Neue Technologie wird Versorgung mit medizinischer Schutzausrüstung optimieren
Im Frühjahr 2020 wurde vielen in Europa schmerzlich bewusst, dass die Versorgung mit Mund-Nasen-Schutz, Handschuhen und Schutzanzügen alles andere als krisensicher ist. Ein Forschungsteam aus Österreich und China arbeitet seit einem halben Jahr an Technologien, die an verschiedenen Ebenen der Versorgungskette ansetzen und dazu führen sollen, dass Schutzausrüstung (auch in Krisenzeiten) schneller, effizienter und günstiger nach Europa gelangt.
Rund 50 Milliarden Euro wurden 2020 für medizinische Schutzausrüstung weltweit ausgegeben. Hier gebe es großes Einsparungspotenzial, so das Forschungsteam des Projekts ADAPT. Rund acht Milliarden Euro könne man mit einem optimierten Transport, weitere fünf Milliarden Euro durch geringere Verzögerungen im Zahlungsverkehr einsparen.
Forscher*innen des Instituts für Informationstechnologie bauen unter der Leitung von Radu Prodan nun gemeinsam mit einem Team des Institute of Automation der Chinese Academy of Sciences ein anpassungsfähiges und autonomes Entscheidungsnetzwerk auf, das alle Stakeholder entlang der Versorgungskette unterstützen soll.
Radu Prodan sieht Optimierungsbedarf auf zahlreichen Ebenen: „Ein Großteil des Informationsaustausches wird heute noch per Telefon und E-Mails über Zeitzonen hinweg gemacht, was zu höheren Kosten und längeren Bearbeitungszeiten führt: Es war zuletzt sehr schwierig, fortlaufend zu koordinieren, wie viel die chinesischen Fabriken erzeugen können und wie viel Europas Krankenhäuser schließlich zeitgerecht erhalten werden. Während an einem Ort Fabriken mit der Produktion überlastet sind, sind andere wiederum nur halb ausgelastet. Die Transportkapazitäten zu Land und in der Luft passen nicht immer zu dem, was gerade gebraucht wird, und bei der Einfuhr der Schutzausrüstung gibt es langwierige Kontrollen der Zertifizierungsstandards. All das verzögert auch die Rechnungslegung und schließlich den Finanzfluss zwischen den Handelspartnern.“
Ziel des Forschungsprojekts ist es, eine gemeinsame Blockchain-Lösung bereit zu stellen. In diesem Netzwerk gelte es eine Fülle von Daten zu verarbeiten: Die Kapazitäten von Angebot, Nachfrage und Transport, Echtzeit-Zertifizierungsprüfungen und Produktionsdokumentation sowie Entscheidungsfindungsmöglichkeiten auf allen Ebenen. Die Blockchain-Technologie habe hierfür entscheidende Vorteile: Sie könne Transparenz für die gesamte Versorgungskette ermöglichen und viele zeitraubende Einzelschritte effizienter machen.
Diese vermehrte Effizienz würden wir dringend brauchen, so Prodan weiter: „Eine gemeinsame und umfassende IT-Lösung könnte in Zukunft die Lage wesentlich verbessern und so mit einer verlässlicheren und besseren Versorgung mit medizinischer Schutzausrüstung viele Menschenleben retten.“
Neben der Universität Klagenfurt und der Chinese Academy of Sciences sind im Projekt ADAPT (Adaptive and Autonomous data Performance connectivity and decentralized Transport decision-making Network) die Johannes-Kepler-Universität Linz sowie die Unternehmen Logoplan – Logistik, Verkehrs und Umweltschutz Consulting GmbH sowie Intact GmbH als Projektpartner involviert. Das Projekt ist mit rund 570.000,- Euro dotiert und läuft für zwei Jahre. ADAPT wird zum größten Teil von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanziert.
für ad astra: Romy Müller
Zur Person
Radu Prodan ist seit März 2018 Professor für Verteilte Systeme am Institut für Informationstechnologie. Seine Forschungsschwerpunkte sind parallele und verteilte Systeme, Cloud Computing, Hochleistungsrechner, Performanz-Analyse und Werkzeuge, Scheduling und Optimierung, Compilertechnologie und Energieeffizienz. Er leitet(e) mehrere FWF-, FFG- sowie EU-HORIZON2020-Projekte, aktuell unter anderem ARTICONF, mit dem ein blockchainbasiertes Social-Media-System aufgebaut werden soll, sowie DataCloud, das eine Verbesserung der Big Data Pipelines anstrebt.