Präsentation der Studie über Wegwerfgesellschaft gemeinsam mit WWF Österreich und Mutter Erde mit (v.l.n.r) Anita Malli (Mutter Erde), Franzisca Weder und Renate Hübner (Universität Klagenfurt) sowie Andrea Johanides (WWF Österreich)

MUTTER-ERDE-Studie zu Konsumverhalten zeigt: „Wir nutzen Gegenstände tendenziell länger, aber es ginge noch mehr“

Studie der Universität Klagenfurt über Wegwerfgesellschaft zeigt Trend auf, Produkte länger zu nutzen – Bewusstsein für Nachhaltigkeit bei Konsumenten immer stärker vorhanden – Auch Politik und Handel sind gefragt

Viele Produkte werden immer länger genutzt – sogar das Handy. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit im Konsum ist sehr hoch, doch beim eigenen Handeln gibt es noch Nachholbedarf. Wo es nachhaltige Alternativangebote gibt, werden diese auch gerne angenommen. Doch davon gibt es noch zu wenig und das stürzt uns in ein moralisches Dilemma: das eigene Handeln ist gefühlt nie genug.

Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie der Universität Klagenfurt, die heute, Dienstag, von den Autorinnen Assoc. Prof. Dr. Franzisca Weder (Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft) und Dr. Renate Hübner (Institut für Unterrichts-  und Schulentwicklung) von der Universität Klagenfurt, dem WWF Österreich und MUTTER ERDE präsentiert wurde. Sie baut auf den Erkenntnissen einer gemeinsamen Studie von der Universität Klagenfurt und der Arbeiterkammer Wien aus dem Jahr 2015 auf. So lassen sich auch Rückschlüsse über konkrete Entwicklungen der letzten Jahre treffen.

Franzisca Weder und Renate Hübner, Studienautorinnen der Alpen-Adria Universität Klagenfurt: „Es gibt einen deutlichen Trend zu einem nachhaltigeren Umgang mit Konsumgütern. Doch leider gibt es noch keinen ‚Schrittzähler‘ für nachhaltiges Verhalten. Und deshalb fühlen sich viele Menschen in Österreich überfordert – vor allem von den vielen aufdringlichen Apellen in der öffentlichen Kommunikation. Dann machen wir es lieber wie die Oma, die war ja immer schon irgendwie nachhaltig.“

Die wichtigsten Erkenntnisse der Studie:

  • Deutlich steigende Nutzungsdauer von Alltags-Gegenständen in den letzten vier Jahren
    Es gibt den Trend, Produkte länger zu nutzen. Dabei zeichnen sich Unterschiede ab: die erwartete Nutzungsdauer von Gütern ist tendenziell bei eher älteren und eher jüngeren Menschen am höchsten, bei den Jahrgängen um die 70er, 1980er eher niedrig. Dazu kommt eine Kluft zwischen Stadt und Land: Menschen in ländlichen Regionen benutzen Produkte eher kürzer als Menschen in Städten. Vor allem in Kärnten und in der Steiermark herrscht besonderer Aufholbedarf.
  • Das Handy wird länger genutzt
    Das Handy wird laut Angaben der Befragten um ein Jahr länger genutzt als noch 2015. Die angegebene Nutzungsdauer hat sich von 2,7 Jahren auf 3,8 Jahre erhöht. Es wird auch deutlich öfters repariert als vor vier Jahren. Ein interessanter Aspekt: Das Smartphone ist damit zum Alltagsgegenstand geworden. So lässt sich auch die deutlich gestiegene Nutzungsdauer erklären. Dafür nehmen Handyreparaturen und die Kenntnis über Alternativen wie Fair-Phones zu.
  • Wiederverwendung von Plastikflaschen: knapp jeder Zweite ist dabei
    Auf Basis der Einschätzung der Befragten werden durchschnittlich 2,9 Milliarden Plastikflaschen jährlich in Österreich weggeworfen. Würde man diese Menge in Form von Halbliterflaschen aneinanderreihen, ergäbe sich eine Strecke von 735.000km – damit kommt man 18 Mal rund um die Welt. 44 Prozent der Befragten befüllen Flaschen zumindest hin- und wieder mit eigenen Getränken.
  • Medien informieren uns, Familie und Freunde werden nachgeahmt
    Für die eigenen Entscheidungen bezogen auf Kauf oder Nutzung von Gütern orientieren sich die meisten Menschen an ihrer Familie und ihren Freunden. Hier wird definiert, was als nachhaltig gilt. Werbung und Medien schaffen zwar mehr Aufmerksamkeit für Nachhaltigkeitsthemen, beeinflussen aber nicht den individuellen Konsum im Alltag.
  • Alles richtig zu machen überfordert Konsumentinnen und Konsumenten
    Menschen, die sich bereits intensiv mit bewusstem und nachhaltigem Konsum auseinandersetzen, empfinden eine Art Ohnmacht und geraten in Abwägesituationen: lieber die Biokekse in der Kunststoffverpackung kaufen oder jene mit Palmöl in Papier? Diese gefühlte Hilflosigkeit steht der Auseinandersetzung mit dem Thema im Weg und hindert Menschen daran, ihr eigenes Verhalten zu ändern.

 

Andrea Johanides, Geschäftsführerin WWF Österreich: „Unsere Erde hat ihre Belastungsgrenze längst überschritten. Gerade mit Blick auf die nachfolgenden Generationen brauchen wir dringend ein Umdenken – weg vom Verschwenden, hin zu einem natur- und klimaverträglicheren Konsum. Allerdings darf die Verantwortung dafür nicht nur auf die Konsumentinnen und Konsumenten abgewälzt werden. Auch Produzenten, Handel und Politik müssen neue Wege gehen. Reine Wegwerfprodukte müssen auf allen Ebenen zurückgedrängt werden.“

Anita Malli, Geschäftsführerin MUTTER ERDE: „Jeder von uns besitzt 10.000 Dinge und mehr. Immer wenn wir etwas anschaffen, kostet das Ressourcen, die wir unserem Planeten entnehmen. Es sind die kleinen ersten Schritte, zu denen wir inspirieren wollen und die, wenn sich jeder beteiligt, viel bewegen können: wertschätzen, was wir haben, reparieren statt wegwerfen, Dinge ausborgen oder weiterschenken und bewusst konsumieren. Das schont Ressourcen und unseren Planeten.“

 

Zur Initiative MUTTER ERDE:

Die Initiative MUTTER ERDE wurde 2014 vom ORF und den führenden Umwelt- und Naturschutzorganisationen Österreichs ins Leben gerufen. Sie wird vom Verein „Umweltinitiative Wir für die Welt“ getragen, das sind der ORF, Alpenverein, BirdLife, GLOBAL 2000, Greenpeace, Naturfreunde, Naturschutzbund, VCÖ und WWF. Gemeinsames Ziel ist es, Nachhaltigkeit zum Thema zu machen, zu informieren und Spenden für Umweltschutzprojekte zu sammeln.