Zwischen Studium und Leistungssport

Für Spitzensportler*innen stellt sich oft die Frage, was nach der aktiven Sportkarriere kommt? Daher studieren schon viele Athlet*innen während ihrer Sportlaufbahn. Der Spagat ist schwierig, aber machbar. Skisprung-Team-Weltmeisterin Sophie Sorschag erzählt, wie es ihr im Projekt „Spitzensport und Studium“ ergeht.

Frau Sorschag, Sie blicken auf eine sehr erfolgreiche Saison im Skisprung zurück und zählen mittlerweile zu den erfolgreichsten österreichischen ÖSV-Damenskispringerinnen.

Ja, das ist einfach unglaublich und freut mich irrsinnig. Die Goldmedaille im Skisprung und damit der Team-Weltmeistertitel bei der Nordischen Ski-Weltmeisterschaft 2021 in Oberstdorf war sicherlich die Krönung meiner Karriere. Kurz darauf folgte der Einzel-Team-Weltcupsieg in Tschaikowski in Russland. Es war erst mein erstes Jahr im Weltcup, aber zuvor konnte ich zwei Siege im Kontinentalweltcup verbuchen.

Wie sind Sie Skisprung-Spitzensportlerin geworden?

Ich bin eindeutig Spätstarterin beim Skispringen. Mit 16 Jahren habe ich mit dem Skispringen in der Villacher Alpenarena begonnen. Früher war ich eine recht erfolgreiche Jugend-Fußballerin bei der Damenmannschaft des SK Grafendorf. Das war vor sechs Jahren, doch dann probierte ich es mit dem Skispringen. Mein Trainer hat sofort mein gutes Sprunggefühl und mein Talent erkannt, und seitdem ging alles sehr schnell. 2019 wurde ich in den A-Kader des ÖSV aufgenommen, und das war ein großer Erfolg für mich. Zudem bin ich im Heeressportzentrum in Faak am See stationiert.

Was war Ihre Motivation für ein Studium?

Ich wollte schon immer Mathematik und Sport studieren. Nach der Matura studierte ich kurz in Innsbruck, wechselte wieder zurück zum Heimverein, dem SV Villach, da ich in Kärnten einfach bessere Trainingsbedingungen vorfand und auch mein Trainer hier in Kärnten ist. An der Universität Klagenfurt studiere ich jetzt seit einigen Semestern das Bachelor-Lehramtsstudium mit den Unterrichtsfächern Mathematik und Informatik.

Und wie sind Sie dann auf das Projekt „Spitzensport und Studium“ aufmerksam geworden?

Das habe ich Para-Ski-Athlet Markus Salcher zu verdanken, der mir vom Projekt vorgeschwärmt hat. Ich kenne ihn gut, da wir früher gemeinsam Ski gefahren sind.

Man braucht schon sehr viel Antriebskraft, um neben dem Spitzensport ein Studium zu absolvieren?

Das ist richtig. Man muss schon sehr zielorientiert sein und sollte eine spätere berufliche Ausbildung nicht aus den Augen verlieren. Für mich bedeutet das Studium einen Ausgleich zum Sport und eine perfekte Ablenkung, die natürlich sehr anstrengend ist. Es tut manchmal gut, nicht den ganzen Tag darüber zu grübeln, wie man am besten springen sollte. Wenn ich dabei noch gut im Studium vorankomme, so ist das noch viel wertvoller. Man braucht natürlich noch eine große Portion Ehrgeiz, aber wenn man das macht, so ist das einfach super.

Sie müssen hart trainieren und an vielen Bewerben teilnehmen und sind wahrscheinlich die Hälfte der Zeit unterwegs. Wie lässt sich das mit dem Studium vereinbaren?

Schwer, aber es geht. Ich trainiere sechs Mal pro Woche, jede zweite Woche findet ein Trainingskurs statt, und ich könnte theoretisch nur alle zwei Wochen am Präsenzunterricht an der Universität teilnehmen. Online-Lehre kommt mir in diesen Zeiten sehr zugute, und es gelingt mir zeitlich öfter, Lehrveranstaltungen zu absolvieren. Gelernt wird in den Trainingspausen, wann immer es möglich ist. Meine Erfahrung zeigt, dass das Studium im digitalen Semester eigentlich ganz gut läuft. Eine wichtige Stütze im Studium sind die mir zugeteilten Mentor*innen, die mich beraten und zur Seite stehen. Mein Mentor im Fach Informatik ist Mathias Lux, und Michaela Szölgyenyi betreut mich als Mentorin im Fach Mathematik.

