Ethik zwischen schlechtem Gewissen und wahrem Leben

Gerade in Zeiten wie der gegenwärtigen, in denen die Krisenhaftigkeit beständig thematisiert wird, liegt es nahe, von der Philosophie eine kritische Einordnung des Beunruhigt-Seins zu erhoffen.
Gerhard Weinberger unternimmt in seinem Essay einen derartigen Versuch, der Besorgnis, ausgehend von ihren Grundlagen, nicht nur ihren (durchaus konstruktiven) Platz unter den Gemütslagen zuzuweisen, sondern rekonstruiert diese im Sinne einer Triebkraft des Menschen, die es ihm ermöglicht, sein Leben als eine Folge ethischer Fragestellungen und so auch als aktiv zu gestaltendes ethisches Projekt zu verstehen.
Als Gewährsmänner und Dialogpartner dienen ihm hierbei Emmanuel Levinas und Francois Jullien, deren beiden Philosophien einen solchen fundamentalen Vorrang der Ethik behaupten. Dieser findet sich bei Levinas im Anruf der anderen Menschen in seiner Zerbrechlichkeit an mein (schlechtes) Gewissen, das mich aus unvordenklichen Zeiten zur Verantwortung ruft. Bei Jullien im Gefangensein des Menschen in Gesellschaft und Sprache, gegen die das Ich sich zur Wehr setzen will und kann. Immer ist Beunruhigung die Voraussetzung für ethisches Handeln, welches sich jedoch, sowohl in der persönlichen Begegnung als vor allem im gesellschaftlichen Dasein, als sehr unterschiedlich herausstellt, insbesondere hinsichtlich der Verantwortung des Einzelnen für den anderen Menschen, die beiden Pole, zwischen denen sich Ethik zu bewegen hat.
Veranstalter
Vortragende(r)
Dr. Gerhard Weinberger (ehemaliger österreichischer Botschafter in Tunesien) hat Sprachen in Graz und Wien und Philosophie in Wien und Paris studiert. Er verfasste eine Dissertation über Levinas und Merleau-Ponty an der Universität Paris-Nanterre und war viele Jahre im diplomatischen Dienst tätig, u.a. in Peking, Bangkok und Paris, zuletzt als österreichischer Botschafter in Dakar und Tunis.
Publikationen: „Mit dem Koran ist kein Staat zu machen“ (Morawa, 2018)
Zuletzt die von ihm übersetzte und kommentierte Edition von Emmanuel Levinas‘ „Ethik als erste Philosophie“ sowie sein Essai „Beunruhigungen - Ethik zwischen schlechtem Gewissen und wahrem Leben“ (beide Sonderzahl, 2022 bzw. 2024)
Kontakt
Prof.Dr. Alice Pechriggl (alice [dot] pechriggl [at] aau [dot] at)












