Abbildung 3: Der absolute Übertyp (Netzakteur, 29, Österreich) | Quelle: Das narrative Subjekt. Erzählen im Zeitalter des Internets.

Die Netzgeneration erzählt

Welche Geschichten erzählen internetaffine Jugendliche und junge Erwachsene in der heutigen Zeit? Basierend auf den Forschungsergebnissen der Studie „Kommunikative Öffentlichkeiten im Cyberspace“ analysiert Medienwissenschaftlerin Christina Schachtner in ihrem neu erschienenen Buch „Das narrative Subjekt“ die Geschichten von jungen NetzakteurInnen und BloggerInnen.

Das Forschungsteam führte Interviews mit jungen Menschen zwischen 11 und 32 Jahren, die zu einer Generation von intensiven Smartphone- und InternetnutzerInnen zählen und eine hohe Affinität zu digitalen Medien besitzen. Die InterviewpartnerInnen erzählten nicht bewusst eine Geschichte – sie schilderten ihre Erfahrungen, Gefühle, biografischen Hintergründe und was sie als BloggerInnen und NetzakteurInnen tun. Die Geschichten ergaben sich aus der Summe dieser Erzählungen.

Sechs Typen von Geschichten konnte Christina Schachtner aus den Interviews herausarbeiten: Vernetzungsgeschichten, Selbstinszenierungsgeschichten, VerkäuferInnen- und HändlerInnengeschichten, Grenzmanagementgeschichten, Verwandlungsgeschichten, Auf- und Ausbruchsgeschichten. Das Verbundensein mit anderen und die Orientierung nach außen charakterisieren Vernetzungsgeschichten. Selbstinszenierungsgeschichten stellen das Ich in den Mittelpunkt, während VerkäuferInnen- und HändlerInnengeschichten nicht die eigene Person, sondern Produkte materieller oder immaterieller Art in Szene setzen. In den erzählten Grenzmanagementgeschichten spielen äußere Grenzen in Form von gesellschaftlich-kulturellen Grenzen oder innere Grenzen, die mit individuellen Bedürfnissen korrespondieren, eine Rolle. Verwandlungsgeschichten thematisieren das Erwachsenwerden und die Veränderung der eigenen Identität. In den Auf- und Ausbruchsgeschichten dominiert ein zukunftsorientiertes Denken und Handeln, und die AkteurInnen stehen etwas Neuem gegenüber – sei es freiwillig oder unfreiwillig.

Die vielen im Buch angeführten Beispiele von Geschichten und deren AkteurInnen machen deutlich, dass das Erzählen ein menschliches Grundbedürfnis wie Essen oder Trinken ist. „Das Bedürfnis, Wahrnehmungen und Ereignisse erzählend zu verarbeiten, steigt in Zeiten gesellschaftlich-kultureller Umbrüche, wie wir sie gerade erleben“, erklärt Christina Schachtner.

Schachtner, C. (2016). „Das narrative Subjekt. Erzählen im Zeitalter des Internets“ Bielefeld, Transcript.

 

für ad astra: Katharina Tischler-Banfield

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