Goekhan. Gezi Park Protester | Foto: Arnold Pöschl

Dagegen sein.

Mit einer Ausstellung der Porträtserie „Gezi-Park-Protesters 2013“ von Hans Hochstöger und Arnold Pöschl und der Berliner Ausstellung „Angezettelt 2.0“ reflektiert die Alpen-Adria-Universität aktuelle Widerstandsformen und begibt sich auf eine historisch-kulturwissenschaftliche Erkundung von realen Protest- und Propagandamitteln.

Ende Mai 2013 fanden sich im Istanbuler Gezi-Park hunderttausende Menschen, um gegen die Errichtung eines Einkaufszentrums auf der letzten öffentlich zugänglichen Grünfläche mit Bäumen im Zentrum zu demonstrieren. Der zivilgesellschaftliche Widerstand endete mit einer gewaltsamen Räumung mit Tränengaseinsatz und Wasserwerfern durch die Polizei. Es folgten Demonstrationen in vierzig weiteren Städten der Türkei, die sich auch gegen die islamisch-konservative Regierung Erdoğans richteten. Seitdem sind politische Aktionen im Gezi-Park und auf dem angrenzenden Taksim-Platz zwar verboten, die Pro- und Kontra-Demonstrationen gingen aber nach einiger Zeit weiter.

Die Gezi-Park-Protesters vom Sommer 2013 waren Menschen aller Altersstufen mit unterschiedlicher Religionszugehörigkeit und verschiedensten Berufen. Gemeinsam kämpften sie für ihre Grundrechte, gegen Korruption und Misswirtschaft. Die Idee der beiden österreichischen Fotografen Hans Hochstöger (34) und Arnold Pöschl (33) war es, nicht wie üblicherweise kollektive, sondern individuelle Bilder der Protestierenden zu machen – und zwar in einer Reflexion im Nachhinein. Bei zwei Aufenthalten in Istanbul baten sie zwei Dutzend vor die Kamera und zum Gespräch und erfragten deren Beweggründe. Textzitate daraus ergänzen nun die Porträts. Die meisten sind mit Gegenständen abgebildet, die sie im Gezi-Park getragen hatten: Helme, Gasmasken, Schwimmbrillen oder Tücher, um Kopf, Augen oder zumindest den Mund zu schützen. Politische Symbole fehlten weitgehend.

Angezettelt 2.0

Jeder kennt sie und überall kleben sie: auf Straßenschildern, Briefkästen, in S-Bahnhöfen, in Kinderzimmern, auf Liebesbriefen. Klebemarken und -zettel, sind seit dem späten 19. Jahrhundert massenhaft verbreitet. Ein kleines Format, das mit großem Eifer privat gesammelt, getauscht und im öffentlichen Raum verbreitet wird. Als kostengünstiges Medium wurden Aufkleber bereits früh genutzt, um Weltbilder zu popularisieren. Die Ausstellung „Angezettelt. Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis 2016“ zeigt Klebezettel sowie Sammelmarken und -bilder, vom Kaiserreich, der Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus bis zur Gegenwart in ihren jeweiligen Kontexten. „Angezettelt“ erzählt von einer sozialen Praxis menschenfeindlicher Ressentiments und gleichermaßen die Geschichte der Abwehr antisemitischer und rassistischer Feindbilder. Die von Isabel Enzenbach vom Berliner Zentrum für Antisemitismusforschung kuratierte Ausstellung wurde von April bis Juli 2016 im Deutschen Historischen Museum in Berlin gezeigt und kommt nun in einer adaptierten und mit österreichischen Themen ergänzten Version nach Klagenfurt. Die Ausstellung „Dagegen sein.“ wird veranstaltet von Wissen schaff t Kunst und dem Arbeitskreis für Visuelle Kultur an der AAU in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin und dem Deutschen Historischen Museum in Berlin. Die Eröffnung durch Rektor Oliver Vitouch mit einem Vortrag von Isabel Enzenbach findet am 10. November 2016 statt.

für ad astra: Barbara Maier