Bioenergie | Foto: Visions-AD/Fotolia.com

Globale Landnutzung verändert Treibhausgasemissionen: Neues Berechnungsmodell in Entwicklung

Die Nutzung von Biomasse für Energie und Rohmaterialien ist global auf dem Vormarsch, mit weitreichenden Auswirkungen auf die Ökosysteme. Auf Grund von Landnutzungskonkurrenzen könnte dies allerdings zu erheblichen Emissionen von Treibhausgasen führen. Mit einem neuen Modell, das ForscherInnen an der AAU nun in einem vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Projekt entwickeln wollen, sollen diese Effekte nun berechnet werden.

Die Weltbevölkerung wird in den nächsten Jahrzehnten auf etwa neun Milliarden wachsen, was zusammen mit dem prognostizierten Wirtschaftswachstum bis zum Jahr 2050 etlichen Studien zufolge eine Steigerung der Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten um 70 bis 100 Prozent bewirken wird. Gleichzeitig motivieren die Auswirkungen der Fossilenergienutzung (z. B. Klimawandel) bzw. deren Endlichkeit zu vermehrten Anstrengungen, Biomasse als erneuerbaren Energieträger einzusetzen. Prognosen zufolge könnte die Verwendung von Biomasse für Energie und Rohmaterialien in den nächsten Jahrzehnten global um das 2- bis 5-fache ansteigen. „Der steigende Biomassebedarf wird in den kommenden Jahrzehnten weitreichende Auswirkungen auf Ökosysteme haben“, so Projektleiter Helmut Haberl (Institut für Soziale Ökologie). Der Bedarf könne demnach eine Ausweitung der Landnutzung auf bisher ungenutzte Flächen bzw. eine intensivere Bewirtschaftung bereits genutzter Gebiete nach sich ziehen sowie zu erheblichen Emissionen an Treibhausgasen führen. Hier sieht Haberl auch eine wichtige Forschungslücke: „Systemische Effekte auf Grund der zunehmenden Landnutzungskonkurrenz spielen dabei eine wichtige Rolle, sind aber derzeit noch ungenügend verstanden.“

Dem möchte man nun mit dem Projekt GELUC entgegenwirken. In Kooperation mit WissenschaftlerInnen vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg werden die Forscherinnen und Forscher der AAU ein konsistentes, datenbasiertes Landnutzungs-Biomasse-Treibhausgas-Emissionsmodell BioBaM-GHG entwickeln. „Intensive Landnutzung greift in den Stickstoffkreislauf ein. Durch Düngung zugeführter Stickstoff hat vielfache Auswirkungen auf die Umwelt, von Nitrat im Grundwasser zu Feinstaub in der Luft, und bewirkt auch die Bildung des bedeutenden Treibhausgases N2O“, erläutert Wilfried Winiwarter (IIASA). Letztlich soll damit für eine Vielzahl von Zukunftsszenarien eine umfassende Treibhausgas-Emissionsberechnung möglich sein. Das Modell wird elf Weltregionen und den Handel zwischen ihnen im Jahr 2050 abbilden können. Das Forschungsteam baut dabei auf Vorerfahrungen mit dem BioBaM-Modell auf, das keine Treibhausgasemissionsberechnungen beinhaltet.

Helmut Haberl fasst zusammen: „GELUC füllt bestehende Lücken im Verständnis systemischer Effekte im globalen Landsystem. Das Modell wird zu wissenschaftlichen Weiterentwicklungen in der Landnutzungsforschung, in der Analyse des gesellschaftlichen Stoffwechsels und der Erforschung der biogeochemischen Aspekte einer verstärkten Nutzung von Bioenergie, eventuell auch gekoppelt mit Kohlenstoffsequestrierung, nützlich sein und Optionen zur Verringerung von Treibhausgasemissionen aufzeigen.“