Forschungsteam erprobte Mars-Helikopter in der Wüste Israels

Dass der Mars-Helikopter „Ingenuity“ den Roten Planeten erkundet, ist unter anderem einer Navigationstechnologie verdankt, die von Stephan Weiss, Professor für Regelung Vernetzter Systeme an der Universität Klagenfurt, mitentwickelt wurde. Drei Doktoranden von ihm haben im Oktober 2021 an der AMADEE-20 Marsmissionssimulation des Österreichischen Weltraum Forums (ÖWF) teilgenommen und Daten zur Weiterentwicklung des Helikopters in der Negev-Wüste in Israel gesammelt.

Da auf dem Mars keine GPS-Signale zur Verfügung stehen, brauchen alle Roboter, die zu Boden oder zu Land den fremden Planeten erkunden, eine alternative Navigationstechnologie. „Der Mars-Helikopter navigiert kamerabasiert, das heißt, wir statten ihn technisch mit ‚Augen‘ aus, die ihm helfen, sich zu orientieren“, fasst Christian Brommer zusammen, der gemeinsam mit seinen Kollegen Alessandro Fornasier und Martin Scheiber Anfang Oktober in Israel war.

Was einfach klingt, ist in Wahrheit hoch komplex, insbesondere, da der Helikopter bisher unbekanntes Terrain erkundet und daher möglichst genau und stabil fliegen muss. Hinzu kommt, dass bei der „echten“ Mission am Mars der Mensch bis zu 400 Millionen Kilometer entfernt ist und der Helikopter daher völlig autonom agieren können muss. Beides wurde bei der Analogmission abgedeckt: sowohl die Datensammlung durch die Mannschaft vor Ort als auch die „autonomen Flüge“, während derer die Forschungsgruppe weit entfernt im Mission Support Center in Innsbruck saß.

Exzellente Forschung braucht exzellente Infrastruktur: Mit der Drohnenhalle sind wir in Klagenfurt sehr gut ausgestattet. Mit dem gewonnenen Daten aus der Analogmission haben wir ein einzigartiges Asset, das uns dabei hilft, die nächste Generation von mobilen, autonomen Systemen weiterzuentwickeln. (Jan Steinbrener, Co-Leitung der Forschungsgruppe Control of Networked Systems)

Alessandro Fornasier erklärt zu den Herausforderungen am Roten Planeten und in der Wüste: „In der Negev-Wüste fanden wir marsähnliche Umgebungen vor, also Klippen und Hänge sowie unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten. Wir konnten auf diesem Weg viele Daten sammeln, die es uns ermöglichen, die Navigationstechnologie entscheidend weiterzuentwickeln.“ Der in Israel zum Einsatz gekommene Helikopter verfügt dabei über 14 Sensoren wie unter anderem mehrere Kameras, einen Laser-Distanz-Sensor sowie eine IMU, ähnlich wie Ingenuity. Daten zu verschiedenen Höhen, Geschwindigkeiten, Abständen zwischen Boden und Helikopter wurden so erhoben. „Gleichzeitig hatten wir auch Sensoren an Bord, die hochakkurate GPS-Daten sammeln. Wir können so die Resultate von unseren Algorithmen für die kamerabasierte Navigation gegen die wirkliche Position und Orientierung des Helikopters vergleichen“, so Martin Scheiber. Die gesammelten Daten werden auch dem Jet Propulsion Laboratory der NASA zur Verfügung gestellt. Sie dienen der Weiterentwicklung von neuen Algorithmen.

Mit der Analogmission gehen wir vom Elfenbeinturm in die reale Anwendung hinaus und zeigen, dass unsere Algorithmen mit echten Systemen unter echten Bedingungen funktionieren. (Stephan Weiss, Leitung der Forschungsgruppe Control of Networked Systems)

Die Experimente des Klagenfurter Forschungsteams waren Teil der AMADEE-20 Mars Simulation. Zwischen 4. und 31. Oktober 2021 führte das Österreichische Weltraum Forum – in Kooperation mit der staatlichen israelischen Raumfahrtagentur Israel Space Agency sowie D-MARS – eine analoge Mars-Feldsimulation in der Negev-Wüste in Israel durch. Diese Expedition fand in einer so genannten terrestrischen Mars-Analogumgebung statt und wurde dabei von einem Mission Support Center von Österreich aus geleitet. Das Testgelände befand sich im Ramon Krater, dem größten Erosionskrater in der Negev-Wüste im Süden Israels. Das Testgelände ist geologisch sehr vielseitig: von sandigen Sedimentstrukturen, die seit 70 Millionen Jahren erodiert werden, bis hin zu Vulkankegeln, die erst einige tausend Jahre jung sind. Insgesamt waren 20 Forschungsgruppen mit jeweils unterschiedlichen Fragestellungen an Bord.

für ad astra: Romy Müller