Posch Daniel | Foto: aau/Müller

Eine neue Architektur für das Internet

Die Form, wie im Internet Daten von A nach B übertragen werden, stammt im Wesentlichen noch aus den 1970er Jahren. Daniel Posch, Nachwuchswissenschaftler am Institut für Informationstechnologie, hat nun in seiner Dissertation einen Beitrag zu einer neuen Internetarchitektur geleistet.

70 Prozent des Datenaufkommens im Internet wird durch „Real Time Entertainment“ verursacht, also die (gestreamte) Übertragung von Videos, Bilder oder Musik. Dabei liegen diese Daten klassischerweise noch auf zentralen Servern. Wenn sie nun angefordert werden, schickt der Server die Daten los. Damit Netflix oder Amazon Prime nicht jedes Mal Datenpakete über den großen Teich (bzw. durch eines der Transatlantikkabel) nach Europa schicken muss, gibt es so genannte „Content Delivery Netzwerke“. Dafür mieten die großen Anbieter Server in allen Erdteilen an, wo der Content liegt und von wo aus er verteilt wird.

„Diese Internetarchitektur ist nicht mehr effizient und zeitgemäß“, erklärt Daniel Posch, der kürzlich seine Dissertation bei Hermann Hellwagner am Institut für Informationstechnologie abgeschlossen hat. Die Internetnutzung der Gegenwart mache einen anderen Ansatz nötig, der in den so genannten „Information Centric Networks“ auch schon gefunden sein könnte. Wenn nun Familie A und Familie B in Klagenfurt dieselbe Netflix-Serie schauen, wäre es mit dieser Technologie nicht mehr nötig, die Daten vom zentralen Server anzufordern, sondern der eine WLAN-Router wäre der Zwischenspeicher- und Verteilerort für den anderen WLAN-Router. Hat also Familie A schon zehn Minuten vor der Familie B mit der Serie begonnen, könnte der Router von Familie A die Daten direkt an die physisch nahegelegene Familie B weiterschicken. „Eine Herausforderung dabei sind die Sicherheitsmechanismen. Im Netzwerk müssen sich alle sicher sein können, dass sie die Daten unverändert erhalten. Dazu sind diese digital signiert.“ Physische Nähe zwischen den einzelnen Empfängern sei nötig, da so die Infrastrukturkosten der Internetserviceprovider minimiert werden. Positiv wirkt sich dies auch auf den Endkonsumenten aus, der durch kürzere Datenübertragungswege von geringeren Verzögerungen und höher Qualität profitiert. Daniel Posch hat sich in seiner Dissertation insbesondere mit dem so genannten „Forwarding“ beschäftigt. Weil es in einem „Information Centric Network“ für die Daten viele Wege gibt, ans Ziel zu kommen, muss berechnet werden, welcher der Effizienteste ist. „Das Routing gibt mehrere Wege vor. Wir fragen uns: Welchen Weg nehme ich? Oder nehme ich mehrere Wege gleichzeitig? Die besten Weg(e) können von vielen Parameter abhängig sein, z.B., um welche Daten handelt es sich? Unsere Algorithmen sollen die besten Wege für die Daten errechnen“, erklärt Posch.

