Gesetz | Foto: Duda/Fotolia.com

„Gesetze müssen nicht gerecht, sondern sachlich sein.“

In einem Rechtsstaat regeln Gesetze die Umverteilung etwa in Form von Abgaben oder durch Transfer- und Sozialleistungen. Darin manifestieren sich die politischen Vorstellungen von Verteilungsgerechtigkeit. Die Autorinnen und Autoren des kürzlich erschienenen Buchs „Verteilungsgerechtigkeit im Recht“ gehen diesen Regelungen auf den Grund.

Wer meint, im Recht auch eine eindeutige Definition von Gerechtigkeit zu finden, irrt, wie Gerhard Baumgartner, Professor für Öffentliches Recht, ausführt: „Recht kann nicht mit Gerechtigkeit gleichgesetzt werden. Die Antwort auf die Frage, was gerecht ist, ist häufig weltanschaulich beeinflusst.“ Als Rechtswissenschaftler frage er: Welche Vorstellungen von Gerechtigkeit kommen in der geltenden Rechtsordnung zum Ausdruck?

In dem von ihm gemeinsam mit Kollegen kürzlich herausgegebenen Sammelband geht es um Verteilungsgerechtigkeit. Die Forderung nach Gerechtigkeit findet sich häufig in politischen Diskussionen. Baumgartner erklärt: „Dies dürfte auch mit der Unbestimmtheit dieses Begriffs zusammenhängen. Der Forderung, dass der Staat und seine Gesetze gerecht sein müssen, würden sich wohl weite Teile der Bevölkerung anschließen. Wenn es aber darum geht, wer welche Leistungen vom Staat erhält und wer die Rechnung für diese Leistungen zu bezahlen hat, gehen die Meinungen unweigerlich auseinander.“

In einer von hoher Dynamik gekennzeichneten Rechtsordnung erweist sich die Verfassung als eine gewisse Konstante, weil sie nur unter erschwerten Bedingungen abgeändert werden kann. Das Verfassungsrecht enthält auch Vorgaben für die staatliche Umverteilung. Als Beispiel führt Baumgartner das Pensionsrecht an: „Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes muss der Gesetzgeber bei Verschlechterungen im Pensionsrecht zeitlich abgestufte Übergangsbestimmungen vorsehen. Nachteilige Änderungen, die aus budgetären Gründen notwendig werden, treffen daher vor allem die Jüngeren.“ Diese Umverteilung zu Lasten der Jüngeren dürfte – so Baumgartner – mit der Forderung nach Generationengerechtigkeit nur schwer in Einklang zu bringen sein.

Die Autorinnen und Autoren versuchen in diesem Buch die Frage der Verteilungsgerechtigkeit im Recht aus der Perspektive unterschiedlicher rechtswissenschaftlicher Disziplinen, nämlich des Verfassungsrechts, des Steuerrechts, des Sozialrechts sowie des Finanzverfassungs- und Finanzausgleichsrechts darzustellen. Außerdem haben Erkenntnisse der Rechts- und Sozialphilosophie sowie der Wirtschaftswissenschaften zur Verteilung und Verteilungsgerechtigkeit Eingang in die Arbeit gefunden.

Im verfassungsrechtlichen Teil des Buchs wird beispielsweise untersucht, inwieweit das Verfassungsrecht der gesetzlich normierten Umverteilung Grenzen setzt. Dabei habe sich, so Baumgartner, gezeigt, dass vor allem die Grundrechte, wie etwa der Gleichheitssatz, den Spielraum des Gesetzgebers beschränken. Außerdem wurde geprüft, ob und in welchem Ausmaß die Bundesverfassung staatliche Umverteilung gebietet. Baumgartner sieht auch einen Nutzen für die Praxis: „Die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts sollen einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion über das rechte Maß an Umverteilung leisten.“

für ad astra: Romy Müller

Ein ausführliches Interview zum Thema gibt’s hier.

 

Baumgartner, G., Heinrich, J., Rebhahn, R. & Sutter, F. P. (Hrsg.) (2017). Verteilungsgerechtigkeit im Recht. Wien: Verlag Österreich GmbH.

Verteilungsgerechtigkeit im Recht | Buchcover