Klagenfurt: Das Ideal einer Renaissance-Stadt

Die Brandkatastrophe, die 1514 – vor mehr als 500 Jahren – das bis dato unbedeutende Städtchen Klagenfurt bis auf die Grundmauern abfackelte, erwies sich im Nachhinein als Glücksfall: Besitzer des Städtchens war Kaiser Maximilian I., zugleich Erzherzog von Kärnten. Dieser ersparte sich die Kosten für den Wiederaufbau, indem er den Ort im Jahr 1518 den Kärntner Landständen schenkte. Klagenfurt hatte nun den Status einer landständischen Stadt, die zudem zur neuen Hauptstadt Kärntens ernannt wurde. Die Landstände ließen sich nicht lumpen: Mit dem Wiederaufbau Klagenfurts realisierten sie die einzige ideale Renaissance-Stadt im heutigen Österreich.

Idealstädte waren für Städteplaner des 16. Jahrhunderts ein geläufiges Gedankengut. Schon seit der Antike taucht der Begriff in der Architekturtheorie auf. Verstärkt aufgegriffen wurde er dann in der Renaissance, als etwa Alberti oder Filarete Traktate über die Ästhetik und Utopie von Idealstädten schrieben. Typisch für alle Ansätze war die Forderung nach symmetrisch angelegten Stadtplänen. Unter Vermeidung alles organisch Gewachsenem suchten die Utopisten nach dem „großen Wurf“. Tatsächlich gebaut wurden allerdings die wenigsten dieser Idealstädte, Klagenfurt ist eines der wenigen Beispiele.

Angeregt von oberitalienischer Fortifikationstechnik und unter maßgeblicher Planung des aus Lugano stammenden Baumeisters Domenico dell‘Allio (de Lalio), entstand in Klagenfurt ab 1527 eine ausgeklügelte, auf dem Reißbrett entworfene Befestigungs- und Stadtanlage. Dazu wurde zunächst der Lendkanal ausgehoben, der die Stadt mit dem Wörthersee verbindet. Dieser Kanal versorgte den dann geschaffenen Stadtgraben – der 7 m tief und zwischen 34 bis 38 m breit war – mit Wasser. Das beim Aushub des Stadtgrabens gewonnene Material diente zur Aufschüttung des Stadtwalles, der an der Außenseite durch eine 15 m hohe Bruchsteinmauer verstärkt wurde.

Die Stadtbefestigung hatte die Form eines regelmäßigen Rhombus mit einer Seitenlänge von etwa 700 m. Ab Mitte des 16. Jahrhunderts wurden die vier Ecken der Anlage mit Basteien fortifiziert. Ähnliche bastei-ähnliche Bauten sicherten die vier mittigen Stadttore, die mit figürlich-plastischer Bekrönung geschmückt waren. Hölzerne Brücken führten über den Stadtgraben auf die Stadttore zu, an deren Namen noch heute die Bezeichnungen der Ringstraßen erinnern: St. Veiter Ring, Völkermarkter Ring, Viktringer Ring und Villacher Ring.

Nachdem die Wehranlage mit großem finanziellen Aufwand zwischen 1527 und 1591 erbaut war, setzte ab den 1570er-Jahren auch innerhalb der Stadtmauern eine immer regere Bautätigkeit ein. Die drei Großprojekte der damaligen Zeit waren das Landhaus, also der Ort der politischen Zusammenkunft und Repräsentanz der Landstände, das Bürgerspital – eine Art Krankenhaus – und das Collegium sapientiae et pietatis, eine humanistische Bildungseinrichtung und der Vorläufer der heutigen Universität. Kirchen wurden gebaut, so die protestantische Dreifaltigkeitskirche (der heutige katholische Klagenfurter Dom), später gründeten hier im Zuge der Gegenreformation Ordensgemeinschaften Klöster. Auch siedelten sich sukzessive wieder Adel und Bürger in der Stadt an, die einen Bedarf an Wohn- und Arbeitsstätten hatten. Neben der Altstadt entstand die so genannte Neustadt, die siebenmal größer als die Altstadt war. Ihre Straßen wurden auf dem Zeichenbrett nach einem gleichförmigen Rasterplan anlegt, der bis zum heutigen Tage existiert. Zentrum der Neustadt wurde der Neue Platz mit dem Lindwurm, der Ende des 16. Jahrhunderts von einem unbekannten Meister aus einem riesigen Block Kreuzbergl-Schiefer gearbeitet wurde und zum Wahrzeichen der Stadt Klagenfurt wurde.

Heute stehen von der ehemaligen Stadtbefestigung nur noch vereinzelte Reste, vor allem im Bereich des Villacher Ringes. Der innere Ring um die Innenstadt von Klagenfurt folgt noch heute in seiner Straßenführung dem Verlauf der früheren Stadtmauer. Wie an so vielen anderen Orten auch ließen die Franzosen, die 1809 die Landeshauptstadt besetzt hatten, alle Mauern, Bastionen und Tore der Verteidigungsanlage schleifen. Das einzig verbliebene Tor, das Völkermarkter Tor, fiel 1867 der Spitzhacke zum Opfer.

In der Innenstadt sorgen die Plätze und die stattlichen Gebäude für den bezaubernden Flair. Mit ihren Barock-, Rokoko- und Jugendstilfassaden säumen sie den Alten Platz und die Kramergasse, der ersten Fußgängerzone Österreichs (1961). Geschäfte und Cafés laden zum Flanieren und Verweilen ein.

Dank an Birgit Stegbauer und dem CIC International Club Kärnten für die Überlassung des Textes.