Derzeit sei man noch weit von einer flächendeckenden Umsetzung einer solchen neuen Internetarchitektur entfernt. Die Wissenschaft arbeite aber intensiv an der Erforschung von Software; die Industrie habe aber noch nicht mit dem Bauen von Hardware begonnen. Bis die ICN-Technologie umgesetzt ist, werden die Daten also noch im Stil der vergangenen Jahrzehnte, in denen das Internet aufgekommen ist, von Servern zu Empfängern geschickt. Diesbezüglich hat sich also noch nicht so viel verändert, seit der damals 3-jährige Daniel Posch am PC seines Vaters seine ersten Technik-Schritte getan hat. Hauptsächlich zum Spielen zwar, damals, vor rund 25 Jahren, „hat man damit aber auch algorithmisches Denken gelernt.“ Heute würden die praktischen Benutzeroberflächen die Technik verstecken, was es vielen Informatik-Studierenden schwer machen würde, in diese Form des technischen Arbeitens einzutauchen. Gefragt danach, was dieses algorithmische Denken ausmache, erklärt er: „Man muss ein Problem analysieren können, dann Lösungswege finden und diese umsetzen.“ Daran mangle es heute bei vielen, die dann Probleme im Studium hätten. Könne man die Denkstruktur anwenden, sei zusätzlich viel Durchhaltevermögen nötig: „Auch ich brauchte für manches Arbeitsblatt 8 bis 10 Stunden, um es zu lösen.“ Diese Motivation vermisst Daniel Posch bei vielen seiner jungen Studierenden. Mit seinem Arbeitseinsatz hat er in den letzten Jahren einiges erreicht: Sein Betreuer Hermann Hellwagner betont die Exzellenz seiner Arbeit und die Hochwertigkeit seiner Publikationen. Auch der Zweitgutachter George Pavlou vom University College London bezeichnet seine Dissertation als „impressive piece of work“. Nach Abschluss seines Arbeitsvertrags am Institut für Informationstechnologie will Daniel Posch Erfahrung in der Industrie sammeln. Die Welt der Wissenschaft reize ihn derzeit nicht so stark, da er „in der Region bleiben möchte“ und sich fragt, „wo die Lebensqualität bei häufig kurz befristeten Arbeitsverträgen in der Wissenschaft bleibt.“ Da gäbe es für ihn derzeit in der forschungsnahen Wirtschaft mehr zu erreichen und umzusetzen.

Wie wird das Internet gestaltet sein, wenn er aus welchem Beruf auch immer in Pension geht? „Ich denke, dass es noch stärker in unser alltägliches Leben vordringen wird, vor allem durch die Vision des ‚Internet of Things‘, also der Vernetzung aller Geräte. Die ‚Information Centric Networks‘ wären dafür ein großer Fortschritt.“ Bei aller Euphorie betont der junge Forscher aber auch: „Wir werden uns aber auch immer mehr fragen müssen: Wie wird das Internet verwendet? Und von wem wird es überwacht? Der einzelne Nutzer bzw. die Nutzerin wird mehr Medienkompetenz denn je brauchen, um Wahres von Falschem, um Manipuliertes von Authentischem zu unterscheiden.“

Auf ein paar Worte mit … Daniel Posch

Was hätten Sie in den letzten Jahren gemacht, wenn Sie nicht Wissenschaftler geworden wären?

Ich denke, dass ich als Softwareentwickler gearbeitet hätte. Software zu entwerfen, kann sehr spannend sein. Ähnlich wie ein Architekt, der ein Haus plant, müssen Softwareentwickler präzise arbeiten, um ein gutes Stück Software zu erhalten. Besonders interessant wird es, wenn Software für neue Technologien/Ideen entwickelt wird (z.B. autonomous driving).

Verstehen Ihre Eltern, woran Sie arbeiten?

Vielleicht nicht alles, aber vieles.

Was machen Sie im Büro morgens als erstes?

1) Eine Tasse Grüner Tee. 2) E-Mails lesen. 3) Deadlines checken.

Machen Sie richtig Urlaub? Ohne an die Arbeit zu denken?

Ich versuche es, aber es gelingt mir nicht immer.

Was bringt Sie in Rage?

Wenn jemand seine Zusagen nicht einhaltet.

Und was beruhigt Sie?

Sport und Musik.

Wer ist für Sie die größte WissenschaftlerIn in der Geschichte und warum?

Die Liste bedeutender WissenschaftlerInnen ist lang, aber Alan Turing ist sicher einer der bedeutendsten Informatiker.

Wofür schämen Sie sich?

Wenn Technologie gegen Menschen verwendet wird.

Wovor fürchten Sie sich?

Autonome Waffensysteme.

Worauf freuen Sie sich?

Technologischen Fortschritt.