Commencement Speech: „Bleiben Sie Mensch“
Bei den Akademischen Feiern der Universität Klagenfurt am 17. Oktober 2025 hielt der Intendant des Stadttheaters Klagenfurt, Aron Stiehl, die diesjährige Commencement Speech. Die Universität Klagenfurt folgt mit diesen Reden einer US-amerikanischen Tradition: Herausragende Persönlichkeiten sind eingeladen, den Absolvent:innen ihren Werdegang und ihre Perspektiven auf die Welt zu schildern. Aron Stiehl, österreichisch-deutscher Opernregisseur und seit 2020 Intendant des Stadttheaters Klagenfurt, verband in seiner Rede persönliche Erfahrungen mit einem eindringlichen Appell an Humanität, Offenheit und Verantwortung in einer zunehmend polarisierten Welt.
Mit feinem Humor und pointierten Gedanken schlug Stiehl in seiner Rede den Bogen von der Bühne zur Welt; und lud die Absolvent:innen zu einer Reflexion über die Herausforderungen unserer Zeit ein. Die Menschen, so Stiehl, lebten zunehmend „in Bubbles“, ohne wirklich miteinander zu sprechen. Diese gesellschaftliche Abschottung sei gefährlich, weil sie das Gemeinsame zerstöre und extreme Positionen verstärke.
In eindringlichen Worten warnte Stiehl vor den Gefahren des Populismus, der Wissenschaftsfeindlichkeit und der Einschränkung künstlerischer Freiheit: „In Amerika, in Ungarn und auch in Europa sehen wir Kräfte, die Hass verkünden, die Demokratie und die Wissenschaft unterwandern.“ Zugleich erinnerte er an das Privileg, in einem demokratischen Rechtsstaat zu leben, und an die Verantwortung, die damit einhergeht: „Sie haben eine Verantwortung in einer Demokratie – und das Wichtigste ist selbstständiges Denken.“
Mit Verweisen auf die Kunst und die Oper – insbesondere Richard Wagners Tristan und Isolde – illustrierte Stiehl, wie eng Leben, Liebe und Sinnsuche miteinander verwoben sind. Macht, Ehre und Ruhm, so seine Botschaft, dürften niemals über die Liebe und das Menschsein gestellt werden. „Bleiben Sie Mensch und seien Sie offen für andere Menschen“, appellierte er an die Absolvent:innen. In Anlehnung an die kürzlich verstorbene Zeitzeugin Ceija Stojka erinnerte er daran: „Es gibt nur menschliches Blut – kein christliches, jüdisches oder muslimisches. Wir sind alle Menschen.“
Stiehl schloss mit einem leidenschaftlichen Plädoyer für Neugier, Kultur und die lebenslange Suche nach Sinn: „Die Menschen, die nicht auf der Suche bleiben, sterben vorher. Es macht uns Menschen aus, dass wir Kultur haben und nicht nur aus Materie bestehen.“ Mit einem Augenzwinkern und einer Einladung ins Theater endete seine Rede so, wie sie begonnen hatte – mit einem herzlichen Applaus für die Absolvent:innen und einem Appell, das Leben mit Leidenschaft, Offenheit und Menschlichkeit zu gestalten.
Die vollständige Rede von Aron Stiehl kann in voller Länge hier nachgesehen werden.













