Lesekompetenz bei Schülern | Foto: wip-studio/Fotolia

Sportliches Lesen

Flüssiges und sinnerfassendes Lesen ist nach wie vor eine große Schwäche bei vielen SchülerInnen. Durch einfache Methoden können Lehrkräfte und Eltern den Kindern helfen, diese Defizite zu überwinden und die Lust aufs Lesen zu wecken. Wie das gelingen kann, darüber spricht Markus Pissarek mit ad astra.

(Viele) Kinder tun sich nach wie vor schwer beim Lesen, und schwache LeserInnen schaffen es nicht von alleine, sich eine angemessene Leseflüssigkeit und geeignete Lesestrategie anzueignen. Für diese Gruppe gibt es erprobte Fördermethoden, die relativ einfach und rasch von Lehrkräften und Eltern umgesetzt werden können: „Eine Variante ist das paired reading. Als Hilfsmittel dient eine Stoppuhr. Da kann es schon sehr sportlich zugehen“, sagt der Deutschdidaktiker Markus Pissarek. Kinder, die elementare Schwierigkeiten beim Lesen haben, werden in Fördergruppen zusammengefasst. Dort werden kürzere Erzähltexte im Tandem laut vorgelesen. „Ein Schüler liest laut vor, ein zweiter liest stumm mit, notiert Zeit und Anzahl der sinnentstellenden Verleser“, beschreibt Pissarek. Mit jedem Durchgang merken die SchülerInnen, dass sie schneller werden und das Training wirksam ist.

Bei diesem Trainingsverfahren ist eine Steigerung der Leseflüssigkeit, die sich aus dem Lesetempo und der Lesegenauigkeit zusammensetzt, bereits nach mehreren Wochen feststellbar. Dies setze aber voraus, so der Forscher, dass mindestens drei Mal pro Woche für 20 Minuten über mehrere Wochen hinweg geübt werde. Er sieht den Vorteil dieser Methode darin, dass SchülerInnen nicht mit den guten LeserInnen der Klasse verglichen werden, sondern mit sich selbst. „Insbesondere bei Buben zeigt das Lesen mithilfe einer Stoppuhr einen hohen motivierenden Effekt“, so Pissarek, der dieses Trainingskonzept bei SchülerInnen in der Volksschule und der Neuen Mittelschule erfolgreich angewendet hat.

Richtige Texte auswählen

Markus Pissarek empfiehlt zum Üben „lesemotivierende Texte“, die der jeweiligen Altersstufe entsprechen. An der Universität Regensburg hat er gemeinsam mit seinem Kollegen Johannes Wild RATTE – ein Analysetool für Texte – entwickelt. Diese Software kann gratis heruntergeladen werden und unterstützt LehrerInnen und Eltern dabei, die Eignung von Texten für den Unterricht in bestimmten Jahrgangsstufen einzuschätzen. Mit copy- and-paste werden Texte aus Sachbüchern oder Printmedien eingepflegt und anhand der Satzlänge oder Silbenzahl der Wörter die Textschwierigkeit eingestuft.

Lust aufs Lesen

Markus Pissarek geht noch einen Schritt in die Kindheit zurück: „Das Geschichten- Vorlesen im Kindesalter trägt wesentlich zur vorschulischen Lesesozialisation bei“, sagt der Forscher. „Lesen sollen die Kinder als bedeutsam erleben.“ Aber was passiert mit Kindern, die nicht das Glück haben, in solchen Familien aufzuwachsen? Dazu hat Pissarek folgende Empfehlung: Das Lesen von Büchern, verknüpft mit Hörbüchern, lässt gezielt und erfolg14reich die Lesekompetenz trainieren. „Es ist wichtig, den Kindern zu vermitteln, dass Lesen Spaß machen kann. Sie brauchen Bücher, die begeistern.“ Ein Einstieg kann beispielsweise die Bücherserie „1000 Gefahren“ sein, die deshalb so spannend ist, da die LeserInnen selbst über den Ausgang des Buches entscheiden und die Geschichte beeinflussen können. Schöne Beispiele für Jugendbücher, die unterhalten und dennoch literarisch anspruchsvolle Textpassagen enthalten, sind für Markus Pissarek die Comic-Romane „Gregs Tagebuch“ oder „Miles & Niles“.

für ad astra: Lydia Krömer

Zur Person

Markus Pissarek ist Professor für Deutschdidaktik am Institut für Germanistik. Er forscht zu fachspezifischer Lehrerprofessionalität und Kompetenzmodellierung, Sprachbewusstheit und Lesekompetenz.

Pissarek Markus | Foto: aau/photo riccio