Sicherheit in der digitalen Zukunft

Unser tägliches Kommunikationsverhalten verlagert sich zunehmend in den Bereich des Internets und wirft zahlreiche Fragen der Sicherheit und des Risikos auf. Als Übersetzerin zwischen Theorie und Praxis versucht die angewandte Kryptographie, einige dieser Fragen zu beantworten.   

Elisabeth Oswald ist seit Juni 2019 Professorin für Angewandte Kryptographie am Digital Age Research Center (D!ARC). Gefragt danach, wie sie interessante Themen für ihre Forschung identifiziert, stellt Oswald fest, dass sich das Thema ihres ERC-Grant schrittweise entwickelt hat: Sie traf immer wieder auf ein datenbezogenes Problem und investierte weitere zwölf Monate in die sorgfältige Formulierung der Forschungsfragen.

Ausgehend von ihren mathematischen Wurzeln und ausgestattet mit einem umfassenden Verständnis der Praxis, ist sie bemüht, zwischen der theoretischen Welt der mathematischen Beweise und dem praktischen Anwendungsbereich zu vermitteln, wo diese strengen Annahmen oft verletzt werden. Die Anwendung der Kryptographie erfordert in der Praxis oft Kompromisse. Oswald beschreibt dies als Bewältigung jener Unordnung, die unser reales Leben charakterisiert – eine, wie sie meint, befriedigende Aufgabe.

Oswald und ihr Team arbeiten an einem Software-Tool, das diese Brückenfunktion übernimmt und bei der Implementierung von Kryptographie hilft, indem es Lecks während der Entwicklung frühzeitig erkennt. Noch befinden sie sich in der Anfangsphase des 5-jährigen Projekts, dennoch verfügen sie bereits über einen funktionierenden Prototyp, der intensiv getestet wird. Dies ermöglicht der ERC-Grant, ein EU-Finanzierungsmodell zur Förderung der wissenschaftlichen Neugierde, das Freiheit für wissenschaftliche Experimente bietet und herausragende Forscher*innen aus aller Welt anzieht.

Die angewandte Kryptographie ist eine interdisziplinäre Wissenschaft und greift stark auf andere Bereiche wie Statistik oder Machine und Deep Learning zurück, um Methoden zu entwickeln und zu testen. Da sie hier abweichend eingesetzt werden, müssen etablierte Instrumente angepasst und neu kombiniert werden, um den Forschungsfragen besser gerecht zu werden.

Oswald nutzt die physikalischen Eigenschaften von Geräten wie Stromverbrauch und elektromagnetische Ausstrahlung, um zu untersuchen, wie Informationen entweichen. So vereint ihr wachsendes Team Spezialisten für Hardware-Design, Experten für statistisches Machine Learning und Informatiker. Die internationale Zusammensetzung des Teams spiegelt das globale Forschungsfeld wider, das von Wissenschaftler*innen aus der ganzen Welt bevölkert wird und durch die dynamische Kollaboration von Wissenschaft und Industrie gekennzeichnet ist, wobei die Praxis eine ebenbürtige Rolle bei der Verbreitung neuen Wissens spielt und die Forschung mit vorantreibt. Aktuell sind Forscher*innen und Industriepartner intensiv mit den jüngsten Entwicklungen im Bereich von Secure Multi-party Computation und Fully Homomorphic Encryption beschäftigt, die großes Potenzial für die angewandte Kryptographie bergen, obwohl es noch zu früh ist, um die gesamte Bandbreite der nutzbaren Effekte zu bestimmen.

Oswald, die nun diese junge Wissenschaft in Klagenfurt einführt, freut sich auf die Zusammenarbeit mit neuen Kolleg*innen und etablierten Gruppen vor Ort in Überschneidungsbereichen mit Synergieeffekten, wie etwa Systemsicherheit und Künstliche Intelligenz. Ein gemeinsames Ziel, das Masterstudienprogramm in Cybersecurity, ist bereits in Vorbereitung. Dies wird ein Baustein unter vielen sein, in einem wirkmächtigen Forschungsgebiet mit enormen Konsequenzen für die Gesellschaft.

Im Zusammenhang mit der sozialen Dimension sieht Oswald dringenden Bedarf an einer gesellschaftlichen Debatte über grundlegende Fragen der Ethik, Sicherheit und Privatsphäre, um zu gewährleisten, dass eine informierte Gesellschaft in Zukunft verantwortungsvolle Entscheidungen treffen kann. Neben der Aufklärung über Sicherheit und Datenschutz und der Erläuterung der Risiken, die mit unserem Online-Verhalten verbunden sind, ist es essenziell darüber nachzudenken was es bedeutet, wenn Privatsphäre als Ware betrachtet wird. Ein Blick auf die Geschichte und um den Erdball zeigt, dass die Abkehr von demokratischen Prinzipien häufig mit dem Verlust der Privatsphäre einhergeht. Obwohl die angewandte Kryptographie zweifellos einen wichtigen Beitrag für eine sichere Online-Kommunikation leisten kann, ist es laut Oswald wichtig, auch diese grundlegenden Fragen zu behandeln.

für ad astra: Karen Meehan