Mahler Hildegard_Foto Tyagan-Miller

Whatever comes next. Ein Filmporträt der Malerin Annemarie Mahler-Ettinger

Was haben das Leben und die Entstehung eines Kunstwerks gemeinsam? Dieser Frage geht Bachmann-Jurorin Hildegard Elisabeth Keller in ihrem nunmehr zweiten filmischen Frauenporträt nach. Der Film wird am 28. Juni 2016 um 17:00 Uhr im Volkskino Klagenfurt mit anschließender Podiumsdiskussion mit der Regisseurin präsentiert.

Im Film blickt die heute 90-jährige Malerin Annemarie Mahler-Ettinger auf das gelebte Leben zurück. Medium dieser Rückschau sind die Bilder und der künstlerische Prozess ihrer Hervorbringung. Zu Wort kommen das Wiener Mädchen, das sie einmal war, ebenso wie die Amerikanerin, die sie geworden ist. Ersteres teilte wie die im selben Jahr geborene Ingeborg Bachmann eine österreichische Jugend – letztere teilt das Emigrantenschicksal mit österreichisch-amerikanischen GermanistInnen wie Ruth Klüger und Egon Schwarz. So überbrückt ihr Leben zwei Kontinente und zwei Jahrhunderte. Ihre im hohen Alter ungebrochene Vitalität beweist die belebende Kraft der Kreativität.

Was geschieht, wenn die Erinnerungen an die durchmessene Zeit wieder auftauen und das Gedächtnis fluten? Die Regisseurin Hildegard Elisabeth Keller entwickelte ein filmisches Storytelling-Konzept, das biografisches, künstlerisches und historisches Material aufeinander bezieht. Der Film verwebt zwei Ebenen – die Gespräche und Reisen mit Mahler und ihrem Hund einerseits,  andererseits poetische Erinnerungslandschaften in Makro-Aufnahmen, in der eine Miniaturfigur als narrative Stellvertreterin der Protagonistin dient. Diese filmische „Alice im Wunderland“- Reminiszenz zieht den Zuschauer bzw. die Zuschauerin ins Leben der Malerin hinein und visualisiert gleichzeitig Dimensionen einer inneren Welt, die nicht den Gesetzen der physikalischen Realität gehorchen, sondern der subjektiven Landschaft der Erinnerung.

Im Anschluss an die Filmvorführung (70 Minuten, Englisch mit deutschen Untertiteln) wird die Regisseurin Hildegard E. Keller in einer Podiumsdiskussion Fragen zum Film und seinen Kontexten erörtern. Im Zentrum stehen Aspekte der ästhetischen Komposition, der filmischen Biografiearbeit  und der österreichischen Exilkunst. Daran nehmen teil: Monika Bernold (Institut für Zeit- und Mediengeschichte der Uni Wien) und Primus Heinz Kucher (Institut für Germanistik der AAU Klagenfurt) unter der Moderation von Sabine Seelbach (Institut für Germanistik der AAU Klagenfurt).

Annemarie Mahler, geborene Ettinger, wurde 1926 in Wien geboren, musste Anfang 1939 mit zwölf Jahren ihre Heimatstadt verlassen. Mit einem der letzten Kinderzüge flüchtete sie in die Niederlande, von dort aus fuhr sie allein in die USA. Sie wuchs in Manhattan auf, ging im kalifornischen Berkeley aufs College und schrieb später eine Doktorarbeit in der Vergleichenden Literatur. Die amerikanische Wissenschaftlerin und Künstlerin lebt seit 1955 in Bloomington, Indiana.

Hildegard Elisabeth Keller lehrt als Mediävistin an der Indiana University Bloomington  und an der Universität Zürich. Sie wirkt seit vielen Jahren als Kritikerin im Literaturclub des Schweizer Fernsehens SRF und im Rahmen der „Tage der deutschsprachigen Literatur“ (Ingeborg Bachmann-Preis) in Klagenfurt.

Konzept und Organisation der Veranstaltung kommen von Sabine Seelbach (Institut für Germanistik) in Kooperation mit der AG Visuelle Kultur und dem Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Alpen-Adria-Universität.