Schwarz Erich | Foto: aau/Barbara Maier

„Wir haben viel Gründungspotenzial in Kärnten“

Innovationsexperte Erich Schwarz im Gespräch über die Erfolgsfaktoren der Kärntner Gründungslandschaft und warum ein Unternehmens-Exit auch positiv sein kann.

In Österreich gab es 2014 insgesamt 37.120 Neugründungen von Unternehmen, 2.613 in Kärnten. Ist Kärnten ein guter Nährboden für Innovationskraft?
Die Zahl der Gründungen allein sagt noch nicht viel über die Innovationskraft einer Region aus, da viele Gründerinnen und Gründer vor allem aufgrund der Arbeitsmarktsituation selbstständig werden. Insgesamt entwickelt sich Kärnten aber zu einem attraktiven Umfeld für innovative Gründungen.

Welche Gründungen sind besonders erfolgversprechend?
Das sind sicherlich die schnellwachsenden Gründungen, also diejenigen mit hoher Innovationskraft, die oftmals neue Technologien hervorbringen oder anwenden. Untersuchungen belegen, dass fünf Prozent dieser Start-ups nach fünf Jahren etwa 50 Prozent der Arbeitsplätze einer Gründungskohorte schaffen. Insbesondere diese Gründungen sind Forschungsinhalt des Instituts für Innovationsmanagement und Unternehmensgründung.

bitmovin, Sportly oder Symvaro sind nur einige erfolgreiche Neugründungen von AbsolventInnen der AAU. bitmovin schaffte es sogar ins Silicon Valley.
Das ist wirklich sehr beachtlich und es zeigt, dass die Universität ein wesentlicher Impulsgeber für unternehmerische Aktivitäten der Region ist. Ideen aus der Grundlagenforschung, beispielsweise aus der Technischen Fakultät, werden immer häufiger in Unternehmensgründungen transferiert. Dies sieht man anhand der erfolgreichen Start-ups, die ihren Ursprung an der Universität Klagenfurt haben und noch eng mit uns verbunden sind. Häufig bleiben auch diese universitären Spin-offs unsere Forschungspartner und Arbeitgeber für talentierte Absolventinnen und Absolventen.

Ein Unternehmergeist für Gründungen gehört geschärft. Passiert dies an der Universität?
Der unternehmerische Geist muss schon vorher vorhanden sein. Wir qualifizieren und zeigen Möglichkeiten auf, wie Produkte und Geschäftsmodelle entwickelt werden. Studierende lernen auch, neue Technologien anzuwenden und weiterzuentwickeln. Dazu helfen unsere Erfolgsbeispiele.

Reicht eine zündende Idee, um selbstständig erfolgreich zu sein?
Natürlich nicht. Eine Idee muss reifen, und dafür sind Ressourcen und ein unterstützendes Umfeld notwendig. Zentral ist das Vorhandensein einer unternehmerischen Persönlichkeit mit Gestaltungswille, Offenheit für Neues und gewisser Risikobereitschaft, selbstverständlich kombiniert mit fachlicher Expertise und einem guten sozialen und beruflichen Netzwerk. Viele dieser innovativen Gründer und Gründerinnen kommen auch aus einem Forschungsumfeld.

Welche Rolle spielt die Zusammensetzung des Gründerteams?
Idealerweise sollten sich die Teammitglieder im Hinblick auf Erfahrungen und Ressourcen ergänzen. Die betriebliche Praxis zeigt aber, dass sich die Teams hauptsächlich über Freundschaften, gleiche Interessen oder über das Studium gefunden haben. Gemeinsam tüfteln sie dann an Ideen.

Die Entwicklung von Ideen benötigt Zeit und Geld. Welche Bedeutung hat Crowdfunding?
Wir haben einige Projekte, die bereits mit Crowdfunding finanziert wurden. Damit wird durch eine große Anzahl von Investoren mit kleinen Geldbeträgen oftmals die Produktentwicklung eines Start-ups finanziert. Crowdfunding ist in der Gründungsphase als erster Baustein sehr bedeutend. Später unterstützen private Investoren – als „Business Angel“ bekannt – junge Start-ups durch Unternehmensbeteiligung und Expertise und können so an den zukünftigen Erfolgen eines Startups teilhaben. Bei Investitionsvolumen in Millionenhöhe gibt es führende Venture- Kapital-Geber wie Speedinvest.

