Wie kommunizieren wir in der Zukunft?

Bottom-up und Top-down: Andrea Tonello und sein Team am Institut für Vernetzte und Eingebettete Systeme verbinden die methodischen Ansätze zweier Wissenschaftsdisziplinen und entwickeln leistungsstarke neue Werkzeuge, die dazu beitragen, in Zukunft neue Formen der Kommunikation zu ermöglichen.    

Andrea Tonello, Professor für Embedded Communication Systems, ist Spezialist für drahtlose und Power Line Kommunikation, Smart Transportation und Smart Grids. Als Wissenschaftler und Lehrer ist er leidenschaftlich am Austausch von Ideen interessiert und sammelt auf seinen Reisen anregende Ansichten.

Getrieben von der Neugierde, das Grundbedürfnis nach Kommunikation aus technologischer Perspektive zu beforschen, promovierte er in Elektrotechnik und Nachrichtentechnik. Mathematik und Physik spielen für ihn eine wesentliche Rolle. Auf dem Weg von einer Person zur nächsten durchqueren Informationen ein Kommunikationsmedium. Egal welche Form der Kanal hat, die Informationen unterliegen den Regeln der Natur. Das Verständnis dieser Regeln und ihrer Auswirkungen wird durch die Beobachtung physikalischer Größen und Wechselwirkungen erworben und erfordert einen enormen Lernaufwand und rigorosen Bottom-up-Ansatz.

Neu an der Methode ist die Kombination dieser Perspektive mit phänomenologischen top-down Beobachtungen der Informatik. Diese Ansätze verbindend arbeiten diese zwei methodischen Bereiche nun zusammen, was laut Tonello zu einem Paradigmenwechsel geführt und eine neuartige Erkenntnistheorie hervorgebracht hat.

Tonello beschreibt zur Veranschaulichung die Nutzung von Stromkabeln zur Datenübertragung. Obwohl die Idee für Power Line Communication (PLC) nicht neu ist, wurden in den letzten Jahren mit Aufkommen des maschinellen Lernens und statistischer Analyse beachtliche Fortschritte erzielt. Mit diesen Tools aus der künstlichen Intelligenz und durch die Formulierung grundlegender Fragen konnte das Verständnis der Mechanismen der Signalausbreitung bei der Übertragung von Informationen über Stromleitungen erheblich verbessert werden.

Forschungsteams identifizieren dabei das System und die inhärenten Regeln und wenden ein modellbasiertes Design an, um die Systemtopologie abzubilden, sodass sie die Verbreitung der signaltragenden Informationen präzise vorhersagen und steuern können. Nach Analyse der Übertragung nutzen sie ihre mathematische Expertise, um Algorithmen und Protokolle zur Verbesserung der Übertragungsleistung zu entwickeln. Die mathematischen Modelle werden in Computersimulationen implementiert, und getestet. Dies kann sehr befriedigend sein, erklärt Tonello, da Forschungsteams eine Validierung des Experiments, zugleich aber auch einen mathematischen Beweis ihrer Ergebnisse erhalten.

Strom wird in PLC mit niedriger Frequenz übertragen, während Kommunikationssignale eine hohe Frequenz verwenden. Unabhängig davon, ob die Kommunikation Sprache, Video, eine Datenbank oder ein Bild umfasst, beginnt sie ihre Reise als Bits. Um sich durch Stromleitungen zu verbreiten, werden diese Bits in elektromagnetische Signale umgewandelt und schließlich von einem Empfängergerät wiederhergestellt. Die Übertragung kann jedoch durch Rauschen, Verzerrungen oder Kabelschäden beeinträchtigt werden, mit schwerwiegenden Auswirkungen.

Tonello und sein Team arbeiten an einer Technologie, die den Zustand des Stromnetzes überwacht und Anomalien erkennt, die zu Störungen führen können. Obwohl großflächige Ausfälle selten sind, sind Ausfallsicherheit, Zuverlässigkeit und Systemsicherheit äußerst wichtig, da es sich um eine kritische Infrastruktur handelt.

PLC ist in der Messtechnik und Diagnose bereits weit verbreitet. So messen etwa intelligente Stromzähler den Verbrauch und übermitteln Daten über dasselbe Stromnetz an Rechenzentren oder Kunden. Tonello skizziert eine gewagte Vision und beschreibt die mögliche Nutzung von PLC zur Bereitstellung einer fortgeschrittenen Energieinfrastruktur, die intelligente Energienetzdienstleistungen bietet. Hier könnten Mitglieder von Energiegemeinschaften gleichzeitig als Produzenten und Konsumenten agieren und Energiepakete ähnlich wie Währungen über ein digitalisiertes Energienetz austauschen.

Vorschläge dieser Art bieten zahlreiche Vorteile, nicht zuletzt für weniger entwickelte Länder, da sie sowohl technologische als auch soziale Fragen wie ökologische Nachhaltigkeit, Verteilungsgerechtigkeit und die Demokratisierung der Informationen behandeln, und einen vielversprechenden Ausblick auf die Zukunft der Kommunikation gewähren.

für ad astra: Karen Meehan