Georg Joseph Streißgürtl

Titel des Dissertationsvorhabens

Georg Joseph Streißgürtl: Leaving Care in Österreich – Dimensionen von Agency beim Aufbau einer selbstständigen Lebensführung

Stipendiatin: Mag. Georg Joseph Streißgürtl

Laufzeit des Stipendiums: 1. September 2020 bis 30. Juni 2021

Der Übergang von stationären Settings der Kinder- und Jugendhilfe zur eigenverantwortlichen Lebensführung kann für junge Menschen selbstredend eine Zeit erhöhter Vulnerabilität bedeuten. Vor diesem Hintergrund erstaunt es, dass in Forschungen zu Maßnahmen der vollen Erziehung die Prekarität dieser Statuspassage lange Zeit wenig beachtet wurde. Mit dieser Forschungsarbeit wird ein dahingehend nötiger Beitrag geleistet, wobei der Fokus auf die Bedeutung des Konstrukts Agency im Prozess der Verselbstständigung gerichtet wird. Unter Agency, zumeist übersetzt als Handlungsfähigkeit oder Handlungsmächtigkeit, entfaltet sich in den Sozialwissenschaften aktuell eine breite und heterogene Diskussionslandschaft. Diese Arbeit setzt an einer relationalen Verstehensweise des Begriffs an, die danach fragt, wie Agency sozial ermöglicht, begrenzt und hergestellt wird, und beforscht das Themenfeld aus der Perspektive einer Oberkategorie, die im Sinne einer Agentivierung den Prozess der Zuschreibung von Handlungsmächtigkeit selbst meint. Die leitende Fragestellung, wie Care Leaver den Aufbau einer selbstständigen Lebensführung erleben, zielt somit auf die subjektive Zuschreibung von Agency und Spuren eigener Agentivität in Relation zur Zeitdimension, zu anderen Wirkmächten wie Personen, Orten, Strukturen oder Artefakten und im Verhältnis zu den verschiedenen Lebensbereichen; Agency dient damit gleichsam als heuristische Annäherung an das Konstrukt Selbstständigkeit. Das Projekt versteht sich als Grundlagenforschung mit dem Ziel die theoretischen Konzepte zu erweitern, weshalb die reflexive Grounded Theory, wie sie Breuer (2009) beschreibt, sowohl als methodologische Herangehensweise als auch als induktives Auswertungsverfahren gewählt wurde. Als Methode zur Datenerhebung diente das biografisch-narrative Interview, das jeweils durch eine Netzwerkanalyse mithilfe von Netzwerkkarten ergänzt wurde. Es wurden, im Sinne des Theoretical Sampling, 19 Interviews mit Personen in Wien, Steiermark und Kärnten durchgeführt, die in einer sozialpädagogischen Einrichtung betreut wurden und deren zeitlicher Abstand zur Hilfemaßnahme mindestens ein Jahr betrug. Ein wesentliches Ergebnis soll die Generierung von Typen darstellen, bezogen auf die Narrationen übergreifenden Positionierungen hinsichtlich der subjektiven Verstehensweisen von Selbstständigkeit.