Karl Marx Hof | Foto: Wienwiki / Helene Huss-Trethan unter wikimedia commons

Urbane Räume. (Alltags)kulturelle, künstlerische und literarische Blicke auf die (Groß)Stadt in der österreichischen Zwischenkriegszeit 1918-1938

Am 20. und 21. Oktober 2016 präsentieren Literatur- und KulturwissenschaftlerInnen ihre Forschungserkenntnisse zu urbanen Räume der österreichischen Zwischenkriegszeit im Rahmen einer Tagung an der Alpen-Adria-Universität. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf Wien und dessen Entwicklung in den Jahren der Ersten Republik.

„Uns geht es darum, urbane Räume unter verschiedenen thematischen, methodischen und disziplinären Blickwinkeln auszuleuchten und gegebenenfalls neu zu bewerten“, fasst Tagungsleiter Primus-Heinz Kucher (Institut für Germanistik) zusammen. Im Besonderen wollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Frage nachgehen, ob und wenn ja, inwiefern in verschiedenen literarisch-künstlerischen Stadt-Auseinandersetzungen das Urbane in konkreten Aspekten bzw. Umbruchsituationen fassbar wird. Im Zentrum steht auch die Frage, inwieweit diese Phänomene auf die jeweiligen literarischen oder künstlerischen Verfahrensweisen gewirkt haben (z. B. Kinostil-Technik, Geräuschkulisse, Visualisierungen etc.). Behandelte Aspekte sind Räumlichkeit, Verkehr, Masse und Vereinzelung, Warenwelt und deren Präsenz/Inszenierung, Alltag, soziale Not, politische Konfrontation auf der Straße sowie Unterhaltungskultur.

Wieder zu entdecken gäbe es, so die Tagungsorganisatoren, einiges: Wien, obgleich Schauplatz rasanter Veränderungen sozialer, urbanistischer, kultureller und politischer Hinsicht, figuriert in der Zeit zwischen 1918 und 1938 eher als Nebenschauplatz. Dies verdankt sich neben der Abwanderung namhafter Kulturschaffender wie Joseph Roth, Egon Erwin Kisch oder Anton Kuh in Richtung Berlin unter anderem dem Umstand, dass zahlreiche Texte oder Werkprojekte, welche Facetten dieser Umbrüche nach 1918 mit zum Thema gemacht haben, gewöhnlich nicht zum jeweiligen Kanon gerechnet werden. Da ein bedeutender Teil von Texten an den Schnittflächen von Publizistik und Literatur (Genrebilder, Stadtfeuilletons, Reportagen) im Zuge der politischen Zäsuren infolge des Austrofaschismus und Nationalsozialismus bzw. aufgrund nachfolgenden Exils aus dem kulturellen Bewusstsein gerückt bzw. gedrängt worden ist, hat eine Rezeption derselben nach 1945 nur sehr partiell stattgefunden. Zugleich sind solche Texte, die in der Zwischenkriegszeit maßgeblich zur (nicht nur) Wiener Feuilletonkultur beigetragen haben, als wesentliche Quellen anzusehen, in denen zeitgenössische städtische Diskurse verhandelt und mitgestaltet worden sind.

Diese und ähnliche Fragestellungen werden aktuell im an der AAU angesiedelten FWF-Projekt „Transdisziplinäre Konstellationen in der Österreichischen Literatur, Kunst und Kultur der Zwischenkriegszeit“ behandelt. Einen Einblick sowohl in das Tagungsprogramm als auch in weitere Forschungsaktivitäten bietet die Website http://litkult1920er.aau.at.