#UNGELAUFEN

501 historische Ansichtskarten besitzt die Universitätsbibliothek Klagenfurt. Studierende des Studiengangs Angewandte Kulturwissenschaft haben unter der Leitung von Ute Holfelder die Sammlung aufgearbeitet und für die 23. Ausstellung in der Reihe Kostbarkeiten aus der Bibliothek kuratiert.

Die wenigsten wissen, dass ohne einen gebürtigen Klagenfurter diese Ausstellung gar nicht stattfinden könnte. Emanuel Herrmann (1839–1902) gilt als Erfinder der Korrespondenzkarte bzw. Postkarte. 1869 führte er ein Kommunikationsmittel ein, das günstiger verschickt werden konnte als Briefe. Ähnlich der heutigen SMS ließen sich damit kurze Mitteilungen von bis zu 20 Wörtern übermitteln. Diese kluge Erfindung entwickelte sich mit der Zeit weiter. Durch das Bedrucken einer Seite mit einem Bildmotiv erhielt die Postkarte eine weitere Informations- und Bedeutungsebene. Plötzlich gab es die Möglichkeit, den Bekannten zuhause jene Orte zu zeigen, die man besucht hat. Diese „Ansichtskarten“ wurden aber nicht nur verschickt, sondern auch gesammelt, um eine kleine Welt im eigenen Wohnzimmer zu haben.

 

Die Sammlung der Universitätsbibliothek Klagenfurt umfasst 501 Ansichtskarten aus dem Zeitraum 1901 bis 1942. Nur wenige dieser Ansichtskarten wurden aber tatsächlich beschrieben und versendet. Diese wenigen gelaufenen stammen von der Familie von Richard Fuchs (1890–1953), dem Direktor der Studienbibliothek in der Kaufmanngasse, der sich um diese Sammlung bemühte. Ohne sich selbst bewegen zu müssen, konnte man mit diesen Karten fast 4000 km reisen und auf diese Art das Schöne und Sehenswerte von Kärnten, den benachbarten Regionen und fernen Städten betrachten: ob Gletscherspalten oder der Blick auf die drei Zinnen, den Wörthersee, Berge wie den Großglockner, den Dobratsch oder den Luschari und den Triglav. Man konnte sich vorstellen in Kroatien zu baden und Spaziergänge durch Sankt Veit an der Glan, Klagenfurt, Knittelfeld, Budapest, Graz und Innsbruck zu unternehmen.

 

Außerdem enthält das UB-Konvolut einige Künstlerpostkarten, die unter anderem vom Landschaftsmaler Raoul Frank (1867–1939) stammen. Schöne Plätze rund um den Wörthersee und Sehenswürdigkeiten aus Klagenfurt bildeten seine Aquarellmotive, die er speziell für Ansichtskarten gemalt hat. Neben den heute noch üblichen Motiven verweisen viele Karten auf Innovationen und den Fortschritt der Zeit. So findet sich in der Sammlung eine Serie, die den Bau der Karawanken-Bahn dokumentiert. Auch nicht selten kommen rauchende Schlote von imposanten Fabrikgebäuden vor. Die Fotografien stammen von professionellen Fotografen, die schon damals genau wussten, welche Aufnahmen sich gut verkaufen lassen – der Wert liegt auf der ästhetischen und ansprechenden Darstellung des ausgewählten Motivs.

 

Die Verlage verfügten über reichhaltige Sammlungen an Verzierungselementen und Motiven, die wirkungsvoll ins Bild gesetzt werden konnten. So kommt es auch vor, dass Personen zur Belebung der Fotografie hineinkopiert wurden oder Randmotive als Dekor dienten. Doch welche Motive waren beliebt um 1900? Was bedeutet der Begriff Korrespondenzkarte und welchen Stellenwert hatte sie in der Gesellschaft? Und wie sah das Verlagswesen zu dieser Zeit aus? Diesen und vielen anderen Fragen wird in der Ausstellung #UNGELAUFEN. 501 historische Ansichtskarten auf den Grund gegangen, die von Juni bis Oktober 2021 in der Universitätsbibliothek gezeigt wird.

für ad astra: Barbara Maier & Karoline Wochocz & Denise Zaros