„Schau, das ist ja gar nicht so trocken!“

Rund 300 engagierte Wissenschaftsbotschafter:innen sind ehrenamtlich an Schulen aktiv, um junge Menschen für ihr Forschungsgebiet zu begeistern und so niederschwellig Zugänge zu Wissenschaft zu ermöglichen (Young Science). Darunter sind auch einige Forschende der Universität Klagenfurt wie Alexander Herbst (Institut für Finanzmanagement), mit dem wir über seine Erfahrungen mit dem Programm gesprochen haben.

Herr Herbst, Sie wirken an der Initiative der Wissenschaftsbotschafter mit. Warum machen Sie das?

Während der Pandemie wurde Wissenschaftsskepsis auch unter den Jungen in meinem Verwandten- und Freundeskreis offensichtlich. „Die Wissenschaft ist unglaubwürdig und die von ihr angebotene Lösung in Form der Impfung wollen wir nicht.“ Botschaften wie diese haben mich immer wieder erreicht. Ich habe dann als Wissenschaftler und als Privatperson versucht, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.

Wie funktioniert das mit Ihrem Fach, dem Rechnungswesen?

Das eine sind die grundlegenden Funktionslogiken von Wissenschaft, die fachübergreifend sind. Wir wollen mit Methoden den Dingen auf den Grund gehen, sie verstehen und mit dem Wissen, das wir generieren, neue Lösungen erarbeiten. Letztlich profitieren wir alle von diesen Erkenntnissen. Das andere ist das Rechnungswesen. Da hört man oft: Das kenne ich nicht, das ist zu komplex, das ist zu trocken. Viel von der Skepsis findet seine Anfänge schon früh im Mathematikunterricht. Die Herausforderung habe ich angenommen, mit dem Ziel, den Jungen die Scheu zu nehmen.

Wie ist der Zuspruch?

Ich dachte ja ursprünglich, dass das Interesse verhalten sein wird, wurde aber eines Besseren belehrt: Schon schnell kamen nach meiner Zusage zur Initiative die ersten Anfragen. Zuletzt gab es eine größere Aktion für Polytechnische Schulen. Der Ablauf dieses Programms ist sehr professionell organisiert: Man wird mit einem eigenen Tool digital in die Klassen übertragen. Mit den Smartphones können die Schüler:innen direkt interagieren.

Wie kann man Rechnungswesen für Schüler:innen interessant vermitteln?

Ich bemühe mich darum, Beispiele zu finden, die zur Lebensrealität der Schüler:innen passen. Bei den Schüler:innen der polytechnischen Schule stand die Abschlussfeier knapp bevor – und da ist natürlich die Frage relevant: Ist es besser, als rich kid mit vermögendem Background daran teilzunehmen, oder steht man mit Bargeld in der Tasche besser da? Damit lässt sich der Unterschied zwischen Liquidität und Anlagevermögen erklären. Eine andere Frage ist die nach Gutscheinen: Warum wird der Kino-Gutschein wertlos, wenn der Kinobetreiber in Konkurs geht?

Wie waren die Reaktionen der Schüler:innen?

In den Chat-Gruppen wird recht unverblümt miteinander gesprochen. Das Fazit war aber bei einigen: „Schau, das ist ja gar nicht so trocken.“

Wie geht es Ihnen damit, bei diesen Vorträgen den wissenschaftlichen Jargon verlassen zu müssen?

Man muss sich genau vor Augen halten, dass Fachbegriffe nicht verstanden werden. Ich habe dann bewusst diese Begriffe gestrichen und mir stattdessen konkrete, einfache Beispiele gesucht. Letztlich geht es bei dieser Vermittlungsarbeit nicht um den Begriff, sondern um den Sachverhalt, der sich dahinter verbirgt. Hier unterscheiden sich diese Science-to-Public-Aktivitäten wesentlich von der Kommunikation in der Scientific Community. Für mich ergeben sich daraus aber auch Benefits: Über die Vereinfachung kommt man auch zu neuen Zugängen zu einer Fragestellung.

Bleiben Sie weiterhin Wissenschaftsbotschafter?

Ja! Ungefähr 300 Wissenschaftsbotschafter:innen sind mittlerweile auf der Plattform verfügbar, und wir werden immer wieder angefragt. In diesem Semester werde ich an zwei Schulen wieder auf digitalem Wege Vorträge halten.

Zur Person



Alexander Herbst forscht und lehrt an der Abteilung Finance and Accounting am Institut für Finanzmanagement. Seine Schwerpunkte liegen in der Jahresabschlusserstellung/-analyse auf Basis (inter-)nationaler Standards. Neben seiner wissenschaftlichen Arbeit ist er seit Jahren in der Vermittlung im Bereich Science-to-Professionals sowie Science-to-Public aktiv.