Ein Wiedersehen mit Emanuel Pirker _ Foto: Privat

Ein Wiedersehen mit … Emanuel Pirker

Emanuel Pirker hat an der Alpen-Adria-Universität „Angewandte Informatik“ studiert und ging 2010 in das Silicon Valley, um dort die Software-Firma Stratodesk zu gründen. Heute ist Stratodesk mit Sitz in San Francisco und Klagenfurt ein etabliertes IT-Unternehmen mit über 1.000 Kunden weltweit. Mit ad astra hat Emanuel Pirker über seinen Start-up-Weg, den Spirit im Silicon Valley und seine Begeisterung für die Informatik gesprochen. 

Wieso haben Sie sich für die Informatik entschieden?

Ich wollte schon immer Informatik studieren, und das Studium „Angewandte Informatik“ in Klagenfurt hat für mich gut geklungen, im Gegensatz zu einer rein Technischen Informatik, wie sie in Wien angeboten wurde. Die Angewandte Informatik war quasi Informatik, ergänzt um das Anwendungsfach Betriebswirtschaft, die hat mich damals aber noch nicht besonders interessiert.

Was reizt Sie heute am IT-Business? 

Rein Technische Informatik im stillen Kämmerchen hätte ich nie machen wollen. Für mich geht es mehr um den Kunden, der im besten Fall nicht nur zufrieden, sondern begeistert ist. Das ist wie in der Architektur, man baut Brücken, und die Leute sagen „Great, thanks, that solves my problem!“ Solange man seine Instrumente beherrscht, ist extrem viel Potenzial drin und man hat ganz viel Gestaltungsspielraum.

Was würden Sie heutigen Informatik-Studierenden mit auf den Weg geben?

Ich glaube, man sollte kein Fachidiot werden, sondern immer rechts und links schauen und offen für Neues bleiben. Das hängt aber zu 98 Prozent mit der eigenen Einstellung zusammen, und die kann einem im Endeffekt ganz andere Karrieremöglichkeiten eröffnen. Im besten Fall versteht man sich als Architekt, der mit der Architektur Probleme löst und nicht einfach nur runterprogrammiert. Wussten Sie schon während des Studiums, dass Sie einmal selbst ein Unternehmen gründen werden? Nein, überhaupt nicht. Was ich aber schon wusste, war, dass ich kein klassischer Absolvent dieses Studiengangs sein wollte, sprich ein Informatiker, der betriebswirtschaftliche Software baut. Aber das ist ja auch gut so, das ist der Persönlichkeitstypus, der dann irgendwann dazu führt, dass man sagt: „So, aus, ich gründe selber.“

Was war Ihre Geschäftsidee?

Nach dem Studium war ich Teil eines dreiköpfigen Gründerteams, und unsere Firma war Mitglied in einem damaligen „Mikroelektronik-Cluster“ in Kärnten. Aus dem Cluster hat sich ein gemeinsames Produkt ergeben, ein so genannter Thin Client. Thin Clients sind Boxen, die als  Schnittstelle zwischen einem großen Server und einem Anwender fungieren. Sie können den fehleranfälligen PC ersetzen, indem sie Programme, Anwendungen usw. vom Server einspielen. Wir haben dann mit diesem Produkt weitergemacht und durchaus namhafte Kunden und Investoren gefunden. Später habe ich dann die Vision entwickelt, dass das auch rein mit Software gehen muss. So eine Box kostet ungefähr 300 Euro, und davon sind 250 Euro reine Hardwarekosten, die sind für uns und für die Kunden einfach viel zu kostenintensiv. Meine Idee war es also, ein reiner Software-Anbieter zu sein, und das ist die Firma Stratodesk letztendlich auch geworden. Allerdings war es schwer, dafür Mitstreiter zu gewinnen.

Wieso?

Naja, die Tatsache, dass ich dann allein gegründet habe, sagt wahrscheinlich aus, dass es eine riskante Idee war. Also in einem reinen Hardware-Markt nur Software zu verkaufen, das würde ich mir auch heute noch einmal gut überlegen. (lacht)

Wo sehen Sie Stratodesk in zehn Jahren?

Ich habe jetzt keinen absoluten Masterplan. Wir haben derzeit eine ganz interessante Marktposition. Der internationale Trend geht hin zu Billigterminals, das sind Thin Clients, die schon für 90 Dollar beim Endkunden sind. Wir kooperieren jetzt mit zwei der größten Thin-Client- erstellern weltweit und die verwenden unsere Software. Das globalisiert uns komplett und wir müssen neue Leute einstellen und unsere Standorte weiter ausbauen.

Wieso haben Sie im Silicon Valley gegründet?

Für mich war das Silicon Valley sehr attraktiv, weil ich dort während des Studiums schon über ein Jahr gelebt und gearbeitet habe und mich daher sehr gut auskannte. Außerdem war mir bewusst, dass dieses Konzept des Server-Based-Computing eher bei großen Kunden funktioniert. Das war auch der ausschlaggebende Grund, dass ich mit dem Produkt zumindest vertriebsseitig ins Ausland gehen musste. Man darf auch nicht vergessen, dass die USA der größte Einzelmarkt ist, da war es einfach das Gescheiteste, gleich in die USA zu gehen.

Wie würden Sie den Spirit im Silicon Valley beschreiben?

Das Silicon Valley war ja immer schon das Tal der Gründer, die kritische Masse an Leuten ist dort eine andere. In Kalifornien hat man viele Gründer im Family und Friends-Umfeld, d. h. der Support ist ganz ein anderer, man kennt einige Erfolgsgeschichten und redet auch in der Freizeit über die neuesten Entwicklungen. Dass der Spirit immer mehr auch nach Europa überschwappt, ist sicher gut, auch wenn das größte Problem derzeit noch das fehlende Kapital ist, zumindest in Kärnten. Es braucht am Anfang auch immer ein paar Erfolgsstories, um sowas
voran zu treiben.

2017 wurde Stratodesk von der Außenwirtschaft Austria mit dem WirtschaftsOskar ausgezeichnet. 

Ja, das ist natürlich schön, dass die Wirtschaftskammer das auch so wahrnimmt, das hat mich wirklich sehr gefreut. Unser Produkt ist ja auch nicht für jedermann, es ist ein sehr solides Produkt für den Unternehmenseinsatz, für die Sicherheit, es spart Kosten usw. Das heißt, es ist sicher nicht so hip wie beispielsweise ein Facebook-Game. Nichtsdestotrotz ist es ein gutes Business, und wir haben ganz interessante Kunden weltweit, vom Gesundheitswesen über das Logistik- und Transportwesen, Finanzwesen bis hin zu Schulen und Universitäten. Das ist wirklich toll.

Wo sehen Sie sich persönlich in zehn Jahren?

Dual headquartered zu sein ist optimal, es geht fast nicht besser. Es gibt einen lustigen Österreicher-Stammtisch im Silicon Valley, und die sind immer neidisch, wenn ich geschäftlich zurück in die Heimat fliegen kann. Sie kommen meist nur im Urlaub in die Heimat, und anstatt interkontinental zu fliegen, verbringen sie den dann oft doch wieder in Mexiko.

Heißt das, Sie bleiben im Silicon Valley?

Ich habe im letzten Jahr in den USA geheiratet, wir haben gerade ein Kind bekommen und sind in eine Vorstadt von San Francisco gezogen. In Kalifornien gibt es schöne Berge, wir haben dort auch Viertausender und ich habe gerade erst die Lizenz für Motorflüge gemacht. Ich habe mich also in Kalifornien ganz gut eingerichtet und für mich kann es die nächsten zehn Jahre so bleiben.