Kosmische Wunderwerke. Eine bibliophile Inszenierung begleitet den Theatersommer Porcia 2023


Zum zweiten Mal wird das Schauspielprogramm des Ensembles Porcia durch eine Ausstellung von bibliophilen Kostbarkeiten aus der Universitätsbibliothek Klagenfurt ergänzt. Passend zum diesjährigen Programm werden im Schloss Porcia Weltbilder zwischen Lebensfreude und Untergang gezeigt. Die Ausstellung ist jeweils vor den Vorstellungen im Juli und August geöffnet, und es werden erstmals auch Termine für Kuratoren-Führungen angeboten.

Bühne und Bücher sind von Natur aus Geschwister. Ihre Stoffe besitzen Sprengkraft und Schönheit – im tragisch-heiteren Gesellschaftsspiegel des Theaters genauso wie bei neuen Thesen aus der Wissenschaft. Die Ausstellung von im Foyer des Schlosses Porcia inszenierten Originalobjekten erzählt ausgehend von den beiden Theaterstücken „Der Weltuntergang“ von Jura Soyfer und „Wie es Euch gefällt“ von William Shakespeare die historische Entwicklung der Himmelsforschung. Kuratiert wurde die Ausstellung von Christa Herzog, Leiterin der Sondersammlungen der Universitätsbibliothek Klagenfurt. Es ist nach 2022 das zweite Kooperationsprojekt zwischen den Spittaler Komödienspielen und der Universität Klagenfurt.

Kometen, diese mächtigen Wunderzeichen am Himmel, haben die Menschen lange als Zeichen für Unglücke und Katastrophen gedeutet. Im 15. Jahrhundert erreichte die abergläubische Kometenangst in Europa ihren Höhepunkt, angefacht von phantasiereich ausgeschmückten Einblattdrucken – dem ersten Massenmedium. Notizen über Kometensichtungen in den Jahren 1456 und 1471 finden sich auch in einer Handschrift aus dem Benediktinerstift Ossiach und belegen die frühe phänomenologische Beschäftigung mit Astronomie in Kärnten.

Seit Menschengedenken blickt man in den Nachthimmel und sucht nach Zusammenhängen zwischen der Konstellation der Sterne und den irdischen Vorgängen. Sternendeutung ist schon im antiken China, Indien, Mesopotamien und Ägypten belegt. Neben kultischer Verehrung der Gestirne findet aber auch die beobachtende Beschreibung der Sterne für die Zeitbestimmung und der Erstellung von Kalendern Platz. Während im frühen und hohen Mittelalter im Vorderen Orient weiter große Fortschritte auf den Gebieten der Mathematik und Astronomie erzielt wurden, gewann an den europäischen Höfen und Universitäten die Astrologie stärker an Bedeutung. Abergläubische Prophezeiungen wurden zum Instrument politischer Zwecke. Das Erstellen von Geburtshoroskopen für Persönlichkeiten gehörten für Mediziner und Astrologen – wie etwa dem Deutschen Johannes Virdung von Hassfurt (1463-1538) – zur Tagesroutine. Beide Bereiche, die Deutung (Astrologie) und die mathematische Erfassung (Astronomie) blieb bis in die Neuzeit eng ineinander verwoben. Die Astronomie war zu dieser Zeit zwar schon eine der Sieben freien Künste, den grandiosen Aufschwung erlebte sie aber erst in der Renaissance.

Die deutungsfreie Beobachtung und die mathematische Beschreibung des Weltalls waren erst nach der kopernikanischen Wende möglich. Die Kirche sah sich genötigt, am Konzil von Trient (1545-1563) alle Magie, Zauberei und Astrologie zu verbieten. Nicolaus Rensberger (um 1530 – ca. 1577) verfasste eines der frühesten Lehrbücher der Astronomie in deutscher Sprache. Eine fundierte wissenschaftliche „Astronomie“ beginnt aber erst mit der Erfindung und Nutzung des Fernrohres zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Die Fülle der neuen Erkenntnisse fasst Isaac Newton in seiner Principia Mathematica (1687) zusammen, eines der wichtigsten wissenschaftlichen Werke überhaupt.

„Kosmographien“ beschreiben im Mittelalter die Entstehung der Erde und die Entwicklung des Weltalls. In der Renaissance entwickeln sich daraus die modernen Wissenschaften Geographie, Vermessung, Kartografie und Astronomie. Aus dieser Zeit stammen die ersten Globen und kartografischen Darstellungen der damals neu entdeckten Erdteile. Dazu gehören spektakulär illustrierte Druckwerke wie Apians Cosmographia (1683) mit Volvellen: dreidimensionale, bewegliche Papierscheiben mit Zeigern, oder die Epitome Cosmografica von Vincenzo Maria Coronelli (1693).

Gerahmt wird die Ausstellung von zwei der heuer aufgeführten Theaterstücke: Einmal den „Weltuntergang“ von Jura Soyfer. 1912 im ukrainischen Charkiv geboren, wurde Soyfer nach der Flucht mit seiner Familie nach Wien zum Schriftsteller und politischen Aktivisten. Er starb 1939 im KZ Buchenwald. In seinem 1936 uraufgeführten kabarettistischen „Planetenspiel“ lässt er den Kometen Mitleid mit den verängstigten Menschen haben und zerstört die Erde gegen deren Erwartung doch nicht.

Eine bezaubernde, englische Ausgabe aus dem Jahr 1909 lässt einen romantischen Blick auf „Shakespeare’s Comedy As you like it“ zu. Der irische Zeichner und Buchillustrator Hugh Thomson bebilderte neben Shakespeare-Werke auch Romane von Jane Austen und Charles Dickens. Das ungebrochen unterhaltsame Stück mit fluiden Charakteren verfasste William Shakespeare in jener Zeit, als Galileo Galilei in Italien die ersten Fernrohre baute.