Im Kosmos von Barbara Kaltenbacher
Mein Kosmos ist in erster Linie meine Familie, also mein Mann und unsere drei Kinder.
Ich genieße es, wenn wir beisammen in unserem Zuhause sind, einer Wohnung von 120 Quadratmetern mit Garten in Klagenfurt. Die Größeren machen sich ja schon etwas rar. Unser Sohn (18) hat die Matura hinter sich und möchte so wie die ältere Tochter (14) mehr für sich sein. Weniger unsere Kleine, sie ist sechs Jahre alt.
Mein Mann ist Professor für Messtechnik und Aktorik an der Technischen Universität Wien und kommt jedes Wochenende heim. Das zeitweise Getrenntsein ist etwas, was wir beide durchaus schätzen. Er nimmt sich dann bewusst mehr Zeit für die Kinder und für mich. Außerdem sind wir an das Pendeln seit 16 Jahren gewohnt – fast schon seitdem wir uns kennen. Die berufsbedingten Orte waren Linz, Erlangen, Stuttgart und Graz. Seit sieben Jahren sind wir nun in Klagenfurt. Die Kinder haben sich dem Pendeln angepasst. Jeder Elternteil ist für bestimmte Bereiche zuständig, z. B. mein Mann für Physik und ich für Mathematik.
Mein zweiter Kosmos ist die Arbeit, doch der ist vom Kosmos Zuhause nicht so sehr getrennt. Ich arbeite auch viel und gerne daheim – Arbeiten fällt bei mir unter Leidenschaften. Eines meiner derzeitigen Forschungsprojekte behandelt Mathematische Modellierung, Analysis und Optimierung in der nichtlinearen Akustik. Anwendung ist die Simulation von Hochleistungsultraschall, wie er in der Praxis etwa bei der Nierensteinzertrümmerung eingesetzt wird. Die Schnittstelle zwischen Mathematik und Physik, aus der sich auch in diesem Fall eine Zusammenarbeit mit meinem Mann ergibt, macht mir zunehmend mehr Spaß. Die Formel auf dem von unserer Kleinen gehaltenen Blatt gibt einen Zusammenhang wieder zwischen dem akustischen Wechseldruck p, dem akustischen Geschwindigkeitspotenzial Psi und der Dichte Rho. Das Nette an der Formel ist, dass sie diese drei wesentlichen Größen der Akustik in einfacher Weise miteinander verbindet.
Unser Schreibtisch steht im Wohnzimmer, wo sich neuerdings auch das Bett unserer Kleinen befindet, nachdem es der größeren Tochter mit ihr im Zimmer zu eng geworden ist. So haben wir einen etwas unkonventionellen Arbeitsplatz, gleich mit Bett nebendran. Nach Kinderzimmer schaut es hier normalerweise auch aus: alles voller Zettel und Spielzeug.
So gestaltet sich mein Dasein in meinem Kosmos oft in einem Mischzustand.
Dass Arbeit und Familie bei mir sehr nah beisammen liegen, ist für uns alle nicht immer unproblematisch. Noch immer fällt es mir manchmal schwer, einfach den Bleistift fallen zu lassen, um mich um die Bedürfnisse eines Familienmitglieds zu kümmern – aber dazu hat man ja Familie. Umgekehrt ist meine Familie auch daran gewöhnt, dass ich manchmal nicht wirklich ansprechbar bin. Als Mathematikerinhat man ja die Nüsse, die man gerne knacken möchte, immer im Kopf. Da kann schon sein, dass ich vom Tisch aufspringe, um einen Einfall zu notieren. Meinem Mann passiert das natürlich auch. Der Unterschied ist, dass er mich damit aufzieht, ich ihn nicht.
Ich bin vom Typ her eher ein ruhigerer Mensch, wenn es aber zu stressig ist, funkt es auch manchmal. In echte Rage bringt mich jede Form von Engstirnigkeit: wenn jemand auf seinem Standpunkt beharrt, ohne nachzudenken und dabei sich selbst und den anderen im Weg steht. Zum Lachen dagegen bringt mich vor allem mein Mann. Es ist für uns alle daheim wichtig, dass der Schmäh rennt, man einfach Spaß hat miteinander und auch über Blödsinn lachen kann. Gerade, wenn es einmal scharf hergeht, entspannt das die Situation.
für ad astra: Barbara Maier
Zur Person
Geboren: 1969 in Linz
Beruf: Universitätsprofessorin für Angewandte Analysis an der AAU seit 2011
Ausbildung: Studium der Technischen Mathematik an der Universität Linz, Promotion 1996, Habilitation 2003
Kosmos: Zuhause in Klagenfurt, 18. Dezember 2015