“Drones Are Here to Stay. Get Used to It.”
So betitelte das Time Magazine einen Artikel in seiner Ausgabe zum „Zeitalter der Drohne“. Wir haben mit Christian Bettstetter darüber gesprochen, was Drohnen heute können und Drohnen(schwärme) noch nicht können. Zweifellos ist dabei: Unser Luftraum wird in Zukunft belebter werden.
Herr Bettstetter, würden Sie sich in Dubai in eine autonom fliegende Taxi-Drohne setzen?
(zögert keine Sekunde) Ja, würde ich machen. Ich habe Vertrauen in diese Technik. Die meisten Flugzeuge fliegen heutzutage sowieso auch schon autonom, wenn sie erstmal in der Luft sind.
Seit zehn Jahren gibt es Drohnenforschung an der Alpen-Adria-Universität. Sie sind schon etwas länger da, seit 2005. Was konnten Drohnen damals nicht, was sie heute können?
Die Quadrocopter, die wir verwenden, sind sehr viel günstiger geworden. Der Preis liegt nur noch bei einem Zehntel dessen, was sie damals gekostet haben. Außerdem gibt es deutlich mehr Softwarefunktionalität. Man kann sich heute quasi im Elektronikmarkt eine Drohne kaufen, die ein bestimmtes Gebiet automatisch abfliegt. Damals waren Drohnen auf einen Spezialmarkt und auf die Forschung ausgerichtet; heute gibt es Drohnen quasi für jedermann.
Sehen Sie einen Sinn darin, dass Private Drohnen besitzen?
Naja, ich weiß nicht, ob das sinnvoll ist. Ein Negativbeispiel sind Selfie-Drohnen, die über die Köpfe aller Touristen zu schwirren drohen. Aber ich habe mich bei solchen Prognosen schon oft verschätzt: Beim Handy und Tablet hatte ich auch nicht gedacht, dass diese in alle Privathaushalte einziehen werden. Mittlerweile bin ich mit Prognosen vorsichtig.
Reichen Ihrer Meinung nach die aktuellen Regulierungen?
Es überwiegt der Eindruck, dass die juristischen Rahmenbedingungen den technischen Entwicklungen hinterherhinken. Die Herausforderung ist, wie man generell autonome Luftfahrzeuge in den bisherigen Luftverkehr integriert.
Wofür sind Drohnen professionell sinnvoll einsetzbar?
Beispielsweise für die Wartung von Industrieanlagen oder die Einsatzplanung von Rettung und Feuerwehr. In jüngster Zeit hinzugekommen sind Entertainmentshows, bei denen Drohnen mit Lichteffekten als unterhaltsame (umweltfreundlichere) Alternative anstelle von Feuerwerken eingebaut werden. In der Pause des Super-Bowls gab es eine solche Show von Intel. Im Kommen ist auch der Transport durch Drohnen, beispielsweise für Blut oder Laborproben zwischen Krankenhäusern. Dies ist sinnvoll einsetzbar, wenn die Infrastruktur zu Boden schlecht oder durch Umwelteinflüsse wie starke Regenfälle nicht zu benutzen ist. Dies ist keine Fiktion mehr: Ein solches System wird beispielsweise in Rwanda betrieben.
Wie realistisch ist es, dass in Zukunft auch die privaten Pakete per Drohne zugestellt werden?
Wenn die Regulierungen soweit hergestellt sind, wird dies von Firmen angeboten werden. Technisch ist man schon weit: Drohnen können autonom starten, ein Ziel erreichen und landen. In der Realität gibt es dann aber noch viele Schwierigkeiten: beispielsweise stellt ein Sturm ein Riesenproblem dar. Vielleicht kann man den aktuellen Stand mit dem eines Automobils vor etwa 100 Jahren vergleichen. Die Basistechnologie funktioniert, aber es ist noch ein weiter Weg hin zu einer fortgeschrittenen Technologie.
Was haben Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen zur Weiterentwicklung der Drohnen in den vergangenen zehn Jahren beigetragen?
In unserem allerersten Forschungsprojekt ging es darum, dass Drohnen ein Gebiet abfliegen und Fotos aus der Luft schießen, die dann zu einem Gesamtbild zusammengefügt werden. Das Zusammenfügen und die drahtlose Kommunikation waren herausfordernd. Dafür haben wir mit Einsatzkräften und der Feuerwehr zusammengearbeitet, die die Technologie dann auch testeten. Mittlerweile funktioniert dies relativ gut. Dann haben wir an der Koordination zwischen Drohnen gearbeitet, also an der Idee, Drohnen – ähnlich einem Vogelschwarm in der Natur – selbstorganisiert und ohne zentrale Vorprogrammierung fliegen zu lassen. In diesem Bereich gibt es nach wie vor viel Forschung, aber noch nichts, was als Produkt kaufbar wäre. Zuletzt kam die kamerabasierte Navigation hinzu, bei der sich eine Drohne die Umgebung ansieht und sich so orientiert.
Sie nennen immer wieder positive Beispiele der Drohnennutzung. Es lässt sich aber nicht verhehlen, dass Drohnen auch militärische Anwendungsgebiete haben. Wie grenzen Sie sich davon ab?
Ich hatte einmal eine informelle Anfrage eines militärnahen Auftraggebers aus den USA, die wir abgelehnt haben. Zudem vermute ich, dass die militärische Forschung in diesem Bereich schon weiter ist als die zivile Wissenschaftswelt. Das Militär entwickelt viel, was wir gar nicht mitbekommen. Dort wird ja schließlich nicht publiziert. Grundsätzlich kann man mit Drohnen viel Gutes bewirken, aber eben auch töten. Militärische Drohnen sind allerdings in der Regel richtig große Flugzeuge, die mit unseren kleinen Quadrocoptern eigentlich nicht vergleichbar sind. Es gibt aber auch einiges, was mit Quadrocoptern problematisch ist: den Nachbarn im Garten stören und Leute ausspionieren oder das Gefahrenpotenzial, das von Drohnen bei Großveranstaltungen ausgeht. Hier brauchen wir Regulierungen, und auch die Technik kann unterstützen. Beispielsweise gibt es das Geoblocking, welches verhindert, dass Drohnen in der Nähe von Stadien abheben können.
Was ist besonders schwierig in der Drohnenforschung?
Erstens ist das Setting schwierig: Neue Algorithmen können nicht einfach so experimentell in der Luft ausprobiert werden. Wenn etwas schief ginge, würde die Drohne herunterfallen oder in jemanden oder etwas hineinfliegen. Da haben wir es ungleich schwieriger als diejenigen, die mit Bodenrobotern arbeiten. Und zweitens bietet das Thema Schwarmintelligenz noch viele Knackpunkte, die es zu lösen gilt: Zum Beispiel, dass sich Drohnengruppen an Veränderungen in der Umgebung anpassen.
für ad astra: Romy Müller
Zur Person
Christian Bettstetter ist Professor und Institutsvorstand am Institut für Vernetzte und Eingebettete Systeme. Er ist außerdem wissenschaftlicher Leiter der Lakeside Labs GmbH. Seine Forschungsarbeiten zu mobiler Kommunikationstechnik sowie zu autonomen und selbstorganisierenden Systemen hat er in mehr als 140 wissenschaftlichen Artikeln veröffentlicht. Christian Bettstetter ist Mitglied der Core Faculty des Karl Popper Kollegs zu „Networked Autonomous Aerial Vehicles“ an der Universität Klagenfurt.
Foto: Daniel Waschnig