Die meisten Gründungen passieren ab 40+. Warum so spät?
Hier muss man genau differenzieren. Bei hochinnovativen und technologieorientierten Gründungen, von denen wir hier hauptsächlich sprechen, sind die Gründerpersonen meist deutlich jünger. Sie sind eher offen für Neues und bereit, ein größeres Risiko zu tragen. Diese Gründerinnen und Gründer kommen tendenziell aus der Forschung, zum Beispiel nach Abschluss eines Doktoratsstudiums.

Viele der neugegründeten Startups verschwinden in den ersten Jahren wieder. Warum?
Man spricht immer wieder vom Gründerboom, jedoch von Unternehmen, die sich auflösen, hört man relativ wenig. Ein möglicher Grund ist, dass österreichische Start-ups im internationalen Vergleich eine hohe Überlebensquote aufweisen. Häufig verbindet man mit Unternehmensexit das Scheitern von Unternehmen, etwa aufgrund eines Konkurses. Ein Unternehmens-Exit kann aber auch sehr positiv sein. Beispielsweise wurde das Start-up-Unternehmen runtastic von adidas aufgekauft. Das Unternehmen bleibt auf diese Weise bestehen, es gibt aber viel mehr Ressourcen, um die Produkte und die Ideen weiterzuentwickeln. Da Unternehmens-Exit und Wiedereinstieg wenig beforscht werden, haben wir uns gemeinsam mit Robert Breitenecker, Zulaicha Parastuty und Malgorzata Wdowiak dieses Themas angenommen.

Was ist aus Forschersicht an einem Unternehmens-Exit interessant?
Uns interessiert beispielweise, was Gründer aus einem Exit lernen. Den Fokus unserer Forschung legen wir auf die Ausstiegserfahrung sogenannter High-tech Entrepreneure und auf deren Aktivitäten nach einem Exit. Wir möchten auch herausfinden, unter welchen Bedingungen der Ausstieg nicht passiert wäre bzw. unter welchen sie wieder zu einer Neugründung bereit wären. Diese Personen verfügen oft über ein hohes fachliches Know-how und auch über die Bereitschaft, Neues zu initiieren. Natürlich sind innovative Projekte mit Risiken verbunden, aber irgendwann kommt der Durchbruch.

Das SmartLab-Labor wurde vor knapp einem Jahr eröffnet. Was ist seither passiert?
Forscherinnen und Forscher, Studierende sowie Start-ups können im Labor ihre eigenen Ideen entwickeln, technische Produkte designen oder Ersatzteile entwickeln. Die Grundidee dabei ist, aus digitaler Information materielle Produkte zu fertigen. Das SmartLab ist somit ein Labor für neue Produktideen und ein kreativer Raum. In den letzten Monaten haben bereits 800 Personen das SmartLab besichtigt bzw. genutzt. Durch die starke Nachfrage von Schulen wird das SmartLab zukünftig mit dem Institut für Informatikdidaktik sowie mit dem Regionalen Fachdidaktikzentrum für Informatik an der AAU eng zusammenarbeiten. Schülerinnen und Schüler sollen animiert und geschult werden, Produkte zu entwerfen, diese digital zu modellieren und im SmartLab auszudrucken. Zudem werden sie von uns und dem Gründerzentrum build! unterstützt, Geschäftsmodelle für diese Produktideen und Prototypen zu entwickeln.

Im Jänner fand die erste Praktikumsmesse start-up! an der AAU statt. Eine weitere Initiative, um den Kärntner Arbeitsmarkt zu stärken.
Die hohe Beteiligung von 38 regionalen Gründern ist ein Beweis dafür, dass es viele erfolgreiche Kärntner Start-ups gibt. Mit der Praktikumsmesse wurde ein Raum der Begegnung geschaffen und knapp 140 Praktika und Einstiegsjobs standen für AbsolventInnen und Studierende zur Verfügung.

für ad astra: Lydia Krömer

Zur Person

Erich Schwarz, geboren 1963, ist seit 1999 Professor für Innovationsmanagement und Unternehmensgründung und Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Er studierte an der Montanuniversität Leoben und forschte in den USA.
Derzeit führt er gemeinsam mit Robert Breitenecker ein vom OeNB gefördertes Forschungsprojekt zu Unternehmens-Exit und Wiedereinstieg durch, bei dem die Gründungslandschaft in Österreich analysiert wird. Dazu werden 277.000 Datensätze ausgewertet.

Schwarz Erich | Foto: aau/Barbara Maier