Linguistischer Blick auf Fragen im Coaching

Fragen sind von zentraler Bedeutung in helfenden Berufen. Ein Forschungsteam unter der Leitung der Linguistin Eva-Maria Graf möchte nun den Typen und Funktionen von Fragen im Coaching nachgehen.

Coaching als helfendes Format beruht auf der sprachlichen Interaktion zwischen Coach und Klient*in. Coaching zielt auf Veränderungen bei Klient*innen in ihrem beruflichen (und privaten) Kontext ab, wobei Coach und Klient*in im Sinne einer Prozessberatung gemeinsam Lösungen für Probleme erarbeiten. Obwohl Coaching in der westlichen Welt signifikant an Bedeutung gewinnt, ist seine wissenschaftliche Fundierung immer noch unzureichend. Die Untersuchung von Fragesequenzen als wesentliche Interventionspraktik stellt dabei eine zentrale Forschungslücke dar.

„Die Praxisliteratur betont immer wieder die Wichtigkeit von Fragen, aber empirisch gibt es dazu noch keine Erkenntnisse. Das wollen wir ändern.“
(Eva-Maria Graf)

Konkret nimmt Eva-Maria Graf, die am Institut für Anglistik & Amerikanistik forscht und lehrt, systemisch-lösungsorientiertes, berufsbezogenes Coaching unter die Lupe. Die Linguistin interessiert sich insbesondere für Fragepraktiken im Coaching: Fragen gehören zu den wichtigsten Instrumenten, mit denen die Klient*innen auf dem Weg der Lösungsfindung begleitet werden. „Die Praxisliteratur betont immer wieder die Wichtigkeit von Fragen, aber empirisch gibt es dazu noch keine Erkenntnisse. Das wollen wir ändern“, so Eva-Maria Graf.

Eva-Maria Graf und ihre Kolleg*innen in Österreich, Deutschland und in der Schweiz möchten nun umfassend analysieren, welche Typen von Fragen im Coaching auftreten, wo entlang des Prozesses sie vorkommen und vor allem welche coachingspezifischen Funktionen sie übernehmen, das heißt wie Fragen zur angestrebten Veränderung für die Klient*innen beitragen. Um diese Fragen beantworten zu können und so am Ende des Projekts eine coachingspezifische Typologie von Fragesequenzen mit Fokus auf ihre jeweiligen Veränderungspotenziale vorzulegen, braucht es die Kooperation zwischen Linguistik und Psychologie und die Arbeit mit authentischen Coachingdaten, die auf Video aufgezeichnet und linguistisch transkribiert werden. In einem mixed-methods-Forschungsdesign kombiniert das interdisziplinäre Team qualitative linguistische (Konversationsanalyse, Gesprächsanalyse) und qualitative/quantitative psychologische Methoden (Qualitative Inhaltsanalyse, Deskriptive Statistik).

Das internationale Forschungsteam besteht aus zwei Linguist*innen (Eva-Maria Graf, Österreich, Thomas Spranz-Fogasy, Deutschland), einem Psychologen (Hansjörg Künzli, Schweiz) und bietet vier Nachwuchswissenschaftler*innen die Möglichkeit, sich zu qualifizieren. Eva-Maria Graf und Hansjörg Künzli sind zudem ausgebildete Coaches. Das Projekt wird vom österreichischen Wissenschaftsfonds FWF sowie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG und dem Schweizer Nationalfonds SNF mit insgesamt ca. 900.000 Euro finanziert und hat eine Laufzeit von 36 Monaten.

für ad astra: Romy Müller