Königinnen und Könige des Drags | Foto: Sophia Rührer/Sophography

Königinnen und Könige des Drags

Ein Drag-Workshop war der Ausgangspunkt für einen Blick von ad astra hinter die Kulissen der Arbeit des ÖH-Queer-Referats.

Gut 15 junge Menschen, großteils Frauen, haben sich an dem Nachmittag an der Universität eingefunden, um mit Geschlechterrollen zu spielen und sich in einer neuen Gender-Komposition zu versuchen. Veranstaltet wird der „Drag-Workshop“ vom Queer-Referatsteam der ÖH an der AAU. Geleitet wird er von Rebecca Carbery.

Nach einer Einführung tauchen die Drag- Queens und -Kings in die zur Verfügung gestellte Garderobe mit Accessoires und Schminkutensilien ein, die die Bausteine zur Konstruktion ihres Genderexperiments werden sollen. Dem Styling folgen Körperspracheübungen und ein Fotoshooting. „Der Abend endete schließlich in der Stadt“, erzählt Queer-Referent Tim Bäuerle. Gefeiert wurde in der Strass-Bar. Dort setzten die Drag-Kings und -Queens das Spiel mit der gezielten Übertreibung des „weiblichen“ bzw. „männlichen“ Habitus fort. Bäuerles Kollegin Mareen Hauke erzählt dazu: „Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer fanden sich schnell in der neuen Rolle zurecht; andere mussten etwas mehr üben, um sich auf ungewohnte Bewegungsabläufe einzustellen.“ Mit dem Drag-Namen, dem Drag-Outfit und der entsprechenden Körpersprache gehe auch ein neues Körpergefühl einher, das ermöglicht, verinnerlichte, gängige ‚weibliche’ bzw. ‚männliche’ Verhaltensmuster zu hinterfragen, berichten die TeilnehmerInnen später. Den Rahmen für den Ausklang bot der Queer-Stammtisch, der ein Fixpunkt des Programms des Referats ist.

„Für Menschen, die alternative Liebes- und Lebensbeziehungen pflegen, ist das Vorhandensein einer Gemeinschaft wichtig, weil Queer-Sein oft mit dem Entzug von Privilegien verbunden ist“, erzählt Bäuerle. Sie erlaube es einem, Gleichgesinnte zu finden. Viele Homosexuelle würden sich erst während des Studiums outen, was oft Information, Beratung und Begleitung notwendig mache. Einige seien, so Bäuerle, seit ihrer Kindheit alleine mit dem Thema und suchen Gelegenheiten, sich auszutauschen.

Er ist selbst im Oktober 2014 aus Stuttgart nach Klagenfurt gekommen und kannte niemanden in der Kleinstadt. Als er sich „nach einer Community umsah“, stieß er auf einen „Queerfeministischen Kunstworkshop“ und knüpfte schnell Bekanntschaften. Die vom Queer-Referat angebotenen Filmabende, Workshops und Stammtische erfreuen sich, so Bäuerle, eines großen Zulaufs. „Queer zu sein“, sei durch öffentliche Debatten leichter geworden. Zuletzt habe auch Songcontest-Gewinner_in Conchita Wurst zur Auflösung des Klischeedenkens beigetragen.

„Attribute müssen nicht immer ‚weiblich‘ oder ‚männlich‘ sein, sie können auch ausgetauscht und individuell neu zusammengesetzt werden“, betont Bäuerle. Drag ist die Kunst der Überzeichnung: „Damit möchte man auch provozieren und auf die Klischees aufmerksam machen, um sie zu überwinden.“ Die Auseinandersetzung mit Queer(em) bedeute immer die Hinterfragung und Dekonstruktion von dem, was biologisches und soziales Geschlecht gesellschaftlich vorgeben.
Bäuerle selbst passt auch in keine Schablone: Mit Piercings, Tattoos und alternativem Kleidungsstil würde man in der Angewandten Betriebswirtschaft vermuten.

Diskriminierungserfahrungen habe er in Klagenfurt, auch an der Uni, kaum gemacht. Die „Queer Community“ sei für eine Kleinstadt „okay“, und von der ÖHLeitung und der Universität würden die
Aktivitäten unterstützt. Das meiste, was bisher organisiert wurde, blieb in studentischer Hand, auch einige Lehrende hätten bereits mit Vorträgen mitgewirkt bzw. diese angeboten. Beschaulich positiv, aber vielfältig sei das Leben an der Uni für Tim Bäuerle. Und vor allem entspannt.

für ad astra: Romy Müller

 

ÖH-Queer-Referat: Sara Scheiflinger (Gerome), Mareen Hauke (Martin) und Regina Menzinger (Ricky) tragen Tim Bäuerle (Pamela) | Foto: Sophia Rührer/Sophography

ÖH-Queer-Referat: Sara Scheiflinger (Gerome), Mareen Hauke (Martin) und Regina Menzinger (Ricky) tragen Tim Bäuerle (Pamela) | Foto: Sophia Rührer/Sophography