Kann man sagen, dass die Mentor* innen das Herzstück des Projekts sind?

Auf jeden Fall. Natürlich versuche ich, einen Großteil des Studiums selbst zu bewältigen, aber das gelingt mir nicht immer. Meine Mentor*innen helfen mir bei Fragen weiter und nehmen beispielsweise Kontakt für mich mit den Lehrveranstaltungsleiter* innen auf, um studienbezogene Inhalte zu klären.

Wie kann man sich eine Unterstützung der Mentor*innen noch vorstellen?

Gemeinsam wird ein Semesterplan erarbeitet, und sie achten darauf, dass ich nicht zu viele Lehrveranstaltungen belege. Denn am Ende des Semesters bleibt meist nicht viel Zeit für Prüfungen. Ebenso wird darüber beraten, welche Übungen und Seminare besonders zeitaufwendig sind und deshalb mit meinem intensiven Trainingsplan nur schwer zu vereinbaren wären.

Wie wird es mit der Anwesenheit in den Lehrveranstaltungen gehandhabt?

Hier sind die Lehrveranstaltungsleiter*innen eigentlich sehr flexibel. Hier wurden mir mehrere Lösungen angeboten, um die Abwesenheit bei den Lehrveranstaltungen zu kompensieren. So musste ich im Vorfeld beispielsweise zusätzliche Übungsblätter abgeben oder in der Informatik ergänzende Aufgaben lösen und diese in der nächsten Einheit präsentieren. Bei den Prüfungen etwa werden mir alternative Prüfungsmethoden angeboten oder, so wie unlängst, wurde mir ein eigener Prüfungstermin in der Mathematik ermöglicht.

Profitieren Sie aus dem Leistungssport in den stressigen Phasen während des Studiums?

Ganz bestimmt. Ich kann Leistung punktgenau abrufen und schaffe es, den Schalter schnell umzulegen. Das ist besonders in der stressigen Prüfungszeit sehr hilfreich und kommt mir auch beim fokussierten Lernen sehr zugute.

Was wünschen Sie sich für das Projekt?

Es ist wirklich ein ausgezeichnetes Projekt, um zu studieren. Man bekommt zwar keine Erleichterung, aber eine tolle administrative Unterstützung bei der Bewältigung der Aufgaben und eine individuelle Anpassung der Prüfungstermine. Das alles spielt in Klagenfurt sehr gut zusammen und ich fühle mich deshalb extrem gut aufgehoben.

für ad astra: Lydia Krömer

 

Spitzensport und Studium



Das Projekt „Spitzensport und Studium“ an der Universität Klagenfurt, angesiedelt am Universitätssportinstitut (USI), ist vorbildhaft in Österreich und wurde 2007 in Kooperation mit dem Land Kärnten ins Leben gerufen. Ziel ist es, Spitzensportler*innen, die an der Universität studieren, auf administrativer, ideeller und sportlicher Ebene zu unterstützen. Dadurch soll den Athlet*innen eine universitäre Ausbildung während ihrer aktiven Sportlaufbahn ermöglicht werden. Herzstück des Projekts ist dabei ein Mentor*innen-System.

Die Überschaubarkeit sowie der Charme des Standorts Klagenfurt einerseits, die enge Kooperation mit sportlichen Betreuungseinrichtungen des Landes – wie dem Olympiazentrum Kärnten – andererseits bieten perfekte Bedingungen. Eine bestmögliche Leistungsentwicklung sowohl im akademischen als auch im sportlichen Bereich wird angestrebt. Das Angebot richtet sich an erfolgreiche und bildungsmotivierte Sportler*innen aus Sommer- und Wintersportarten.  Sportpsychologe Thomas Brandauer leitet das Projekt und berät und betreut Einzel- und Mannschaftssportler*innen bei individuellen sportpsychologischen Problemstellungen.

www.aau.at/usi/spitzensport-und-studium/

Tipp

Sportbegeisterte können an der Universität Klagenfurt im Rahmen des Lehramtsstudiums das Unterrichtsfach „Bewegung und Sport“ studieren. Zu den Studieninhalten zählen Bewegungswissenschaften, Bewegungs- und Sportpädagogik, Gesundheits- und Bewegungsförderung, Psychomotorik und Inklusion, Theorie und Praxis unterschiedlicher Sportdisziplinen.

www.aau.at/bachelor-lehramt-sport