Verdichtung und kollektiver Traum: Zu KI-generierten Bildern

Die viel diskutierten Bilder, die von generativer KI produziert werden, sind das Ergebnis des Trainings neuronaler Netze mit einer Vielzahl von Bildern, die aus dem Internet zusammengetragen (oder in riesigen Datenbanken wie LAION5B gesammelt) wurden. Ein mit KI erzeugtes Bild einer Katze ist kein singuläres Bild dieser bestimmten Katze, sondern ein allgemeines Bild einer Katze. In dieser Hinsicht ähnelt es eher einer Zeichnung oder einem Gemälde einer Katze im Allgemeinen als einem Foto dieser bestimmten Katze – selbst wenn das generierte Bild wie ein Foto aussieht. In gewisser Weise sind Bilder, die mit einer generativen KI erzeugt werden, verdichtete Versionen der Bilder in der Datenbank. Interessanterweise beschreibt Sigmund Freud in Die Traumdeutung einen zentralen Mechanismus in Träumen, den er als „Verdichtung“ bezeichnet. Er argumentiert, dass eine „ausgiebige Verdichtung des psychischen Materials bei der Traumbildung“ stattfindet. Verschiedene Materialien, an die man sich vom Tag her erinnert, werden zu neuen Darstellungen montiert. Er vergleicht den Verdichtungsmechanismus mit den zusammengesetzten Fotografien von Francis Galton. Durch die Überlagerung mehrerer fotografischer Bilder von Kriminellen versuchte Galton beispielsweise, ein allgemeines Bild eines Kriminellen, „des Kriminellen als solchen“, zu erzeugen.
Veranstalter
Vortragende(r)
Prof. Dr. Jens Schröter
Kontakt
Sabine Pfeiffer (sabine [dot] pfeiffer [at] aau [dot] at)












