Tränen der Liebe

Die Ausstellung Daniel Spoerri „Fadenscheinige Orakel und so.“ wird im November 2015 in der Foyergalerie der Alpen-Adria-Universität stattfinden. Zur Vernissage am 10. November wird Zenita Komad die Intervention „Tears of Love, eine Hommage an Spoerri“ realisieren. Die 1980 in Klagenfurt geborene und in Wien lebende Künstlerin gab ad astra Antworten auf drei Fragen.

Was ist für Sie das Besondere an den Arbeiten von Daniel Spoerri?
In der Galerie Krinzinger wurde vor ein paar Jahren seine Arbeit „Essen für Arm und Reich“ neu inszeniert. Eine Hälfte der langen Tafel wurde für Reiche und die andere für Arme eingedeckt. Ein Los entschied, wo man sitzt. Ich saß auf der Seite der Reichen. Hier wurden die spärlichen, angeblich noblen Gerichte serviert: ein Hauch von „Nichts“ mit viel Chichi. Die Armen bekamen Suppe, Brot
und Wein. Im Laufe des Abendessens begannen die Reichen von den Armen zu betteln, da sie hungrig geblieben waren. Es war ein wunderbares Erlebnis. In zauberhafter Leichtigkeit konnten dabei auch schwierige Themen besprochen und analysiert werden. Das mag ich an Spoerris Arbeit: seine Leichtigkeit, seinen Humor und sein Hinterfragen.

Ich denke, dass uns das verbindet. Ich erlebe ihn als sozial denkenden Menschen und sehe in seinen Tisch-Fallenbildern auch diese verbindende Ebene. Das gemeinsame Essen ist ja eine familiäre Situation von Zusammensein. Seine frühen Arbeiten mit den Überresten von Fressgelagen sind sehr poetisch und gleichzeitig beunruhigend. Die Reste muten wie eine gespenstische Erinnerung an vergangene Momente an, an Witze, Streitereien und wichtige Gespräche. Er macht den Betrachter zum
Spurensucher und Kaffeesudleser.

Wie schaffen Sie auf künstlerische Weise „bessere Verbindungen“?
Meine Arbeiten sind oft interaktiv. Zum Beispiel in der Ausstellung „Spirituality is not shopping“ im Jüdischen Museum mit einem Orakel. Die BesucherInnen konnten aus einem Kartenset eine Antwort ziehen und dann in den Räumen nach dieser suchen.

Momentan entwickle ich mit Freunden das so genannte CircleXperiment. Es geht um Zusammenhalt und Empathie. Zehn Personen sitzen im Kreis und bearbeiten unter Moderation verschiedene Themen. Dabei wird sichtbar, dass unterschiedliche Meinungen kein Hindernis sind, um zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Die Entscheidungen werden vieldimensional und geben eine ganzheitliche Richtung an. Die Kunst hat eine große Verantwortung und kann (und muss) der Gesellschaft helfen, zu neuen Denkschulen und Handlungsweisen zu kommen. Der Mythos des Künstlers, der sich im Atelier versteckt, funktioniert schon lange nicht mehr. Es geht vielmehr um den Kontakt mit den Menschen und um eine soziale Bemühung und Verantwortlichkeit.

Geht die Klagenfurter Intervention in eine ähnliche Richtung?
„Tears of Love – Tränen der Liebe“ wird keine Reminiszenz an die Vergangenheit, sondern eine Liebeserklärung an den Moment, an das „Jetzt“ und das „Wir“, die zwingend miteinander verbunden sind. Die paradoxe Frage lautet: Wenn ich nicht für mich bin, wer ist dann für mich; und wenn ich für mich selbst bin, was bin ich dann?

für ad astra: Barbara Maier

 

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