Der Zukunft-Vorhersager

Witesyavwirwa Vianney Kambale kann die Zukunft vorhersagen, und das ganz ohne Glaskugel. Der Doktorand am Institut für Intelligente Systemtechnologien in der Forschungsgruppe „Transportation Informatics“ versucht, mit Daten von gestern und heute in das Morgen zu blicken.

Die Grundlage für die Arbeit von Vianney Kambale sind Daten, die einen Zeitstempel haben, so genannte time series data. Vianney Kambale erarbeitet in seinem Doktoratsprojekt theoretische Frameworks, mit denen sich solche Vorhersagen genauer und besser treffen lassen. „In einem nächsten Schritt muss ich den von mir entwickelten Framework auch an Anwendungsfällen erproben. Ich beschäftige mich dabei mit Stromkonsumdaten, Verkehrsdaten oder Aktienkursen“, so Vianney Kambale. Der Doktorand ist seit zwei Jahren in der Forschungsgruppe in Klagenfurt. Mit seinem Fortschritt ist er sehr zufrieden: „Ich mag die Kultur sehr. Kyandoghere Kyamakya, der als Professor die Gruppe leitet, hat ein Umfeld geschaffen, das ein günstiger Nährboden ist, sich als Wissenschaftler zu entwickeln. Das schätze ich sehr.“

Vianney Kambale wuchs im Kongo (DRC) auf, wo er sich in der High School auf Biologie und Chemie spezialisierte. Seine Eltern wünschten sich, dass er Medizin studieren würde. Lachend erzählt er uns: „Ich habe aber bemerkt, dass ich keine Krankenhäuser mag. So teilte ich ihnen mit, dass ich eine neue Leidenschaft entdeckt habe: die Informationstechnologie.“ In Goma hat er dann sein Universitätsstudium aufgenommen; aber schon im ersten Jahr wechselte er mit einem Stipendium in der Tasche nach Pretoria in Südafrika, wo er Elektroingenieurwesen mit Schwerpunkt Telekommunikation studierte. Nachdem er seinen Master abgeschlossen hatte, arbeitete er zehn Jahre als Lehrender an der Universität: „In dieser Zeit habe ich die Forschung schon fast vergessen“, berichtet Vianney Kambale. Im Kongo ist er dann Freunden wiederbegegnet, die an die Universität Klagenfurt gekommen sind.

Die Ehefrau und die Kinder von Vianney Kambale – sie sind 4, 8 und 10 Jahre alt – leben in Südafrika, während er sich in Klagenfurt auf seine Dissertation konzentriert. Seiner Familie will er eines mitgeben: „Mathematik ist nicht schwierig!“ Dazu führt er aus: „In der Schule wird Kindern häufig gesagt, dass die Mathematik ein sehr schweres Fach sei. Ich sage aber: Nein, das stimmt nicht. Wir müssen die Wahrnehmung ändern, damit wir den jungen Menschen die Freude am Spiel mit Zahlen nicht nehmen. Ja, man muss üben, aber wenn man sich dahinterklemmt, ist die Mathematik sehr schön.“ Mathematik und Physik seien die Grundlage für viele technologische Felder, in denen es sich gut arbeiten und viel voranbringen lässt, wie Robotik, Künstliche Intelligenz oder Elektroingenieurwesen. Die fehlende Freude an der Mathematik ziehe sich dann bis an die Universitäten, wie Vianney Kambale feststellt: „Mit einer App kann man die Welt verändern. Und gutes Geld verdienen. Ich sage zu meinen Kindern: ‚Ihr wollt ja nicht die sein, die Apps nur nutzen, sondern die, die die Apps kreieren.‘“

 

Auf ein paar Worte mit … Witesyavwirwa Vianney Kambale



Was wären Sie heute, wenn Sie nicht Wissenschaftler wären?

Ich würde vielleicht irgendwo an einer Schule oder an einer Universität unterrichten.

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?

Nicht vollständig, aber ich denke, sie haben eine grobe Idee von meinem Forschungsfeld.

Was machen Sie im Büro morgens als Erstes?

Ich spreche ein stilles Gebet.

Was bringt Sie in Rage?

Ganz allgemein? Unehrlichkeit.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?

Im Moment? Nein, die Arbeit ist immer im Hinterkopf.

Worauf freuen Sie sich?

Ich freue mich auf jeden Fall darauf, mein Promotionsstudium bald abzuschließen und auch zu sehen, wie unsere Arbeit, so klein sie auch sein mag, zu meinem Forschungsgebiet beitragen kann.