Niklaus Wirth | Foto: KK

Pionier der Informatik & Erfinder der Programmiersprache „Pascal“ besucht die Alpen-Adria-Universität

Am Montag, 12. Juni 2017, wird einer der bedeutendsten Computerwissenschaftler aller Zeiten, Niklaus Wirth, an der Alpen-Adria-Universität einen Vortrag mit dem Titel „Die Evolution von Programmiersprachen und Computerarchitekturen in den vergangenen 50 Jahren“ halten. Dabei spricht er zu den Fragen: „Was macht Programmiersprachen hochwertig, und was verursacht krebsartiges Wachstum und überwältigende Komplexität? Stecken wir in Software-Monstergebilden fest oder ist eine solide, einfache Entwicklung noch möglich?“

Das leitende Prinzip von Niklaus Wirths Arbeit ist ein Ausspruch von Albert Einstein: „Man soll die Dinge so einfach wie möglich machen, aber nicht einfacher.“ Diesem Motto getreu ist sein wissenschaftliches Werk von der Erfindung möglichst einfacher, in seinem Sinne effizienter, also eleganter, Programmiersprachen geprägt. Ende der Sechziger Jahre kam die Entwicklung der Programmiersprachen zu einer Krise. Einerseits wurden in der Praxis Programmiersprachen weitverbreitet benutzt, deren theoretische Grundlagen mangelhaft waren (wie FORTRAN und Cobol). Andererseits hat sich eine übertheoretisierte Richtung Programmiersprachen entwickelt, die zwar über eine gewisse mathematische Schönheit verfügten, praktisch aber fast unbrauchbar waren (wie Algol 68). In dieser Zeit hat Wirth mit seiner Programmiersprache Pascal den goldenen Mittelweg gefunden. Pascal hat strikte syntaktische und semantische Kontrolle mit großer Flexibilität durch rekursive Typkonstruktoren kombiniert. Damit wurde Pascal zu einem der einflussreichsten Werkzeuge der Informatik.

Es folgten weitere bedeutende Programmiersprachen, wie Modula – mit Schwerpunkt auf Modularisierung; Oberon –  mit verblüffend einfachen Konzepten von Objektorientierung, die gleich auch in einem gleichnamigen Betriebssystem umgesetzt wurden; sowie LOLA – eine äußerst elegante Sprache für Hardware-Design.

Niklaus Wirth, geboren 1934 in Winterthur (Schweiz), schloss 1959 sein Studium des Elektroingenieurwesens an der ETH Zürich ab. Danach ging er an die Université Laval in Kanada und später an die University of California in Berkeley, wo er 1963 promovierte. Es folgten Assistenzprofessuren an der Stanford University und der Universität Zürich sowie eine Rückkehr an die ETH, wo er bis 1999 als Professor für Informatik lehrte und forschte. Die Jahre 1976 bis 1977 sowie 1984 bis 1985 verbrachte er im Palo Alto Research Center (PARC) von Xerox – damals jahrelang eines der leitenden Innovationszentren der Informatik. Im Anschluss an diese Studienaufenthalte baute er die Computersysteme Lilith (1980) und Ceres (1986) sowie die zugehörigen Betriebssysteme (Medos und Oberon) – eine der ersten Personal Computer, die mit der Idee, auf dem Schreibtisch von jedermann zu stehen, geschaffen wurden. Steve Jobs baute erst vier Jahre nach Niklaus Wirths Lilith seinen Macintosh, mit dem er später Weltruhm und Milliardengewinne einfahren sollte.

Niklaus Wirth veröffentlichte über zehn Bücher und unzählige wissenschaftliche Beiträge. Für einige Jahre war er der am meisten zitierte Computerwissenschaftler der Welt. Er erhielt praktisch alle Preise, die es für einen Informatiker zu erlangen gilt, unter anderem den „Turing Award“, der als „Nobelpreis für Informatiker“ gilt. Er ist dem Institut für Informationstechnologie an der Alpen-Adria-Universität über den dort lehrenden Laszlo Böszörmenyi verbunden, der mit ihm gemeinsam geforscht hat.

Im Vortrag am Montag, 12. Juni 2017 (16:00 Uhr, Hörsaal 1) wird Niklaus Wirth die Entwicklung von Programmiersprachen und Computerarchitekturen ausgehend von Algol rekonstruieren und über den Einfluss dieser Vorläufer auf heutige Standards sprechen. In einem Interview sagte er: „Ingenieure sollten ökonomisch und effizient arbeiten. Doch da Rechenleistung und Speicher heute beinahe unendlich verfügbar sind, werden diese Ressourcen verschwendet. Elegantes Programmieren hat seine Bedeutung verloren.“ Er will auch in seinem Vortrag an der AAU derartige Frage stellen: „Was macht Sprachen hochwertig, und was verursacht krebsartiges Wachstum und überwältigende Komplexität? Stecken wir in Monstergebilden fest oder ist eine solide, einfache Entwicklung noch möglich?“

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