Evamaria Russ | Foto: aau/Waschnig

Vom Respekt vor der Mathematik, der vielleicht fundamentalsten aller Wissenschaften: sub auspiciis Promotion für Evamaria Russ

„Der Universität und der Wissenschaft gehört meine Liebe“, so Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Rahmen der promotio sub auspiciis, die heute zu Ehren der Mathematikerin Evamaria Russ an der Alpen-Adria-Universität stattfand. 

Leider ließe sich wahrhaftige Dankbarkeit in Worten nicht ausdrücken, zitierte die geehrte Promovendin zu Beginn ihrer Rede Johann Wolfgang von Goethe. Dankbar sei sie nicht nur ihrer Familie, ihren Freundinnen und Freunden sowie ihren akademischen Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern, sondern auch der Alpen-Adria-Universität, der sie ein Leben lang verbunden bleiben wolle: „Das hier gewonnene Wissen wird mich begleiten, Anleitung und Stütze sein, mein Leben lang.“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der aus Anlass der akademischen Feier an die Alpen-Adria-Universität kam, blickte in seiner Rede auf über 30 Jahre zurück, die er an Universitäten verbracht hat. Ihm habe für eine so außerordentliche akademische Leistung wie eine sub auspiciis Promotion die Geduld gefehlt. „Außerdem habe ich größten Respekt vor der Mathematik, die vielleicht auch die fundamentalste aller Wissenschaften ist.“

Doktoratsbetreuer Christian Pötzsche betonte in seiner Laudatio die hohen Ansprüche, die Evamaria Russ während ihrer Studien an sich und an ihre Studierenden gestellt hat: „Ich dachte mir also: Warum soll das in Klagenfurt anders sein als in Graz, Wien oder München?“ „Evamaria Russ hat nicht viele Fragen gestellt, aber wenn, dann die richtigen“, so Pötzsche, der der Absolventin nun alles Gute für ihre berufliche Zukunft außerhalb der Universität wünschte.

Rektor Oliver Vitouch gratulierte ebenso zu den „Spitzenleistungen, die trotz schwieriger Rahmenbedingungen möglich sind.“ Die Mathematik, die an der Alpen-Adria-Universität immer wieder durch herausragende Erfolge hervorsticht, wurde auch von Seiten der Universitätsleitung unter anderem mit der Zuerkennung des Themenschwerpunkts im Karl Popper Kolleg honoriert. Die heutige Feier unter Anwesenheit des Bundespräsidenten wertet er als „schönes Symbol für den Stellenwert der Jugend und der Zukunftsorientierung, besonders in diesem Land.“

Zur Person

Evamaria Russ, geboren 1986, absolvierte sowohl das Bachelor- als auch das Masterstudium der Technischen Mathematik an der Alpen-Adria-Universität, wo sie nun zur Doktorin der Technischen Wissenschaften promoviert wurde. Sie war darüber hinaus in Forschung und Lehre am Institut für Mathematik tätig und verbrachte wissenschaftliche Gastaufenthalte an der Technischen Universität Dresden und am Imperial College London. Derzeit arbeitet Evamaria Russ bei AGRO Forst- und Energietechnik in St. Paul im Lavanttal. Sie lebt in Lavamünd.

Zur Dissertation

Ihre Dissertation ist dem Bereich der Dynamischen Systeme zugeordnet. Sie erklärt dazu: „Was ist meist der Sinn der Mathematik? Man verwendet sie dazu, um Prozesse in der realen Welt besser zu verstehen, sei es zum Beispiel das Wetter, chemische Reaktionen oder biologische Wechselwirkungen. Dafür versucht man, den Prozess, den man begreifen möchte, mathematisch zu modellieren.“ Das Ergebnis von solchen Modellierungen sind meist sehr komplizierte Gleichungen, häufig so genannte Differential- oder Differenzengleichungen, welche von mehreren Parametern abhängen. Wie man sich leicht vorstellen kann, sind solche Parameter in der Praxis selten konstant, sondern variieren mit der Zeit, z.B. durch saisonale Einflüsse oder Regulierungsstrategien. Man spricht dann auch von nichtautonomen dynamischen Systemen. Das Problem ist, dass man solche Gleichungen oft gar nicht mehr exakt lösen kann“, führt Russ aus.

Nun könne man feststellen, dass man dies nun mal nicht könne, und aufgeben. So sei aber nie der Weg eines Mathematikers oder einer Mathematikerin, wie Russ ausführt. „Wir versuchen also trotzdem, etwas über den Prozess herauszufinden. Als einfaches Beispiel betrachte man die zeitliche Entwicklung von Fischbeständen. Auch wenn man den Fischbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht exakt berechnen kann, könnte man daran interessiert sein, unter welchen Einflüssen und Wechselwirkungen es zum Aussterben einer bestimmten Fischart kommen könnte, um entsprechend gegensteuern zu können. Damit man das machen kann, braucht man mathematische Werkzeuge“, so Russ. An solchen Werkzeugen, in ihrem Fall an dem Dichotomie-Spektrum in unendlichen Räumen, hat die Absolventin in ihrer Dissertation gearbeitet. Technische Mathematik im akademischen Umfeld hat also nichts mehr mit Zahlen oder Rechnen zu tun. Evamaria Russ fügt hinzu: „In meiner Dissertation gibt es sogar wenige andere Zahlen als Seitenzahlen und Nummerierungen.“

Zur Promotio sub auspiciis

Voraussetzung für eine „Promotio sub auspiciis Praesidentis rei publicae“ sind unter anderem der Abschluss aller Oberstufenklassen mit „ausgezeichnetem Erfolg“, die Ablegung der Matura mit „Auszeichnung“, sowie die Beurteilung sämtlicher Diplom- und Rigorosenprüfungen mit „sehr gut“.

Fotos: aau/Waschnig