„Ich denke gerne logisch.“

Melanie Siebenhofer vertieft sich gerne in komplexe Denkaufgaben und geht auf die Suche nach der Struktur hinter den Problemen. Die Mathematikerin arbeitet derzeit an ihrer Dissertation zu Optimierung.

Ihr Lebenslauf ist kein schmaler, gerader Pfad, sondern ein breiter Weg mit Abzweigungen. Melanie Siebenhofer wollte eigentlich nie studieren, sondern unmittelbar im Anschluss an die Matura an der HAK Tamsweg in die Wirtschaft gehen. Sie verbrachte ein Jahr in einer Controlling-Abteilung und merkte dann: „Mir ist langweilig geworden. Und ich hatte ein Gefühl der Traurigkeit, dass die Mathematik nicht mehr wirklich in meinem Leben präsent war.“ Melanie Siebenhofer fehlte aber ein konkretes Bild dazu, was sich mit einem Mathematik-Studium beruflich machen ließe. Auch, um sich nicht zwischen der Mathematik und der Informatik entscheiden zu müssen, entschloss sie sich für das Lehramtsstudium. Zunehmend wurde ihr klar: Die Mathematik ist das Fach, in dem sie sich richtig entfalten kann. Deshalb hat sie parallel zum Lehramtsstudium auch das Bachelorstudium Mathematik abgeschlossen. Es folgte ein Jahr als Lehrerin in der Schule und dann der „kleine Anstupser“, wie sie uns erzählt, zum Masterstudium. Sie wurde für das Klagenfurt-Stipendium vorgeschlagen, mit dem herausragende Studierende finanziell und mit einem Netzwerk zu Unternehmen unterstützt werden. „Hätte es das nicht gegeben, hätte ich nicht nochmals studiert“, erzählt sie.

Mittlerweile ist auch das Masterstudium bald abgeschlossen. Melanie Siebenhofer arbeitet nun in der doc.funds doctoral school mit dem Titel „Modeling – Analysis – Optimization of discrete, continuous, and stochastic systems“ (gefördert vom Wissenschaftsfonds FWF) an ihrer Dissertation. Ihr Ziel ist es, eine „gute untere Schranke für eine Konstante in Graphen zu bestimmen“. Ihr Forschungsthema, das im Bereich der Optimierung angesiedelt ist, lässt sich für Laien wie folgt erklären: Stellen wir uns ein Netzwerk mit Computern vor. Jeder einzelne Computer ist ein Knoten. Die Verbindungen zwischen den einzelnen Knoten bezeichnen wir als Kanten. Melanie Siebenhofer möchte nun die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Knoten besser als bisher beschreiben, um so die Möglichkeit zu bieten, Phänomene zu modellieren, die bisher nicht gut abstrakt beschreibbar waren. Letztlich geht es ihr darum zu zeigen, dass spezielle Graphen eine gute Verbindung aufweisen, also die Graphen wenige Kanten haben, aber trotzdem garantieren, dass die einzelnen Computer gut miteinander zusammenhängen.

Wir fragen nach, was Melanie Siebenhofer nun konkret tut, wenn sie forschend arbeitet, und erfahren: „Ich habe hier Berge von Zetteln. Bei meiner Masterarbeit habe ich zum Beispiel ganz viele Graphen aufgezeichnet und dann versucht, Strukturen zu erkennen.“ Genau darin liege auch die Besonderheit des algorithmischen Denkens, das der Mathematikerin besonders leichtfällt: „Ich denke gerne logisch. Mir macht die Herausforderung, die hinter solchen Denkaufgaben liegt, großen Spaß.“ Das Freudvollste an der Mathematik sei der Moment, wenn sich ein Problem auflöst, an dem man lange getüftelt hat: „Das entschuldigt dann auch die mühsamen Phasen davor.“

Am Institut für Mathematik fand Melanie Siebenhofer immer ein sehr förderliches Umfeld vor, wie sie berichtet. Hier würde man auch besonders sorgsam damit umgehen, welche Rolle das soziale Geschlecht für die Laufbahn von Studierenden und Mitarbeiter*innen spielt. Melanie Siebenhofer erzählt: „Da kann es auch mal passieren, dass einen Professor*innen darauf aufmerksam machen, dass man sein Licht unter den Scheffel stellt.“ An weiblichen Vorbildern mangelt es in der Mathematik und Statistik in Klagenfurt nicht: Mit Barbara Kaltenbacher, Elena Resmerita, Angelika Wiegele und Michaela Szölgyenyi gibt es vier habilitierte Forscherinnen, davon haben Barbara Kaltenbacher und Michaela Szölgyenyi Professuren inne. Szölgyenyi ist zudem Projektleiterin der doc.funds doctoral school.

Melanie Siebenhofer selbst ist gegenüber vielen weiteren Wegen aufgeschlossen: „Man wird sehen, was sich nach der Dissertation auftut. Ich habe ja glücklicherweise zwischen der Mathematik und der Informatik ein breites Spektrum.“

 

Auf ein paar Worte mit … Melanie Siebenhofer


Was wären Sie geworden, wenn Sie nicht Wissenschaftlerin geworden wären?
Lehrerin

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?
Teilweise.

Was machen Sie im Büro morgens als erstes?
Ich war wegen Corona noch nicht oft in meinem Büro. Im Home Office schalte ich als erstes Musik ein.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an Ihre Arbeit zu denken?
Ja, das kann ich zum Glück gut.

Was bringt Sie in Rage?
Ignoranz

Und was beruhigt Sie?
Heitere Gespräche und gutes Essen.

Wer ist für Sie der*die größte Wissenschaftler*in der Geschichte und warum?
Ich bewundere alle erfolgreichen und selbstbewussten Frauen in der Wissenschaft.

Worauf freuen Sie sich?
Meine Kolleg*innen wieder in Person sehen zu können.

für ad astra: Romy Müller