von Lehrkräften. Damit möchte sie mehr Licht in das weitreichende Dunkel rund um die Fortbildungsaktivitäten von Lehrerinnen und Lehrern in Österreich bringen.

„In Österreich weiß man – empirisch basiert – über die Fortbildung von Lehrkräften sehr wenig“, erklärt Irina Andreitz. Es sei zwar so, dass mit der jüngsten Reform des Dienstrechts eine Fortbildungspflicht für alle Lehrkräfte in Österreich per Gesetz verordnet ist. Diese betrifft mittlerweile Lehrerinnen und Lehrer aller Schultypen, aber nur jene, die seit Bestehen des neuen Dienstrechts neu in das System eintreten. Seither gebe es, wie Andreitz erzählt, zwar die Nachweispflicht einer bestimmten Stundenanzahl, was aber genau gemacht wird, sei sehr vage definiert und werde kaum erhoben. Für die Psychologin sei es, wie sie berichtet, durchaus lohnend, mehr darüber zu wissen, für welche Programme bzw. Kurse sich Lehrkräfte entscheiden, warum sie das tun und mit welchen Wirkungen dies einhergeht. In ihrer aktuellen Arbeit fokussiert sie auf das „Warum“, denn, „die Verordnung per Gesetz allein garantiert nicht die gewünschten Effekte“. Für Andreitz macht es also einen großen Unterschied, in welchem Maß sich jemand selbstbestimmt motiviert für eine Fortbildung entscheidet. Konkretisierend führt sie aus: „Ich möchte nicht nur wissen, aus welchen Gründen die Lehrerinnen und Lehrer teilnehmen, sondern auch, inwiefern sich in diesen Gründen eine gewisse qualitative Struktur abbilden lässt.“

Am Institut für Unterrichts- und Schulentwicklung findet sie dafür eine ideale „Forschungsinfrastruktur“ vor, ist das Institut doch ein großer Anbieter berufsbegleitender Fortbildungsangebote in der österreichischen Lehrerbildungslandschaft. Mittlerweile gibt es seit rund 35 Jahren die (meist) viersemestrigen Universitätslehrgänge „Pädagogik und Fachdidaktik für LehrerInnen“, aktuell für Mathematik, Deutsch, Naturwissenschaften und Grundschule. Die teilnehmenden Lehrerinnen und Lehrer hat Irina Andreitz in einem ersten Schritt mittels Fragebogen nach deren Motivation befragt, um der qualitativen Struktur auf den Grund zu gehen. Zur Vertiefung hat sie im Anschluss Interviews geführt. „Damit wollte ich gerne herausfinden, wie sich die Motivationsformen in der Realität der Lehrkräfte bzw. in deren subjektiver Wahrnehmung konkret äußern. Außerdem möchte ich aufzeigen, welche unterstützenden und hemmenden Faktoren es gibt, die dafür verantwortlich sind, dass sich qualitativ hochwertige Formen von Fortbildungswahlmotivation ausbilden.“

Fragt man Irina Andreitz danach, wie es denn nun um die Fortbildungsmotivation des durchschnittlichen österreichischen Lehrers bestellt ist, relativiert sie: „Meine Stichprobe ist selektiv. Diese Lehrkräfte haben sich für einen aufwändigen, zeitlich umfangreichen Lehrgang entschieden. Die Motivation jener Lehrkräfte, die sich im Rahmen ‚traditionellerer‘ Fortbildung engagieren, untersuche ich aber bereits in einem Folgeprojekt.“ Für diejenigen, die an den PFL-Lehrgängen teilnehmen, ließe sich jedoch sagen, dass sie überwiegend selbstbestimmt motiviert sind. Für Andreitz reicht dabei die Unterscheidung zwischen „intrinsischer“ und „extrinsischer“ Motivation nicht, sondern die von ihr verwendete Theorie sieht Abstufungen nach dem Grad der Selbstbestimmung vor, denn: „Es macht einen Unterschied, ob man sich von außen gezwungen fühlt, sich selber zwingt oder ob man etwas wirklich aus purer Freude oder Neugier macht.“ Die Fragebogenerhebung hatte zum Ergebnis, dass die Lehrkräfte in diesem Lehrgang stark selbstbestimmt motiviert sind, die Interviews zeigten dann aber auch häufig Widersprüche auf. Für die Erklärung der Motivationsstruktur brauche es, so Andreitz, die Kombination qualitativer und quantitativer Methoden, um möglichst viel abzudecken.

Irina Andreitz möchte ihre Untersuchungen und Auswertungen bis Mitte 2018 fertiggestellt haben und dann ihr Doktorat abschließen. Was sie selbst motiviert? „Der Beruf des Lehrers bzw. der Lehrerin ist wie kaum ein anderer an der Gestaltung unserer gesellschaftlichen Zukunft beteiligt. Mehr darüber zu wissen, wie, warum und mit welchen Effekten sich Lehrkräfte fortbilden, ist für mich daher sehr spannend.“ In diesem Umfeld bestehe viel unbeackertes Forschungsland, das Andreitz auch weiter beleuchten möchte.

Auf ein paar Worte mit … Irina Andreitz

Was würden Sie jetzt machen, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären?

Als Provinzjournalistin arbeiten.

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?

Meistens.

Was machen Sie im Büro morgens als erstes?

Morgensport (3. Stock Sterneckstraße, kein Lift)

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an die Arbeit zu denken?

Eigentlich nicht. Ich empfinde das aber nicht als Belastung.

Was bringt Sie in Rage?

Verpasste Gelegenheiten.

Und was beruhigt Sie?

Die Überzeugung, dass es noch weitere geben wird.

Wer ist für Sie die größte WissenschaftlerIn in der Geschichte und warum?

Sorry, diese Frage ist mir zu kompetitiv.

Wovor fürchten Sie sich?

Vor dem Abschluss meiner Dissertation.

Worauf freuen Sie sich?

Auf den Abschluss meiner Dissertation.